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Mühsam und wenig effektiv? Die Therapie des Nagelpilzes

Stuttgart - 18.05.2018, 14:30 Uhr

Nagelpilz will jeder schnell wieder loswerden, aber das dauert. (Foto: Maridav / stock.adobe.com)
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Nagelpilz will jeder schnell wieder loswerden, aber das dauert. (Foto: Maridav / stock.adobe.com)


Etwa 10 Millionen Bundesbürger leiden tatsächlich an einer Nagelpilzinfektion. Auch wer die langwierige topische Therapie über sechs bis neun Monate konsequent und sorgfältig durchhält, muss sich bewusst machen, dass die Heilungsquoten nur bei etwa 40 Prozent liegen.

Die Infektion des Nagelapparates durch Dermatophyten, Hefepilze oder Schimmelpilze nennt man Onychomykose. Von einer Tinea unguium spricht man, wenn ausschließlich Dermatophyten beteiligt sind, die die häufigsten Erreger der Onychomykose sind. Etwa 13 Prozent der Nagelpilzinfektionen werden durch Schimmelpilze verursacht und ca. 21 Prozent durch Hefepilze. Unter den Dermatophyten ist Trichophyton rubrum (ca. 65%) die häufigste Spezies – und zugleich der häufigste Erreger von Fußpilz.

Zehennägel sind häufiger betroffen als Fingernägel, weil Traumata (durch Schuhe) oder auch vaskuläre Grunderkrankungen die Infektion begünstigen. 
Ansteckungsquellen sind oft Familienangehörige. Die meisten Nagelpilz-Patienten sind über 65 Jahre alt, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Kinder erkranken deutlich seltener. Candida-Onychomykosen betreffen oft Immunsupprimierte

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Ist das wirklich Nagelpilz?

Therapie nach Leitlinie?

Oft sehen Patienten im Nagelpilz vor allem ein kosmetisches Problem. Dann sollte der Krankheitswert deutlich betont werden: Nagelpilz heilt nicht von selbst aus und kann sich insbesondere bei immungeschwächten Patienten in andere Körperregionen ausbreiten. Momentan existiert keine aktuelle Leitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) zum Thema Onychomykose. Jedoch findet man auf der Homepage ein angemeldetes Leitlinienvorhaben, dessen Fertigstellung bis Mitte des Jahres 2018 geplant ist. Die Leitlinie der Entwicklungsstufe 1 (letzte Überarbeitung April 2006) findet man weiterhin im Internet.

Eine Stellungnahme der Gesellschaft für Dermopharmazie aus dem Jahr 2013 unterscheidet aus praktischen Gesichtspunkten nur zwei Arten der Onychomykose: die mit und die ohne Matrixbeteiligung. So soll die Wahl einer geeigneten Therapie erleichtert werden. Als allgemeine Faustregel lässt sich dann sagen, dass die topische Therapie nur dann zu empfehlen ist, solange die Matrix noch nicht betroffen ist und weniger als 50 Prozent der distalen Nagelfläche befallen sind. Andernfalls sollte die antimykotische Therapie auch systemisch erfolgen; meist in Kombination mit der topischen Therapie. Ob sich bei der topischen Therapie eine teilweise Entfernung des Nagels günstig auf die Heilungsquote auswirkt, ist nicht klar belegt. Eine atraumatische (!) teilweise Entfernung des Nagels scheint als adjuvante Maßnahme aber sinnvoll: So wird die Pilzmasse physikalisch reduziert und der Wirkort für die topischen Arzneimittel besser zugänglich.

Bei den topischen Darreichungsformen, sollte der Patient die Variante wählen, die er am wahrscheinlichsten konsequent anwendet. Eine tabellarische Übersicht über die einzelnen topischen Darreichungsformen und ihre beratungsintensive Anwendung, bietet der Artikel "Good Lack", in der DAZ 14 aus dem Jahr 2017.

Die topischen Darreichungsformen

Täglich oder wöchentlich dem Nagelpilz den Garaus machen

Good Lack

Lokal

Ciclopirox, Amorolfin und Bifonazol stehen in der Apotheke zur topischen Therapie rezeptfrei zur Verfügung. Bei der Anwendung ist es wichtig, auch die seitlichen Nagelanteile sorgfältig zu bestreichen, weil der Wirkstoff senkrecht in das Keratin diffundiert. 

