Lockerung der Kontraindikation

Metformin jetzt auch bei schlechterer Nierenfunktion

27.03.2015, 14:17 Uhr

Limitierender Faktor Nierenfunktion: Metformin kann künftig auch bei einer GFR unter 60 ml/min eingesetzt werden (Bild: psdesign 1-fotolia.com)

Limitierender Faktor Nierenfunktion: Metformin kann künftig auch bei einer GFR unter 60 ml/min eingesetzt werden (Bild: psdesign 1-fotolia.com)


Stuttgart - Die Grenze für die Creatinin-Clearance, ab der Metformin kontraindiziert ist, wurde abgesenkt. Das hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heute bekanntgegeben. Hintergrund sind neue Daten zur Sicherheit, die im Rahmen eines europäischen Worksharing Verfahrens bewertet wurden.

Während Metformin bisher ab einer Creatinin-Claerance von unter  60 ml/min (bzw. eGFR < 60 ml/min/1.73m2) kontraindiziert war, liegt die Grenze jetzt bei 45 ml/min (bzw. eGFR < 45 ml/min/1.73m2). Dies bedeutet, dass Patienten mit einer Nierenfunktionseinschränkung Grad 3a in Zukunft mit Metformin behandelt werden können – vorausgesetzt, es bestehen keine anderen Erkrankungen, die das Risiko für eine Laktatazidose erhöhen. Die maximale Tagesdosis für diese Patienten ist auf 1000 mg beschränkt, gegeben in zwei Einzeldosen. Fällt die Kreatinin-Clearance allerdings unter 45 ml/min (bzw. eGFR < 45 ml/min/1.73m2), muss Metformin sofort abgesetzt werden. Daher ist die Nierenfunktion engmaschig zu kontrollieren (alle drei bis sechs Monate).

Hintergrund der Kontraindikation „Creatinin-Clearance unter 60 ml/min“ war laut Fachinfo das erhöhte Risiko für Laktatazidosen durch Kumulation des renal eliminierten Wirkstoffes bei eingeschränkter Nierenfunktion. Mit diesem Cut-off galt man in Deutschland aber im Vergleich zu anderen Ländern als sehr vorsichtig. So gilt z. B. in Großbritannien die Empfehlung, ab einer GFR von unter 45 ml/min die Dosierung zu überprüfen und erst ab einer GFR von unter 30 ml/min Metformin abzusetzen. Ähnliches wird in Kanada und in Australien praktiziert. Es wurde daher der Verdacht geäußert, dass hierzulande aufgrund der möglicherweise zu rigiden Kontraindikationen einer Vielzahl von Diabetikern Metformin unnötig vorenthalten wurde – aus überzogener Angst vor Laktatazidosen. Zumal, so heißt es in einer Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) aus dem Jahre 2013, in Untersuchungen kein erhöhtes Laktatazidose-Risiko trotz Nichtbeachtung von Kontraindikationen gezeigt werden konnte.

Noch im Jahre 2011 hatte das BfArM keine Basis gesehen, die Kontraindikationen einzuschränken, da die gemeldeten Berichte über letale Verläufe von Laktatazidosen laut AKdÄ eine Missachtung der Kontraindikationen in vielen Fällen nahegelegt hatten. Von dieser Einschätzung ist man offensichtlich jetzt – zumindest was die Kontraindikation Nierenfunktion betrifft – aufgrund neuerer Daten abgewichen. Derzeit werden die geänderten Empfehlungen in die Fach- und Gebrauchsinformation der in Deutschland zugelassenen Metformin-haltigen.


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