Tamiflu® und Relenza®

Grüne haken bei Regierung nach

Berlin - 29.04.2014, 10:18 Uhr


Tamiflu® und Relenza® sind die meistverkauften Grippemittel der Welt. Nach dem Ausbruch der „Schweinegrippe“ hatte Deutschland 2009 große Mengen der beiden Arzneimittel bestellt. Doch die beiden Neuraminidasehemmer stehen auch seit Jahren in der Kritik von Wissenschaftlern – allen voran solchen der Cochrane-Collaboration. Zwei jüngst veröffentlichte Studien bestätigen, dass die Wirksamkeit von Tamiflu und Relenza zweifelhaft ist. Nun fragt die Grünen-Fraktion im Bundestag nach, ob sich hierdurch die Haltung der Bundesregierung gegenüber diesen Arzneimitteln geändert hat.

Lange hatten Cochrane-Wissenschaftler um Einsicht in unveröffentlichte Studiendaten zu den Neuraminidasehemmern gekämpft. Am Ende gab Roche nach. Und so konnten Tom Jefferson und Peter Doshi kürzlich die Ergebnisse ihrer Analyse präsentieren. 20 Studien zu Tamiflu und 26 zu Relenza mit insgesamt mehr als 24.000 Patientinnen und Patienten haben sie ausgewertet. Und es bestätigte sich, was seit dem Jahr 2009 heiß diskutiert wird: Nämlich, dass Tamiflu und Relenza nicht geeignet sind, Grippe wirkungsvoll zu bekämpfen bzw. dieser vorzubeugen, so die Grünen einleitend in ihrer Kleinen Anfrage. So habe etwa Tamiflu im Vergleich zu Placebo die klinischen Symptome bei Erwachsenen zwar geringfügig von 7 auf 6,3 Tage verkürzen können – bei Kindern habe sich dieser minimale Effekt aber nicht gezeigt. Auch der behauptete Schutz vor schweren Komplikationen wie Lungenentzündung, Bronchitis, Nebenhöhlenentzündung oder Mittelohrentzündungen habe sich nicht nachweisen lassen. Die Cochrane-Forscher bezeichneten das fehlende Engagement auf allen politischen und regulatorischen Ebenen, eine umfassende Arzneimittelbewertung von Tamiflu und Relenza vornehmen zu können, als „Multiorganversagen“.

Die aktuellen Studien geben den Grünen Anlass, den weiteren Einsatz von und die Bevorratung mit Tamiflu und Relenza zu hinterfragen. Schließlich hatten die Bundesländer im Rahmen der Pandemieplanung für mindestens 20 Prozent der deutschen Bevölkerung antivirale Arzneimittel flächendeckend bevorratet – hierfür sei schätzungsweise ein dreistelliger Millionenbetrag ausgegeben worden.

Konkret wollen die Grünen wissen, seit wann der Bundesregierung Zweifel an der Wirksamkeit der beiden Neuraminidasehemmer bekannt sind und was hat sie daraufhin unternommen hat. Zudem fragt die Fraktion, wie die Bundesregierung vor dem Hintergrund der neuen Ergebnisse der Cochrane-Collaboration die antivirale Wirksamkeit der Arzneimittel bewertet. Ist sie trotz der aktuellen Auswertungsergebnisse weiterhin der Auffassung, dass Tamiflu und Relenza geeignete Mittel darstellen, um während einer Influenzapandemie die Mortalität und Morbidität in der Bevölkerung zu reduzieren, bis ein für das aktuelle Influenzavirus spezifischer Impfstoff zur Verfügung steht? Weiterhin wollen die Grünen wissen, ob die Regierung meint, dass die Empfehlung des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 2007, wonach eine Bevorratung für bis zu 20 Prozent der Bevölkerung mit Neuraminidaseinhibitoren beabsichtigt ist, noch aufrechtzuhalten ist. Oder plant die Bundesregierung nun, den vorsorglichen Ankauf und die weitere Bevorratung von Tamiflu und Relenza auf Bundesebene einzustellen? Nicht zuletzt fragt die Fraktion, wie der Arbeitsstand zur Anpassung des Nationalen Pandemieplans von Bund und Ländern ist und welche Teile des Plans überarbeitet werden.


Kirsten Sucker-Sket


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