Nur zwei Onychomykoseformen lassen sich tatsächlich topisch behandeln: Leukonychia trichophytica (Infektion nur oberflächlich) und distolaterale subunguale Onychomykosen (am häufigsten). Alle anderen Onychomykoseformen sollten systemisch behandelt werden. 

Welche Wirkstoffe gegen welche Erreger wirksam sind, erfahren Sie in einer tabellarischen Übersicht im Artikel "Zeigt her eure Füße!" der DAZ 29 aus dem Jahr 2015.

Welche Wirkstoffe gegen welche Erreger wirken

Prophylaxe und Therapie von Fuß- und Nagelmykosen

Zeigt her eure Füße!

Systemisch und kontinuierlich

Die Wahl des Präparates richtet sich auch bei der systemischen Behandlung nach dem Erregernachweis: Zur Verfügung steht unter anderem mikronisiertes Griseofulvin. Die Behandlung muss kontinuierlich fortgeführt werden, bis alle Nägel gesund nachgewachsen sind, was bei Zehennagelmykosen oft zwölf Monate und länger dauert. Vor allem bei betagten Patienten sollte das Nagelwachstum beobachtet werden.
Als Monotherapie ist die Versagerquote von Griseofulvin sehr hoch – wobei die initiale atraumatische Entfernung (Harnstoff) der kranken Nägel die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern soll.

Terbinafin wird kontinuierlich einmal täglich eingenommen. In der Regel dauert die Behandlung drei Monate, es kann jedoch eine längere Therapie nötig werden (sechs Monate), wenn der Nagel des großen Zehs betroffen ist. Liegt eine Mischinfektion mit Hefe vor, sollte die Terbinafin-Therapie nur fortgeführt werden, wenn sie in den ersten zwei bis drei Wochen anspricht. 

In einer Cochrane-Metaanalyse lagen die Heilungsraten unter oralem Terbinafin mit einer Ausnahme bei über 50 Prozent, mit zwei Ausnahmen bei mindestens 70 Prozent. Somit soll Terbinafin besser wirksam sein als Griseofulvin und Itraconazol, zudem auch besser verträglich als letztgenanntes. Vor der Verordnung von Terbinafin-Tabletten sollten die Leberfunktionswerte bestimmt werden.

Systemische Pulstherapie

Itraconazol wird eine Woche lang zweimal täglich eingenommen – gefolgt von drei Wochen Therapiepause. Insgesamt wird das Regime dreimal durchgeführt und die Behandlungsdauer sollte am Ende drei Monate nicht überschreiten. Auch hier hilft es, den erkrankten Nagelbereich zuvor mit Harnstoff zu entfernen.

Fluconazol muss man nur einmal pro Woche – bis zur Heilung – einnehmen. Die Behandlungszeit liegt auch bei fünf bis zwölf Monaten.

Kombinationsbehandlung

In mehreren Publikationen wird eine Kombination aus lokaler und systemischer Therapie als effektiver und kostengünstiger als die Monotherapie eingestuft.

Insbesondere für Itraconazol und Fluconazol sind zahlreiche Wechselwirkungen bekannt. Auch bei Terbinafin und Griseofulvin gibt es relevante Interaktionen. Nicht nur an dieser Stelle kommt der Beratung in der Apotheke eine wichtige Rolle zu.

Warum die Beratung in der Apotheke so wichtig ist

Man sollte Patienten immer zum frühzeitigen Handeln bewegen, denn die Heilungschancen sind am größten, wenn maximal 30 bis 50 Prozent der Nagelfläche und maximal drei bis fünf Nägel betroffen sind; und zudem nur ein distaler Befall der Nägel vorliegt. 

Auch wenn die rezeptfreie topische Therapie theoretisch in Frage kommt, sollte die Diagnose immer zunächst vom Arzt bestätigt werden, um den Patienten vor einer langwierigen und teuren Fehlbehandlung zu schützen. Auch präventiv, kann man in der Apotheke weiterhelfen, indem man Risikogruppen für das Problem sensibilisiert.

