Kritik an gesetzlicher Import-Regelung

Überholt oder noch immer wichtig?

Berlin - 18.08.2014, 12:43 Uhr


In Zeiten, da auch in Deutschland Arzneimittelfälschungen und Lieferengpässe ein Thema sind, mehren sich die Zweifel an den bestehenden Regelungen zum Import von Arzneimitteln. So sieht etwa der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) den Reimport von und den Parallelhandel mit Arzneimitteln zunehmend kritisch und fordert den Gesetzgeber auf, die Importquote abzuschaffen. Auch der Detmolder Basis-Apotheker Gunnar Müller hat den Bundesgesundheitsminister bereits aufgefordert, über die geltenden Regelungen nachzudenken. Doch bislang macht das Ministerium in dieser Hinsicht wenig Hoffnung.

Mit den Regelungen zur bevorzugten Abgabe von Importarzneimitteln bezweckte der Gesetzgeber, Kosten im Gesundheitswesen zu sparen. Die deutschen Krankenkassen sollten davon profitieren, wenn bestimmte Medikamente  im Ausland zu einem niedrigen Preis beschafft werden können. So war es jedenfalls bislang – nach dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz und der Einführung von Erstattungsbeträgen mögen die Vorteile aus internationalen Preisdifferenzen bei neueren Arzneimitteln schwinden. Auch die sich verbreitenden Rabattverträge über Originalarzneimittel lassen Zweifel aufkommen, ob mit Importen tatsächlich generell gespart werden kann.

In der Apothekerschaft ist die Kritik an den Importregelungen nicht neu. Aktuell bekräftigt sie der LAV-Vizepräsident Christoph Gulde. Er hegt nicht nur Zweifel an ihrem Beitrag zu mehr Wirtschaftlichkeit, sondern verweist auch auf ihre Gefahren: „Generell birgt der Reimport von Arzneimitteln das Risiko, dass durch den Handel auf so genannten Spotmärkten benötigte Arzneimittel stellenweise nicht verfügbar sind. Dazu kommt, dass viele Packungen aus dem Import den Patienten verunsichern“. So gebe es überklebte oder zerschnittene Schachteln und unregelmäßige Tablettenstreifen und Blister. Oft sähen die Packungen so aus, wie man sich ein Medikament aus der Apotheke eben gerade nicht vorstellt, so Gulde. Und das wiederum verkompliziert den Apothekenalltag.

Überdies könnten gestohlene und gefälschte Arzneimittel über Reimporte den Weg in die legale Lieferkette bis nach Deutschland nehmen. Dass dies keine Schwarzmalerei ist, haben die Erfahrungen der vergangenen Monate gezeigt – die Medikamentendiebstähle in Italien sorgen noch immer für Rückrufe bei einigen deutschen Importeuren. Das habe die Apothekerschaft aufhorchen lassen und sie zusätzlich sensibilisiert, heißt es in einer Pressemeldung des LAV. Die Systematik der Reimporte und die Erfüllung einer vorgeschriebenen Quote müsse jetzt genau unter die Lupe genommen werden.

Ihr eigenes Urteil haben die Apotheker in Baden-Württemberg ihrem Verband zufolge schon gebildet: Sie sehen die Importregelungen nicht nur als überholt an, sie nehmen sie auch zunehmend als gefährlich wahr. Gulde: „Unsere sichere Versorgungskette wird angreifbar und zum Einfalltor für kriminelle Machenschaften, die mit Fälschungen und Hehlerware das schnelle Geld bringen sollen“. Er fordert nun ein rasches Eingreifen der Politik: „Vor dieser dramatischen Entwicklung kann kein Gesundheitspolitiker seine Augen verschließen“.

Auch Gunnar Müller, „Basis“-Apotheker aus Westfalen-Lippe hatte sich kürzlich mit einem entsprechenden Appell an Minister Hermann Gröhe (CDU) gewandt. Zur Stärkung der Arzneimittelsicherheit bat er darum, die Importregelungen zu überdenken – „zumal der Aufwand, der in diesem Zusammenhang betrieben wird, die Einspareffekte inzwischen deutlich übersteigen dürfte und es mit den Festbeträgen, den Rabattverträgen und den Herstellerrabatten inzwischen andere Instrumente zur Kostendämpfung für die Gesetzlichen Krankenkassen geben dürfte“.

Die Antwort erfolgte bereits zwei Tage später durch den für die Arzneimittelversorgung zuständigen Ministerialrat Michael Meier. Dieser räumt in seinem Brief an Müller ein, dass es grundsätzlich möglich sei, dass über den Re- oder Parallelimport gefälschte Arzneimittel in die legale Vertriebskette eingeschleust werden. Dennoch: Der legale Parallelhandel trage im Rahmen des freien Warenverkehrs in der EU „wesentlich zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung und seiner Wirtschaftlichkeit bei“ – und zwar neben Rabattverträgen und Erstattungsbeträgen. „Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der gesetzlichen Vorgabe der Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln und einem Inverkehrbringen von gefälschten Arzneimitteln vermag ich nicht zu sehen“, so Meier weiter. Zuletzt verweist er darauf, dass das Nähere zur Abgabe importierter Arzneimittel GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband in ihrem Rahmenvertrag regelten. „Es ist ihre Angelegenheit, bei der Vereinbarung der Importquote die Marksituation zu berücksichtigen“.


Kirsten Sucker-Sket