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Bundesgerichtshof zu Apotheken-Boni
Die Entscheidungsgründe liegen vor
Der Bundesgerichtshof hat vergangene Woche die Entscheidungsgründe von vier seiner fünf am 9. September verkündeten Urteile zu Apotheken-Boni veröffentlicht. Auch die Gründe für den im Verfahren gegen die niederländische Europa Apotheek Venlo ergangenen Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe liegen nunmehr schriftlich vor.
In sechs Streitverfahren hatte der BGH vor einem guten Monat zu entscheiden. Sie alle betrafen in unterschiedlicher Ausgestaltung die Frage, ob und in welchem Umfang Apotheken bei der Abgabe preisgebundener Arzneimittel ihren Kunden Boni bzw. Gutscheine gewähren dürfen. Was die Fälle der in Deutschland ansässigen Apotheken betrifft, konnten die Karlsruher Richter ihre letztinstanzlichen Urteile fällen.
Danach liegt ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung auch dann vor, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Die einschlägigen Preisbestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung i.V.m. dem Arzneimittelgesetz stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) dar und ein Verstoß gegen sie kann damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassunganspruch begründen. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, „wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“. Spürbar beeinträchtigt seien die Interessen der Mitbewerber allerdings dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten sich in den Grenzen des § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) hält, der neben den Preisvorschriften anwendbar ist. In dieser Norm finden sich die Voraussetzungen, unter denen für den Bereich der Arzneimittel Werbegaben zulässig sind. Das ist etwa der Fall, wenn es sich um eine „geringwertige Kleinigkeit“ handelt. Bei einer Publikumswerbung mit einer Werbegabe im Wert von fünf Euro handelt es sich dem BGH zufolge nicht mehr um eine solche „geringwertige Kleinigkeit“.
In einem der Fälle ging es um die Werbung der Europa Apotheek Venlo. Sie verspricht ihren Kunden einen Bonus von 2,50 bis zu höchstens 15 Euro je verordneter Packung. Hier stellte sich die Frage, ob auch für eine ausländische Versandapotheke das deutsche Preisrecht einschlägig ist. Der BGH ist der Auffassung, dass dies der Fall ist. Da das Bundessozialgericht (BSG) jedoch in einem anderen Fall schon einmal entschieden hat, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht auf im Wege des Versandes nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt, musste der BGH den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anrufen. Dieser hat bei abweichenden Entscheidungen Oberster Gerichte das letzte Wort, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu wahren.
Ausführlich setzt sich der BGH in seinem Beschluss mit der Argumentation des BSG auseinander und begründet detailliert, warum er sich ihr nicht anschließen kann. So folgt er dem BSG schon darin nicht, dass eine Anwendbarkeit der deutschen Preisvorschriften für eingeführte Arzneimittel mangels einer speziellen Regelung im Arzneimittelrecht ausgeschlossen sein soll. Zudem legt er dar, dass Regelungen mit extraterritorialer Wirkung – wie hier die Preisvorschrifen – nach dem Marktortprinzip zulässig sind, wenn sie einen hinreichenden Bezug zum eigenen Souveränitätsbereich aufweisen. Und diesen sieht der BGH beim Versand von Arzneimitteln an Endverbraucher in Deutschland klar gegeben.
Nun darf man gespannt warten, ob die Argumente des BGH auch beim Gemeinsamen Senat auf offene Ohren stoßen.
Berlin - 11.10.2010, 17:01 Uhr