Krankenhausversorgung

BVerwG: Zwei bis drei Stunden Lieferzeit nicht „unverzüglich“

Leipzig - 30.08.2012, 16:50 Uhr


Der von einem Krankenhaus mit einer Apotheke geschlossene Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses kann nur genehmigt werden, wenn die Apotheke in angemessener Nähe zum Krankenhaus liegt. Dies ist nicht der Fall, wenn die Fahrtzeit zur Klinik zwei bis drei Stunden beträgt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht heute entschieden.

Geklagt hatte die Trägerin eines Krankenhauses in Münster, das über die krankenhauseigene Apotheke in Ahlen mit Arzneimitteln versorgt wird. Die Klägerin wollte auch ein Krankenhaus in Bremen durch ihre Apotheke versorgen. Das Land versagte jedoch die Genehmigung eines zu diesem Zweck geschlossenen Versorgungsvertrags. Bei der Entfernung von 216 Kilometern zwischen Apotheke und Krankenhaus sei nicht sichergestellt, dass Arzneimittel und pharmazeutische Beratungsleistungen im Notfall unverzüglich zur Verfügung gestellt würden. Das Verwaltungsgericht hatte die Klage auf Genehmigung des Versorgungsvertrags abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hatte ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten zum Bundesverwaltungsgericht hatte nun Erfolg. Damit lebt das erstinstanzliche Urteil wieder auf.

Will sich ein Krankenhaus über eine externe Apotheke mit Arzneimitteln versorgen lassen, muss es mit dieser einen Arzneimittel-Versorgungsvertrag schließen. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Voraussetzung für die Genehmigungserteilung ist unter anderem, dass die Apotheke Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen kann.

In einer Pressemeldung des Bundesverwaltungsgericht heißt es, Unverzüglichkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung verlange, dass die benötigten Medikamente im Eilfall zeitnah im Krankenhaus bereitstehen müssen. Dies bedinge zwingend, dass die Apotheke in räumlicher Nähe zum Krankenhaus liegen muss. Denn die Länge des Transportweges bestimme die Transportdauer maßgeblich. Anders als das Oberwaltungsgericht meint, könne das Erfordernis der Ortsnähe auch nicht dadurch kompensiert werden, dass im Krankenhaus ein Notfalldepot eingerichtet wird. Ein solches Depot, das von Gesetzes wegen eine Apotheke nicht ersetzen darf, könne nicht allen denkbaren medizinischen Notfallsituationen Rechnung tragen. Die Genehmigungsvoraussetzung einer unverzüglichen Arzneimittelbelieferung bezwecke aber, gerade auch für Fälle eines plötzlich auftretenden, nicht absehbaren Bedarfs, die zeitnahe Bereitstellung dringend benötigter Arzneimittel durch die Apotheke sicherzustellen.

Daher habe die beklagte Behörde die Genehmigung des Versorgungsvertrags zu Recht abgelehnt. Bei der Entfernung der Apotheke in Ahlen zum Krankenhaus in Bremen von 216 Kilometern und einem zudem stauanfälligen Transportweg (Autobahn A 1) sei eine unverzügliche Medikamentenbereitstellung nicht mehr gewährleistet. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu die fachlichen Einschätzungen der Bundesapothekerkammer, des Bundesverbands der klinik- und heimversorgenden Apotheker und des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker herangezogen. Danach sollte die Bereitstellung nicht viel mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Zudem erfülle der Versorgungsvertrag bei der gegebenen Entfernung auch eine weitere Genehmigungsvoraussetzung nicht. Nämlich, dass das Krankenhauspersonal durch den Leiter der Krankenhausapotheke (oder einem von ihm beauftragten Apotheker der versorgenden Apotheke) im Bedarfsfall unverzüglich vor Ort im Krankenhaus pharmazeutisch beraten werden kann.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2012, Az.: BVerwG 3 C 24.11


Kirsten Sucker-Sket