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EU-Parlament stimmt für neue Richtlinie
EU-Bürger sollen besser vor Arzneimittelfälschern geschützt werden
Das Europäische Parlament hat heute mit großer Mehrheit eine Richtlinie zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen angenommen. Die neuen Vorgaben sollen verhindern, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen.
Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind ein Prozent der über die legale Lieferkette verkauften Arzneimittel gefälscht. In anderen Teilen der Welt können sogar mehr als 30 Prozent der dort angebotenen Arzneimittel gefälscht sein. Die Berichterstatterin in dem EU-Gesetzbebungsverfahren, Marisa Matias, erklärte, gefälschte Medikamente seien „stille Killer“ – oftmals hätten sie entweder keine Wirkung oder aber enthielten giftige Substanzen, die die Patienten schädigen oder sogar töten könnten. „Das Fehlen eines Rechtsrahmens fördert Fälscher, die oft im Rahmen der organisierten Kriminalität handeln“, so die portugiesische Europa-Abgeordnete. Diese kriminelle Aktivität habe stark zugenommen: Seit 2005 seien 400 Prozent mehr gefälschte Arzneimittel sichergestellt worden. Künftig gibt es weitere Sanktionsmöglichkeiten. „Der Schutz der Patienten ist Kern dieser Richtlinie“, betonte Matias. Daher zeigte sie sich auch sehr erfreut, dass die Ende 2008 noch von Industriekommissar Günter Verheugen initiierte Richtlinie mittlerweile in die Kompetenz des EU-Gesundheitskommissars gewandert ist.
Anders als zuvor die Kommission in ihrem Richtlinien-Vorschlag, hielten es die EU-Abgeordneten für notwendig, auch den Verkauf von Arzneimitteln über das Internet zu regeln. Schließlich ist das Internet einer der Hauptwege, über den gefälschte Arzneimittel auf den europäischen Markt gelangen. So die Apotheken eine offizielle Genehmigung für den Versandhandel besitzen, sollen diese ein gemeinsames Logo erhalten. Dieses soll es EU-Bürgern leichter machen, zu erkennen, ob sie sich auf der Seite einer genehmigten Internet-Apotheke befinden. Alle genehmigten Internet-Apotheken werden mit einer zentralen Website der Mitgliedstaaten verlinkt, die wiederum mit einer europäischen Webseite verlinkt wird. Es soll zudem Informations- und Sensibilisierungskampagnen geben um die Bürger über die Risiken des Internetkaufs von Arzneimitteln aufzuklären.
Die Richtlinie führt zudem Sicherheitsmerkmale für Arzneimittelpackungen ein. Beispielsweise sollen Hologramme gegen unbefugtes Öffnen sicheren. Außerdem soll durch das Scannen eines Codes in den Apotheken in Zukunft genau geprüft werden, wo das Medikament herkommt, und ob es ein Originalpräparat ist. Ziel ist es, den Weg einer Arznei von der Herstellung bis zum Verkauf „minuziös“ zurückverfolgen zu können. Wie genau die Sicherheitsmerkmale aussehen werden, muss die Europäische Kommission allerdings noch entscheiden – verschiedene Modelle liegen vor. Grundsätzlich sollen die neuen Sicherheitsmerkmale nur für verschreibungspflichtige Medikamente gelten, außer es liegt eindeutig kein Fälschungsrisiko vor. Für nichtverschreibungspflichtige Medikamente sollen sie nur in Ausnahmefällen gelten, wenn ein Fälschungsrisiko besteht.
Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten über ein System verfügen, mit dem verhindert werden soll, dass mutmaßlich gefährliche Arzneimittel (gefälscht oder mit Qualitätsmängeln) zu den Patienten gelangen. Das System muss auch ermöglichen, dass Arzneimittel von Patienten zurück genommen werden können, die die Arzneimittel bereits erhalten haben. Wird bei einem Arzneimittel eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit vermutet, müssen unverzüglich alle Mitgliedstaaten und alle Akteure in der Lieferkette in diesem Mitgliedstaat eine Schnellwarnmeldung erhalten. Falls davon ausgegangen wird, dass solche Arzneimittel an Patienten abgegeben wurden, muss dies innerhalb von 24 Stunden geschehen, damit diese Arzneimittel von den Patienten zurückgeholt werden können.
Das EU-Parlament hat auch zur Kenntnis genommen, dass das heutige Absatznetz für Arzneimittel immer verzweigter wird und nicht mehr nur die klassischen Lieferanten umfasst. Es tummeln sich Zwischenhändler und Broker – auch diese müssen künftig registriert sein. Dabei können sie aus diesem Register auch wieder gestrichen werden, wenn sie die Regeln nicht erfüllen.
Der von den Abgeordneten verabschiedete Text ist das Ergebnis einer mit dem Rat erzielten Einigung, der der Rat noch formell zustimmen muss. Nach der Unterzeichnung haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um ihre nationale Gesetzgebung anzupassen.
Sehen Sie zu diesen Thema auch das DAZ-TV-Interview mit dem deutschen Europa-Abgeordneten Dr. Peter Liese.
Straßburg - 16.02.2011, 15:45 Uhr