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Sachverständigenausschüsse
BAH und BPI: Stimmrecht für Industrie und Apotheker beibehalten
Der Referentenentwurf zur kommenden AMG-Novelle sieht unter anderem Neuerungen bei der Stimmberechtigung in den Sachverständigenausschüssen für Apothekenpflicht und Verschreibungspflicht vor: Vertreter der Praxis und Industrie sollen künftig zwar noch an den Sitzungen teilnehmen, aber nicht mehr stimmberechtigt sein. Diese Absicht sorgt für Kritik bei den Betroffenen.
Derzeit sieht § 53 AMG die Anhörung von Sachverständigen vor Erlass von Rechtsverordnungen nach § 36 Abs. 1 AMG (Standardzulassungen) sowie § 45 Abs. 1 und § 46 Abs. 1 AMG (Apothekenpflicht) vor. Das gleiche gilt vor dem Erlass einer Rechtsverordnung nach § 48 Abs. 2 AMG (Verschreibungspflicht). Diesen Ausschüssen sollen Sachverständige aus der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis und der pharmazeutischen Industrie angehören. Einzelheiten werden in der „Verordnung zur Errichtung von Sachverständigenausschüssen für Standardzulassungen, Apothekenpflicht und Verschreibungspflicht von Arzneimitteln“ geregelt. Danach umfasst der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht 15 stimmberechtigte Mitglieder: Drei Hochschullehrer der Pharmakologie, einer der Medizinischen Statistik und Epidemiologie und einer der Pharmazie; hinzu kommen jeweils ein Arzt bzw. Facharzt für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Kinderkrankheiten, jeweils ein Zahnarzt, Tierarzt und Heilpraktiker, ein Vertreter der Apothekerschaft sowie zwei Vertreter der humanpharmazeutischen und ein Vertreter der veterinärpharmazeutischen Industrie.
Künftig sollen die genannten Vertreter der Praxis und der pharmazeutischen Industrie nur noch ohne Stimmrecht an den Sitzungen teilnehmen dürfen. Begründet wird diese Beschränkung damit, dass Fragen der Arzneimittelsicherheit „auf Basis rein wissenschaftlich fundierter Voten“ entschieden werden müssten. Zum Zeitpunkt der Etablierung des Sachverständigenausschusses habe die Frage der Verschreibungspflicht nicht in unmittelbarem Zusammenhang auch mit ökonomischen Folgen gestanden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Mittlerweile hätten sich jedoch die sozialrechtlichen Rahmenbedingungen geändert.
Das missfällt dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Sie sind überzeugt, dass es keinen Anlass gibt, an der bisherigen Zusammensetzung der Ausschüsse zu rütteln. Diese habe sich über Jahrzehnte bewährt und eine ausgewogene Interessenabwägung gewährleistet, heißt es übereinstimmend in den Stellungnahmen der Verbände zum Referentenentwurf. Durch die Zusammensetzung mit Repräsentanten aus allen betroffenen Bereichen seien die Diskussionen breit gefächert und die daraus resultierenden Voten ausgewogen. Negative Auswirkungen auf die Patientensicherheit hätten sich über mehr als drei Jahrzehnte nicht ergeben, wie man an den Empfehlungen dieses Gremiums ablesen könne. Auch gefährde die bisherige Stimmrechtsverteilung nicht die Wissenschaftlichkeit der Bewertung. Schließlich verfügten die Industrievertreter lediglich über drei von insgesamt 15 Stimmen. „Die Befürchtung, dass der wissenschaftliche Charakter des Abstimmungsergebnisses durch industriegetriebene Interessen überlagert werden könnte, ist daher unbegründet“, so BAH und BPI.
Nicht zuletzt verweisen die Verbände darauf, dass die Beschlüsse der Sachverständigenausschüsse ohnehin nur empfehlenden Charakter haben. Das Bundesgesundheitsministerium könne in den zu erstellenden Verordnungen von diesen Empfehlungen abweichen. Diese Möglichkeit habe das Ministerium in der Vergangenheit auch schon genutzt. Eine ergänzende Korrektur sei zudem durch das Verordnungsgebungsverfahren möglich, das eine Zustimmung des Bundesrates vorsieht. Auch dies ist in ausgewählten Fällen schon erfolgt.
Berlin - 09.01.2012, 12:13 Uhr