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Zweiter Anlauf für Linagliptin
IQWiG bleibt dabei: Keine Belege für Zusatznutzen
Boehringer-Ingelheim und Eli Lilly haben einen zweiten Anlauf zur frühen Nutzenbewertung ihres oralen Antidiabetikums Linagliptin (Trajenta®) unternommen – nun sind sie auch mit ihrem neuen Dossier beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf Eis gelaufen.
Seit August 2011 ist Linagliptin zugelassen für die Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 2. In Deutschland ist das Präparat allerdings nicht erhältlich. Boehringer und Lilly entschieden sich bereits vor der ersten abschlägigen IQWiG-Entscheidung, es nicht auf den Markt zu bringen. Da sie für ihr Dossier nicht die vom G-BA bestimmte zweckmäßige Vergleichstherapie herangezogen hatten, war den Unternehmen das Ergebnis der frühen Nutzenbewertung schon im Vorfeld klar. Der Gesetzgeber räumte pharmazeutischen Unternehmen jedoch im Rahmen der AMG-Novelle ein, in Fällen wie diesen erneut ein Dossier einreichen zu können – jedenfalls übergangsweise, im Sinne eines lernenden Systems. Boehringer nutzte die Option.
Doch auch das zweite Dossier brachte die Hersteller nicht weiter. Das IQWiG erläuterte, woran dies lag. Grundsätzlich unterscheide die vom G-BA festgelegte zweckmäßige Vergleichstherapie (Sulfonylharnstoffe Glibenclamid, Glimepirid) drei Therapiesituationen: Die Gabe von Linagliptin als Monotherapie (Vergleich: einer der Sulfonylharnstoffe), die Zweifachtherapie Linagliptin+Metformin (Vergleich: Metformin+ein Sulfonylharnstoff) und die Dreifachtherapie mit Linagliptin, Metformin und Sulfonylharnstoff (Vergleich: Humaninsulin+Metformin).
Für die Mono- und Dreifachtherapie seien keine Studien vorgelegt worden, die Linagliptin gegen die zweckmäßige Vergleichstherapie getestet haben, heißt es nun im heute vom IQWiG vorgelegten Bericht. Zwar würden im Dossier ergänzend die Ergebnisse aus placebokontrollierten Studien dargestellt. Dies sei jedoch nicht geeignet, den Zusatznutzen eines Wirkstoffs gegenüber einer anderen Therapie zu belegen, so das IQWiG.
Zur Zweifachtherapie führten die Hersteller dagegen eine Studie auf, die Glimepirid und Linagliptin jeweils in Kombination mit Metformin gegeneinander getestet hat. Doch auch hier hat das IQWiG etwas auszusetzen: Es würden nicht allein zwei Medikamente, sondern zugleich zwei unterschiedliche Therapiestrategien miteinander verglichen. Während die Dosis von Glimepirid in der ersten Studienphase so lange angepasst werden sollte, bis für den Blutzucker (HbA1c) ein normnaher Wert erreicht wurde, war in der Linagliptin-Gruppe kein konkreter Zielwert vorgegeben. Somit sei unklar, ob mögliche Unterschiede in den Behandlungsergebnissen auf die Wirkstoffe oder auf die Therapiestrategie, also die einseitige Zielwertvorgabe zurückzuführen seien. Um einen Zusatznutzen abzuleiten, sei diese Studie deshalb ebenfalls nicht geeignet.
Dennoch bringe diese Studie eine wichtige Erkenntnis, so das IQWiG. In der ersten Studienphase, in der die Blutzuckerwerte in der Glimepirid-Gruppe rasch in den gewünschten normnahen Bereich abgesenkt wurde, sei nicht nur die Zahl der Unterzuckerungen, sondern auch die der schwerwiegenden zerebralen Ereignisse, also der Schlaganfälle, deutlich höher gewesen als in der Vergleichsgruppe, in der kein Blutzuckerzielwert vorgegeben war. „Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass eine intensive Absenkung der Blutzuckerwerte durch erhebliche Gesundheitsrisiken erkauft wird“, kommentierte IQWiG-Leiter Jürgen Windeler. „Und dieser Befund ist eher auf die unterschiedlichen Therapiestrategien als auf die Wirkstoffe zurückzuführen.“
Nun ist der G-BA am Zug. Er trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt. Für Boehringer und Lilly ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: „Wir sehen für Linagliptin in der Versorgung von Patienten mit Typ-2-Diabetes einen klaren Zusatznutzen und stimmen mit der Einschätzung des IQWiG nicht überein“, vermeldeten die Unternehmen heute. Im weiteren Prozess werde man daher die vorgesehenen Möglichkeiten wahrnehmen, um dies dem G-BA noch einmal detailliert zu erläutern.
Köln - 03.12.2012, 14:57 Uhr