Nutzenbewertung von Retigabin

GSK: Wahl der Vergleichstherapie ist inakzeptabel

Berlin - 16.02.2012, 14:45 Uhr


GlaxoSmithKline (GSK) kritisiert die für die frühe Nutzenbewertung von Retigabin (Trobalt®) herangezogene Vergleichstherapie. Das Unternehmen hatte das Antiepileptikum in seinem dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgelegten Dossier mit der Substanz Lacosamid verglichen und dabei Hinweise für einen Zusatznutzen ausgemacht. Der G-BA hatte jedoch eine andere zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt.

Für die nun vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgenommene frühe Nutzenbewertung von Retigabin als Zusatztherapie für fokale Krampfanfälle bei Epilepsie  griff man auf generisch verfügbare Antiepileptika zurück. Lamotrigin bzw. Topiramat (bei Patienten, bei denen Lamotrigin als Monotherapie eingesetzt wird) wurden als zweckmäßige Vergleichstherapien für alle Epilepsie-Patienten bestimmt, die eine Zusatztherapie benötigen. Gestern wurde das Ergebnis der frühen Nutzenbewertung durch das IQWiG veröffentlicht: Das Institut konnte keine Belege für einen Zusatznutzen ausmachen. 

Der Trobalt-Hersteller GSK bemängelt nun die Wahl der Vergleichstherapie: „Dies entspricht nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Behandlung und ist hinsichtlich der Versorgung schwer betroffener Epilepsiepatienten inakzeptabel“. Konkret kritisiert das Unternehmen, dass für die Epilepsietherapie relevante Tatsachen des Versorgungsalltags nicht berücksichtigt wurden. Wie viele ältere Antiepileptika würden auch Lamotrigin und Topiramat für die Mono- oder frühe Kombinationstherapie verordnet. Beispielsweise werde Lamotrigin explizit in den Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie als „bevorzugtes Mittel der ersten Wahl“ (Monotherapie) bei fokaler Epilepsie empfohlen. Dagegen würden neuere Antiepileptika wie Retigabin und Lacosamid in der späten Zusatztherapie bei schwierig zu behandelnden Patienten eingesetzt, bei denen andere Antiepileptika versagt haben. Dies belegten auch jüngste Daten aus dem deutschen Versorgungsalltag. Für diese Patienten stellten Lamotrigin und Topiramat daher keine therapeutische Alternative zu Retigabin dar.

Das Unternehmen führt überdies europäische Beispiele an, die aus seiner Sicht zu einer sachgerechten Bewertung kommen. So sei die Erstattung von Retigabin etwa in England, Schottland, Schweden, Norwegen und Belgien auf eine späte Zusatztherapie bei Patienten mit fokaler Epilepsie eingeschränkt. Diese setze mehrere adäquate Therapieversuche mit Kombinationen von Antiepileptika voraus. Die Bewertung sei dabei in Vergleichen zu verschiedenen, neueren Antiepileptika, beispielsweise gegenüber Lacosamid, erfolgt. Dies stehe im Einklang mit der aktuellen Datenlage sowie der Versorgungsrealität und legt nahe, dass Lacosamid in Deutschland auch als die zweckmäßige Vergleichstherapie anerkannt werden sollte.

GSK betont, dass man den Dialog mit dem G-BA suchen werde, „um im Sinne der Patienten zu einer sachgerechten Bewertung zu kommen“.  


Kirsten Sucker-Sket