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Rezeptdatenhandel
Grüne wollen es jetzt wissen
Der Spiegel-Bericht „Pillendreher als Datendealer“ hat auch die Politik aufgeschreckt: In einer Kleinen Anfrage wendet sich jetzt die Grünen-Fraktion an die Bundesregierung und will wissen, was bei der Verarbeitung von Rezeptdaten verboten und was erlaubt ist, wo der Datenschutz bereits missachtet wurde und ob die Regierung plant, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Handel mit Rezeptdaten zu verändern.
Die Veröffentlichung des Spiegel-Artikels habe erneut die Diskussion entfacht, inwieweit der Datenschutz beim Rezeptdatenhandel be- bzw. missachtet wird und inwieweit mit gehandelten Rezeptdaten für externe Datenaufbereiter und Pharmafirmen eine Reidentifizierung von personenbezogenen Daten (Versicherte, Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker) möglich sei, schreiben die Abgeordneten um Birgitt Bender. Die Fraktion habe bereits 2012 das Vorgehen des pharmazeutischen Herstellers Novartis kritisch begleitet, bei dem ärztliche Verordnungsdaten von Praxisrechnern gezogen worden seien.
Aber auch aktuell würden weitere Akteure kritisiert: „Im aktuell diskutierten Fall hat laut eidesstattlicher Erklärung eines ehemaligen Mitarbeiters der Datenauswertungsgesellschaft „GFD“ mit Sitz in Karlsfeld das Apothekenrechenzentrum „Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken GmbH“ (VSA) Rezeptdaten mit Personenbezug unverschlüsselt an die GFD weitergegeben“, heißt es auch in der Anfrage. Und weiter: „Ferner soll das Datenaufbereitungsunternehmen „IMS Health GmbH & Co. OHG“ (IMS) unzureichend verschlüsselte Daten an die Pharmaindustrie verkauft haben.“
Die Grünen fragen die Bundesregierung daher, ob – und wenn ja, für welche Zwecke – Rezeptdaten außerhalb der Abrechnung mit gesetzlichen Krankenkassen anonymisiert verwendet werden dürfen; in welcher Weise die Rezeptdaten von welchen Stellen aufbereitet werden müssen, um den gesetzlichen Datenschutzvorgaben zu entsprechen – und ob bundesweit nach denselben Maßstäben zwischen Anonymisierung und Pseudonymisierung unterschieden wird. Außerdem will die Fraktion wissen, welche Erkenntnisse die Regierung hinsichtlich der Missachtung des Datenschutzes hat und ob die Aussage des Versorgungsforschers Gerd Glaeske korrekt sei, dass einzelne Ärzte und Apotheker über „private Deals“ Rezept-Durchschriften direkt an Datenaufbereitungsunternehmen lieferten.
Klärungsbedarf sieht die Fraktion auch hinsichtlich der sich widersprechenden Einschätzungen der Landesdatenschutzbeauftragten: „Ist es aus Sicht der Bundesregierung hinnehmbar, wenn 14 von 16 Bundesländern zur Erkenntnis gelangen […], dass die Pseudonymisierung des Apothekenrechenzentrums VSA nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt und nur die Landesdatenschutzbehörden Bayerns und Hessens anderer Meinung sind, und wenn demzufolge an dieselben Unternehmen und Institutionen je nach Bundesland höchst unterschiedliche Anforderungen an die Anonymisierung gestellt werden?“ Schließlich wollen Bender und Kollegen wissen, ob nach Einschätzung der Bundesregierung Anlass besteht, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Handel mit Rezeptdaten zu verändern, etwa die kommerzielle Verwertung von Rezeptdaten einzuschränken bzw. zu unterbinden.
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Berlin - 11.09.2013, 09:25 Uhr