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Gemeinsam angekündigte Zusatzbeiträge
LSG: Kein Fall fürs Kartellrecht
Das gemeinsame Handeln einiger Krankenkassen bei der Erhebung von Zusatzbeiträgen war rechtmäßig: Gesetzliche Krankenkassen sind keine Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts, weshalb auf sie das Kartellrecht keine Anwendung findet. Dies entschied jetzt das Hessische Landessozialgericht.
Im Januar 2010 kündigten acht gesetzliche Krankenkassen bei einem gemeinsamen Presseauftritt die Erhebung von Zusatzbeiträgen an. Das Bundeskartellamt leitete wegen des Verdachts der unerlaubten Preisabsprache förmliche Verfahren gegen sie ein. Gegen die vom Bundeskartellamt einen Monat später erlassenen Auskunftsbeschlüsse erhob eine Krankenkasse Klage vor dem Hessischen Landessozialgericht, weil sie darin eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts sah und zudem das Kartellrecht für nicht anwendbar hielt.
Gegen den Eröffnungsbeschluss des Hessischen Landessozialgerichts hatte das Bundeskartellamt zunächst Beschwerde (Az.: L 1 KR 89/10 KL) beim Bundessozialgericht in Kassel eingelegt, da es den Rechtsstreit vor den Kartellsenaten klären wollte. Das Bundeskartellamt sah in den gesetzlichen Krankenkassen Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts. Die Beschwerde wies das Bundessozialgericht jedoch zurück und bestätigte den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (Az.: B 1 SF 1/10 R).
Die Darmstädter Richter gaben der Krankenkasse nun Recht und erklärten den Auskunftsbeschluss für rechtswidrig: Es gebe keine Rechtsgrundlage für das Auskunftsbegehren des Kartellamtes, weshalb der Auskunftsbeschluss die Krankenkasse in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletze. Für die staatliche Aufsicht der Versicherungsträger sei zudem ausschließlich das Bundesversicherungsamt zuständig, so die Richter.
Weil das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die Wettbewerbsbeziehungen der Krankenkassen untereinander im Verhältnis zu potenziellen Pflichtversicherten nicht anwendbar sei, könnte sich das Kartellamt auch nicht auf ein Nebeneinander von Kartell- und Aufsichtsrecht berufen. Die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts handelten insoweit nicht als Unternehmen. Die Teilnahme am Preiswettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen und damit auch das auf die Erhebung eines Zusatzbeitrags gerichtete Handeln seien keine wirtschaftliche Tätigkeit.
Nach Meinung der Richter nehmen die gesetzlichen Krankenkassen – anders als die privaten Versicherungsträger – eine rein soziale Aufgabe wahr, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird: Die Krankenkassen seien im Wesentlichen zu den gleichen Leistungen verpflichtet und müssten diese unabhängig von der jeweiligen Beitragshöhe erbringen. Die Beitragsbemessung sei dabei grundsätzlich einkommens- und nicht risikoabhängig. Zudem seien die Krankenkassen zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen und hätten untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen.
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. September 2011, Az.: L 1 KR 89/10 KL
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Berlin - 19.09.2011, 14:40 Uhr