Frühe Nutzenbewertung von Orphan Drugs

G-BA: Pirfenidon hat nicht quantifizierbaren Zusatznutzen

Berlin - 15.03.2012, 16:37 Uhr


Der Gemeinsame Bundesausschuss hat heute seinen Beschluss zur frühen Nutzenbewertung des Orphan Drug Pirfenidon getroffen. Anders als das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen stellte er einen Zusatznutzen fest - allerdings einen nicht quantifizierbaren.

Der G-BA hat in Sachen Orphan Drugs seine Meinung geändert: Ihm reichen künftig die Zulassungsstudien, wenn es um die frühe Nutzenbewertung geht. Denn nach den gesetzlichen Vorgaben gilt für ein Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung der Zusatznutzen ohnehin durch seine Zulassung als belegt. Das IQWiG wird künftig keinen Auftrag mehr erhalten, die Nutzenbewertung für ein Orphan Drug anhand einer anderen Vergleichstherapie vorzunehmen. "Wir werden uns formal an die Zulassung halten", sagte G-BA-Chef Dr. Rainer Hess heute in Berlin. Zudem solle das IQWiG erst beauftragt werden, wenn der Umsatz des betreffenden Arzneimittels die 50 Millionen-Euro-Marke überschritten hat. 

Und so hat der G-BA auch im Fall von Pirfenidon (Esbriet® von InterMune) eine gegenüber dem IQWiG eigenständige Entscheidung getroffen. Und zwar eben nicht auf Grundlage der Vergleichstherapie, die er für die Nutzenbewertung vorgegeben hatte, sondern jener, die für die Zulassung maßgeblich war. "Wir haben nicht gegen das IQWiG entschieden", betonte Hess. Das Institut habe eine "absolut korrekte" Nutzenbewertung durchgeführt. Nur die Vorgaben sind nun andere  - dass dies so sein muss, sei eine Erkenntnis gewesen, die ihm im Laufe des Anhörungsverfahrens gekommen sei, so Hess. Hieraus habe man nun Konsequenzen für die Zukunft gezogen. 

Nun ist dem Arzneimittel, das zur Behandlung der leichten bis mittelschweren idiopathischen pulmonalen Fibrose zugelassen ist, ein "nicht quantifizierbarer Zusatznutzen" attestiert. Dabei schätzte der G-BA auch das Schadenspotenzial des Wirkstoffes anders ein als das IQWiG. Offen ist nun allerdings noch immer, ob dieser Zusatznutzen gering, beträchtlich oder erheblich ist. 

IQWiG-Leiter Prof. Jürgen Windeler fühlt sich durch den Beschluss nicht attackiert: "Wir haben damit überhaupt kein Problem". Zudem habe sein Institut Pirfenidon auch nicht jedweden Zusatznutzen abgesprochen - wohl aber habe es sein Schadenspotenzial höher gewichtet.

Damit können nun die Preisverhandlungen für das erste Orphan Drug beginnen. Dr. Antje Haas, Leiterin der Abteilung Arznei- und Heilmittel beim GKV-Spitzenverband räumte ein, dass die Verhandlungen sicherlich komfortabler laufen könnten, wäre der Zusatznutzen quantifizierbar. So muss nun ausgelotet werden, in welcher der drei vorgegebenen Kategorien er anzusiedeln ist. 

Erleichtert reagierte der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) auf den Beschluss: "So schafft der G-BA Ordnung und trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung", sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer.


Kirsten Sucker-Sket