Belimumab und Fampridin

IQWiG: Zusatznutzen nicht belegt

Berlin - 02.05.2012, 16:40 Uhr


Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat heute zwei Dossierbewertungen von neuen Arzneimitteln vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein Zusatznutzen nicht belegt ist. Dabei handelt es sich um Belimumab (Benlysta® von GSK) gegen Lupus und das MS-Medikament Fampridin (Fampyra® von Biogen Idec).

Belimumab ist seit Februar 2012 als Zusatzbehandlung für Erwachsene mit der Autoimmunerkrankung „systemischer Lupus erythematodes“ (SLE) zugelassen. Der monoklonale Antikörper kommt nur infrage, wenn die Erkrankung trotz Standardbehandlung weiter aktiv ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wollte das neue Arzneimittel mit einer „optimierten“ Standardtherapie mit verschiedenen Wirkstoffen verglichen wissen. Die Therapie sollte mithin eine für jeden Patienten eine nach Verträglichkeit, Wirkung und Krankheitsverlauf angepasste Behandlung ermöglichen.

In seinem Dossier habe der Hersteller jedoch nur zwei Zulassungsstudien herangezogen, die nicht geeignet seien, einen Zusatznutzen gegenüber dieser optimierten Standardtherapie zu belegen, meldet nun das IQWiG. Denn in diesen Studien seien die Anpassungsmöglichkeiten für die Standardtherapie durch das Studienprotokoll unangemessen begrenzt gewesen – ausdrücklich eingeschränkt wurde insbesondere die Gabe von Glukokortikoiden. Diese Einschränkung erklärt sich laut IQWiG aus der Zweckbestimmung der Studien: Denn bei der Zulassung geht es vor allem darum, die Wirksamkeit zu belegen. Hätte man die Anpassung der Standardtherapie nicht eingeschränkt, so die Kölner Wissenschaftler, wären die Unterschiede in den Effekten zwischen der Belimumab- und der Vergleichsgruppe womöglich geringer ausgefallen oder gar nicht vorhanden gewesen. Überdies habe GSK eine weitere – aus Sicht des IQWiG relevante – Studie ausdrücklich ausgeschlossen, obwohl in dieser eine Optimierung der Standardtherapie möglich gewesen wäre.

Ebenfalls durchgefallen ist beim IQWiG der Wirkstoff Fampridin, der in Deutschland seit Juli 2011 für Patientinnen und Patienten zugelassen ist, die als Folge einer Multiplen Sklerose (MS) eine Gehbehinderung höheren Grades haben. Als zweckmäßige Vergleichstherapie hatte der G-BA Krankengymnastik gemäß den Anforderungen der Heilmittelrichtlinie festgelegt. Zudem müssen die Patienten eine optimierte Standardtherapie für MS erhalten.

Studien, die die Behandlungen mit Fampridin und mit Physiotherapie direkt miteinander vergleichen, gibt es dem IQWiG zufolge nicht. Ersatzweise legte Biogen Idec Daten aus einem indirekten Vergleich vor. Sie stammen aus Studien, in denen jeweils Fampridin gegen ein Scheinmedikament oder Krankengymnastik gegen „keine Behandlung“ getestet wurden.

Zwar sieht die Rechtsverordnung zum AMNOG ausdrücklich vor, dass der Zusatznutzen auch mittels indirekter Vergleiche belegt werden kann. Allerdings gelten hier bestimmte methodische Voraussetzungen, die der Hersteller in seinem Dossier zu Fampridin nicht erfüllt habe, so das IQWiG. Zudem seien die Studien, die der Hersteller zur Physiotherapie ausgewertet habe, nicht verwertbar. Denn im Gegensatz zu den Studien zu Fampridin seien dort auch Patienten mit einem deutlich niedrigeren Grad von Behinderung eingeschlossen worden. So seien die jeweiligen Populationen nicht ähnlich genug gewesen, um die Ergebnisse miteinander vergleichen zu können. Und damit sieht das IQWiG letztlich auch keine Belege für einen Zusatznutzen von Fampridin.

Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA nun ein Stellungnahmeverfahren durch. Hier können ergänzende Informationen in die Nutzenbewertung einfließen – am Ende trifft der G-BA selbstständig seinen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.


Kirsten Sucker-Sket