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Bestandmarktaufruf der Gliptine
Novartis unterliegt im Eilverfahren
Der Bestandsmarktaufruf der Gliptine kann vorerst weiterlaufen: Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat heute den Eilantrag von Novartis im Streit mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) um die Nutzenbewertung der von Novartis vertriebenen Gliptine abgelehnt
Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) ist nicht nur die frühe Nutzenbewertung für neue Arzneimittel eingeführt worden. Dem G-BA wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen einer Nutzenbewertung zu unterziehen (§ 35a Abs. 6 SGB V). Auch eine solche Nutzenbewertung im Bestandsmarkt mündet letztlich in Preisverhandlungen zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband – und bedeutet damit für diese Präparate das Ende der freien Preisbildung durch den Hersteller.
Im Juni 2012 beschloss der G-BA erstmals einen Bestandsmarktaufruf – für Gliptine. Betroffen sind auch zwei Präparate von Novartis. In diesem Zuge wurde Novartis aufgefordert, spätestens bis zum 31. Dezember 2012 ein Dossier für die betroffenen Arzneimittel vorzulegen. Der Konzern legte hiergegen Widerspruch ein – doch dies hielt der G-BA für unstatthaft. Daraufhin reichte Novartis im Dezember 2012 zwei Klagen beim LSG Berlin-Brandenburg ein, die sich gegen die Veranlassung der Nutzenbewertung bzw. die Aufforderung zur Einreichung des Dossiers richten. Zugleich beantragte Novartis die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Das Unternehmen wollte damit eine aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage erreichen und so das Verfahren der Nutzenbewertung aufhalten.
Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes hatte das LSG zunächst mit einer sogenannten „Zwischenverfügung“ die Frist zur Übermittlung eines Dossiers zur Nutzenbewertung bis zum 31. März 2013 verlängert. Dies sollte dem Gericht ausreichend Zeit für eine sachgerechte Entscheidung über die komplexe Materie verschaffen.
Heute war es dann soweit. Zu klären hatte der 7. Senat des LSG lediglich die Frage, ob Widerspruch bzw. Klage gegen die Veranlassung der Nutzenbewertung bzw. die Aufforderung, ein Dossier einzureichen, aufschiebende Wirkung entfalten. Dies hat das Gericht verneint. Nach dem Verfahrensrecht ist dies nämlich nur dann der Fall, wenn sich Widerspruch und Klage gegen einen „Verwaltungsakt“ im Rechtssinne richteten. Einen solchen vermochte das Gericht in den angegriffenen bloßen Verfahrenshandlungen des G-BA nicht zu erkennen.
Daher kam es nicht mehr auf die Frage an, ob eine Klage gegen die Einleitung eines Bestandsmarktaufrufs bzw. die Aufforderung ein Dossier einzureichen, überhaupt zulässig ist. Das Gesetz bestimmt nämlich lediglich, dass eine gesonderte Klage gegen die frühe Nutzenbewertung (für neue Arzneimittel) nicht zulässig ist (§ 35a Abs. 8 SGB V). Eine Klage gegen die Einleitung eines Bestandsmarktaufrufs (§ 35a Abs. 6 SGB V) ist danach jedoch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Hier witterte Novartis eine Gesetzeslücke – und das LSG kann dies in gewisser Weise nachvollziehen: „Unsicherheiten darüber, ob für diese Art der Nutzenbewertung die gleichen Regeln gelten wie für die sog. Frühe Nutzenbewertung nach § 35a Absätze 1 bis 5 SGB V, sind insbesondere der unglücklichen Formulierung von § 35a Abs. 6 SGB V geschuldet“, heißt es im Beschluss. Eine Klarstellung in § 35a SGB V, wie sie nunmehr auch in der Politik erwogen wird, würden die Sozialrichter daher begrüßen.
Das LSG betont aber auch, dass sein Eil-Beschluss keine Aussage zur Rechtmäßigkeit der Veranlassung der Nutzenbewertung der von Novartis vertriebenen Gliptine enthält. Zugleich unterstreicht der Senat in seinem Beschluss, dass die Einleitung der Bestandsmarkt-Nutzenbewertung durch den G-BA angesichts der erheblichen Versorgungsrelevanz der Gliptine jedenfalls nicht willkürlich erscheine.
Der im Eilverfahren ergangene Beschluss ist rechtskräftig. Über die anhängigen Klagen in den jeweiligen Hauptsacheverfahren wird das Gericht voraussichtlich noch vor den diesjährigen Sommerferien verhandeln und entscheiden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2013, Az.: L 7 KA 106/12 KL ER
Berlin - 28.02.2013, 17:07 Uhr