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Frühe Nutzenbewertung
Mehr Flexibilität für die Vergleichstherapie
Die Bundestagsfraktionen der Union und der FDP wollen mit der aktuellen Novelle des Arzneimittelrechts an weiteren AMNOG-Regelungen zur frühen Nutzenbewertung nachjustieren. So auch bei der Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Für den Fall, dass es mehrere Alternativen gibt, soll künftig nicht mehr die wirtschaftlichere Therapie gewählt werden müssen. Der Zusatznutzen soll vielmehr gegenüber jeder dieser Therapien nachgewiesen werden können.
Eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag, der morgen im Gesundheitsausschuss zur Abstimmung stehen könnte, sieht eine Änderung des § 6 Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) vor. Diese Vorschrift regelt Näheres zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie im Rahmen der (frühen) Nutzenbewertung. Nach Absatz 1 ist die zweckmäßige Vergleichstherapie „regelhaft zu bestimmen nach Maßstäben, die sich aus den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin ergeben“. Dabei soll es auch künftig bleiben. Streichen wollen die Regierungsfraktionen hingegen den zweiten Satz: „Bei mehreren Alternativen ist die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vorzugsweise eine Therapie, für die ein Festbetrag gilt“. Diese Vorgabe hat den Pharmaunternehmen noch nie geschmeckt – zumal bei der anschließenden Verhandlung des Erstattungsbetrags auch der Preis dieser Vergleichstherapie herangezogen wird.
Doch Schwarz-Gelb will nun einen neuen Abs. 2a in § 6 AM-NutzenV einführen: Sind nach den Vorgaben der ersten beiden Absätze der Norm „mehrere Alternativen für die Vergleichstherapie gleichermaßen zweckmäßig, kann der Zusatznutzen gegenüber jeder dieser Therapien nachgewiesen werden“. Sofern es sich bei dem zu bewertenden Arzneimittel um eines handelt, das pharmakologisch-therapeutisch mit einem Festbetragsarzneimittel vergleichbar ist, bleibt es bei den Vorgaben aus dem SGB V. Der Zusatznutzen ist hier als therapeutische Verbesserung gegenüber den Arzneimitteln dieser Gruppe nachzuweisen.
Ziel der Änderung sei eine Flexibilisierung der Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie, heißt es zu Begründung des Änderungsantrags. Die Festlegung auf eine einzige Vergleichstherapie könne in der Praxis dazu führen, dass ein Zusatznutzen aus rein formalen Gründen nicht belegt werden kann – etwa weil schon in den Zulassungsstudien ein anderer Komparator gewählt wurde, ein direkter Vergleich zur vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Vergleichstherapie also gar nicht möglich ist. Tatsächlich war dies in der Vergangenheit wiederholt der Fall – was dazu führte, dass die pharmazeutischen Unternehmen die Auswahl der „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ als besonders neuralgischen Punkt im Verfahren der frühen Nutzenbewertung empfanden. In der Begründung für den Antrag wird weiterhin ausgeführt: „Sind aus medizinischen und Evidenzgesichtspunkten mehrere Therapien gleichermaßen als Standard anzusehen, ist es sachgerecht, den Zusatznutzen gegenüber derjenigen Vergleichstherapie nachzuweisen, gegenüber der der Zusatznutzen aufgrund der vorhandenen Evidenz am besten belegt ist“.
Die Flexibilisierung soll zwar dabei helfen, dass der Nachweis des Zusatznutzens nicht nur aus formalen Gründen scheitert. Doch ein weiterer Änderungsantrag in diesem Zusammenhang stellt klar: „Zweck ist es jedoch nicht, bei nicht vorhandener Evidenz dem Hersteller die Wahl einer möglichst hochpreisigen Vergleichstherapie zu ermöglichen, um ohne Nachweis eines Zusatznutzens einen entsprechend hohen Erstattungsbetrag vereinbaren zu können“. Und so ist auch eine Folgeänderung in § 130b SGB V geplant – der Norm, die den Rahmen für die Verhandlungen zum Erstattungsbetrag vorgibt. Kommt die Nutzenbewertung zu dem Ergebnis, dass kein Zusatznutzen vorliegt, so darf der Erstattungsbetrag danach schon jetzt nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führen als die zweckmäßige Vergleichstherapie. Liegt nun aber der Fall vor, dass mehrere Alternativen für die Vergleichstherapie bestimmt sind, so darf der Erstattungsbetrag nicht höher liegen als die wirtschaftlichste dieser Alternativen.
Ein letzter möglicher Änderungsantrag im Zusammenhang mit dem AMNOG-Verfahren betrifft den Entscheidungsspielraum der Schiedsstelle, die den Erstattungsbetrag festlegt, wenn sich Hersteller und GKV-Spitzenverband nicht einigen können. Sie soll künftig „unter freier Würdigung aller Umstände des Einzelfalls“ entscheiden und dabei gegebenenfalls die Besonderheiten des jeweiligen Therapiegebietes berücksichtigen.
Berlin - 04.06.2013, 14:32 Uhr