Auf gesunde Nägel sollte man besonders achten, bei...


…Diabetes mellitus

…Immunschwäche

…Tinea pedis

…Psoriasis

…Dialysepatienten

…Tumorpatienten

…Nageltraumata

...peripheren Neuropathien

…höherem Alter

…Gefäßerkrankungen

…Lymphödem

…Hyperhidrose

…familiärere Prädisposition

…Fußfehlstellung

Will man sich selbst vor einem Rezidiv schützen oder sind im näheren Umfeld Menschen mit Nagelpilz infiziert, kann man Maßnahmen treffen, die einer weiteren Ansteckung vorbeugen.

Tipps für die Prophylaxe

  • Barfußbereich desinfizieren, Teppichböden reinigen. (Pilze bleiben in herumliegenden Hornschüppchen jahrelang infektiös!)
  • Badematten und Bettzeug möglichst bei 60°C waschen, für empfindliche Textilien Hygienespüler verwenden.
  • Tragen von Badelatschen; bis hoch auf die Bank im Saunabereich.
  • Zehenzwischenräume gut trocknen (evtl. föhnen), separates Handtuch für die Füße, täglich wechseln, bei 60°C waschen. 
  • Erst die Socken, dann die Unterhose anziehen (Ausbreitung verhindern).
  • Strümpfe täglich wechseln und bei mindestens 60°C waschen.
  • Achtung vor durchgeschwitzten Turnschuhen; Schuhe immer einen Tag trocknen lassen.
  • Stichwort Pediküre: regelmäßig und schonend, jeder benutzt seine eigene Feile, das Nagelhäutchen nicht verletzen.
  • Nicht rauchen, chronisch venöse Insuffizienz behandeln, Diabetes gut einstellen.

Während beziehungsweise vor der Therapie kommt der Apotheke nicht nur in der Stärkung der Adhärenz eine große Rolle zu, sondern auch bezüglich der Neben- und Wechselwirkungen.

Vorsicht bei... (nicht vollständig)

  • Griseofulvin
    KI: schwere Leberinsuffizienz, Porphyrin-Stoffwechselstörungen;
    Vorsicht bei Penicillin-Überempfindlichkeit und Patienten mit Knochenmarkschädigungen.
  • Terbinafin
    KI:  chronische oder akute Lebererkrankungen;
    Vorsicht bei Nierenfunktionsstörungen, vorbestehender Psoriasis.
  • Itraconazol
    KI: Symptome einer ventrikulären Dysfunktion wie dekompensierte Herzinsuffizienz; 
    Vorsicht bei Leber- und Niereninsuffizienz.
  • Fluconazol
    KI: kongenitale oder erworbene QT-Verlängerung, Elektrolytstörungen, klinisch relevante Bradykardie und bei Herzrhythmusstörungen; 
    Vorsicht bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen.

Rezidiv

Sollte sich im Verlauf einer Therapie herausstellen, dass der gesunde Nagel nicht weiter herauswächst, oder sollte sich gar das kranke Nagefeld erneut ausbreiten, sollte die Behandlung wieder aufgenommen werden (Zeitbegrenzung bei Itraconazol!); oder noch besser mit einem chemisch unterschiedlichen Präparat behandelt werden.

Auch wenn alle Ratschläge konsequent befolgt wurden, kann es nach vermeintlicher Heilung zu einem Rezidiv kommen. Das liegt an den zahlreichen Hohlräumen, die bei subungualer Hyperkeratose entstehen. Darin können Pilzsporen viele Wochen und Monate lebensfähig liegen bleiben. Während sie ruhen, bilden sie jedoch keine Hyphen aus und sind somit nicht angreifbar. Deshalb scheint es sinnvoll den erkrankten Bereich zusätzlich atraumatisch zu entferenen. Außerdem werden im Ruhezustand keine ergosterolhaltigen Membranen neu aufgebaut, sodass Antimykotika – die ihre Wirkung über die Störung der Ergosterolbiosynthese entfalten – nicht wirken.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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