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30 Jahre Arzneiverordnungs-Report
Zeitlose Einsparpotenziale
Heute ist der Arzneiverordnungs-Report zum 30. Mal erschienen. Längst ist die Zusammenstellung der Verordnungsdaten von Vertragsärzten ein Standardwerk. Jahr für Jahr zeigen die Herausgeber Prof. Dr. Ulrich Schwabe und Dr. Dieter Paffrath auf, dass es noch immer erhebliche Einsparpotenziale bei Arzneimitteln gibt. Für 2013 haben sie sie auf insgesamt knapp fünf Milliarden Euro beziffert.
Nicht ohne Stolz blickte Professor Schwabe bei der Vorstellung des aktuellen AVR 2014 auf die vergangenen drei Jahrzehnte zurück. 1985 habe man sich vorgenommen, Umfang und Struktur der kassenärztlichen Arzneiverordnungen zu erfassen und damit zur Transparenz des Arzneimittelmarktes sowie einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Arzneitherapie beizutragen. An diesem Anspruch habe sich bis heute nichts verändert – nur hat das einst schmale Büchlein über die Jahre erheblich an Umfang gewonnen.
Es ist auch weiterhin ein Aufreger für die pharmazeutischen Unternehmen – allerdings nicht mehr so sehr wie in den Neunziger-Jahren, als etwa die Ausgabe des Jahres 1997 nur mit vielen Schwärzungen erscheinen konnte. 23 Pharmafirmen hatten seinerzeit einstweilige Verfügungen gegen den Report erwirkt. Ihnen passte es gar nicht, dass der AVR dafür sorgte, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung Auflistungen mit umstrittenen Arzneimitteln – seinerzeit mit einem Verordnungsanteil von 40 Prozent das größte Ärgernis für die AVR-Autoren – an Ärzte verschickte. Eine Aktion, die sie deutlich bei ihren Umsätzen verspürten. Bis heute hat die Kritik am Report kaum nachgelassen – mag man auch nicht mehr juristisch gegen das Werk vorgehen. Doch die AVR-Herausgeber sehen dies gelassen, sie kennen dieses Schauspiel seit vielen Jahren.
Verglichen mit 1992, als die Kassen-Ausgaben für umstrittene Arzneimittel bei 5,1 Milliarden Euro lagen, ist dieses Segment heute nahezu bedeutungslos. Die Ausgaben beliefen sich 2013 auf 652 Millionen Euro – und 510 Millionen Euro hätten sich die Kassen davon laut Schwabe sparen können. Ein weiterer Bereich, in dem sich in den vergangenen Jahren viel getan hat, sind die Generika. 1997 wurde hier noch ein Einsparpotenzial von 1,5 Milliarden Euro ausgemacht. 2010 kam man im Preisvergleich mit Schweden sogar auf eine theoretische Sparsumme von 4,1 Milliarden Euro.
Heute sind Generika aus der Sparliste des AVR verschwunden. Das liegt daran, dass mittlerweile Rabattverträge den Markt bestimmen. 2013 hatten sie ein Volumen von rund drei Milliarden Euro. Für Schwabe zeigt dies: Er und seine Mitstreiter hatten recht, als sie ihre Generika-Sparpotenziale berechneten – auch wenn die Hersteller diese damals für völlig überzogen hielten. Dafür werden jetzt Biosimilars aufgeführt. Die Sparmöglichkeiten durch ihren konsequenten Einsatz sind allerdings noch überschaubar: Der AVR beziffert sie auf 57 Millionen Euro.
Nach wie vor ein Dorn im Auge sind den AVR-Herausgebern die Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel. Sie seien in Deutschland viel teurer als in anderen Ländern, so Schwabe. Der AVR habe dies auch schon in internationalen Preisvergleichen aufgezeigt. Auch der Gesetzgeber hat ins Ausland geschaut, als er das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) schuf – und machte ein Einsparpotenzial von zwei Milliarden Euro für dieses Segment aus. Doch diese Summe zu heben, braucht seine Zeit – vor allem, wenn man den 16-prozentigen Herstellerabschlag wieder senkt und auf die zunächst vorgesehene Bestandsmarktbewertung verzichtet.
Nach drei Jahren AMNOG lässt sich sagen: 2013 konnten infolge der frühen Nutzenbewertung und der Erstattungsbeträge 150 Millionen Euro gespart werden, dieses Jahr sollen es 298 Millionen Euro werden – bis zu den zwei Milliarden Euro ist es also noch ein langer Weg. Dennoch sieht Schwabe Positives im AMNOG: Bei den 25 umsatzstärksten Arzneimitteln konnten in den ersten drei Jahren die Erstattungspreise um 23 Prozent gesenkt werden. Und: In diesem Jahr bietet der AVR erstmals einen Preisvergleich, der zugunsten Deutschlands ausgeht. Die Preise neuer Arzneimittel sind hier sogar 4,6 Prozent niedriger als in Frankreich.
Berlin - 23.09.2014, 15:05 Uhr