Urteilsgründe des OVG im Fall „Zur Rose“ liegen vor

Versandapotheke zur Rose: Verstoß gegen das Fremdbesitzverbot

Berlin - 29.11.2010, 17:18 Uhr


Wie bereits berichtet, hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt der Apotheke „Zur Rose“ in Halle die Versandhandelserlaubnis entzogen. Nun liegen die Urteilsgründe vor. Ausführlich legt das OVG darin dar, dass das Auslagern nahezu sämtlicher Tätigkeiten einer Versandapotheke nicht mit dem Gebot der persönlichen Apothekenleitung vereinbar ist.

Bereits seit 2005 ist der Rechtsstreit zwischen einem Apotheker aus Magdeburg und dem für die Erteilung der Betriebs- und Versandhandelserlaubnis zuständigen Landesverwaltungsamt anhängig. Am 14. Oktober entschied das OVG Sachsen-Anhalt, dass die Versandhandelserlaubnis für die Zur Rose-Versandapotheke rechtswidrig und daher aufzuheben ist.

Das Verwaltungsgericht Halle hatte die Klage in der Vorinstanz als unzulässig abgewiesen – es sah den Kläger nicht „in seinen Rechten verletzt“, wie es die Verwaltungsgerichtsordnung für die Anfechtung eines Verwaltungsaktes voraussetzt. Das OVG widerspricht dieser Einschätzung: Die subjektiven Rechte eines Versandapothekers aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) und Art. 3 GG (Gleichheitssatz) seien schon dann verletzt, wenn einem Konkurrenten ein erheblicher Wettbewerbsvorteil dadurch verschafft wird, dass ihm entgegen §§ 7, 8 S. 1 und 11a Apothekengesetz (ApoG) das Betreiben einer Versandapotheke erlaubt werde, ohne dass der Kläger seiner eigenen Bindung wegen in gleicher Weise reagieren könne. Dass dem Inhaber der Zur Rose-Versandapotheke – der in diesem Verfahren Beigeladener ist – ein derartiger Wettbewerbsvorteil verschafft werde, könne weder offensichtlich noch eindeutig ausgeschlossen werden, so das OVG.

Die Richter halten die Klage – jedenfalls soweit sie sich gegen die Versandhandelserlaubnis richtet – auch für begründet. Wie sich aus dem Vertrag, der die Leistungsbeziehungen zwischen dem beigeladenen Apotheker und der Zur Rose Pharma GmbH – dem deutschen Ableger des gleichnamigen Schweizer Arzneimittelversenders – regelt, ergebe, werde gegen apothekenrechtliche Vorschriften verstoßen. Konkret gegen die Pflicht zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung (§ 7 ApoG), die Vorschriften zur Organisationsform (§ 8 ApoG - Fremdbesitzverbot) und die Anforderungen zur Erteilung einer Versandhandelserlaubnis (§ 11 a ApoG). Daher hätte die Erlaubnis zum Arzneimittelversand nicht erlaubt werden dürfen. Es könne „keine Rede davon sein, dass der Beigeladene die Versandapotheke Zur Rose in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, nicht einmal in pharmazeutischen Fragen , selbständig und eigenverantwortlich leitet“, heißt es im Urteil. Vielmehr betreibe die Zur Rose GmbH die Versandapotheke mit – und verstoße damit gegen das Fremdbesitzverbot. Soweit dem Apotheker in den Vereinbarungen ein „Weisungsrecht“ eingeräumt werde, erzeugten die Regelung „nur den Schein einer Kontrolle des Beigeladenen über die von seiner Apotheke aus betriebenen Tätigkeiten“.

Tatsächlich sind die vertraglichen Vereinbarung sehr weitgehend. In ihr verpflichtet sich die GmbH zu einer Reihe von Dienstleistungen, zudem wird hierfür eine Vergütung vorgesehen. Das Gericht sieht durch den Vertrag nahezu sämtliche Tätigkeiten einer Versandapotheke auf die Zur Rose GmbH als Dienstleister – oder von dieser beauftragte Dritte – ausgelagert.Dem Apotheker obliege dem Vertrag zufolge nur noch die pharmazeutische Endkontrolle der zu versendenden Arzneimittel, die Auslösung des Versands und die Beratung und Information bei Abgabe der Arzneimittel sowie bei Reklamationen. Dabei gebe es keine unmittelbare rechtliche Beziehungen zwischen dem Personal des Dienstleisters und dem Versandapotheker. Dies sei nicht mit dem Leitungsgebot des Apothekengesetzes vereinbar.

Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen. Es ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel auch eingelegt wird. Bis es zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommt, kann allerdings einige Zeit ins Land gehen. Und bis dahin kann die Apotheke in Halle weiterhin Arzneimittel versenden.


Kirsten Sucker-Sket