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Bundesgerichtshof zu Rx-Boni
Ein-Euro-Bonus pro Rezeptposition zulässig
Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bleibt es dabei: Apotheken, die ihren Kunden für die Einlösung eines Rezeptes Boni, Gutscheine oder Taler im Wert von einem Euro gewähren, bewegen sich im Bereich des Zulässigen. Dieser Euro darf sogar pro Rezeptposition gewährt werden, sodass sich der Bonus auf maximal drei Euro pro Rezept summieren kann. 1,50 Euro pro verordnetem Arzneimittel sind hingegen zu viel. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in zwei Urteilen entschieden.
Sämtliche Boni-Urteile des BGH vom September 2010 behandelten einen speziellen Sachverhalt – entschieden wurde immer nur der Einzelfall. Dabei blieben so manche Fragen offen: Wo genau liegt die Spürbarkeitsgrenze, bis zu der Rx-Boni zulässig sind, die die Karlsruher Richter ins Spiel brachten? Und ist sie rein nach dem Geldwert zu beurteilen – oder sind auch andere Umstände zu berücksichtigen? Etwa ob es sich um einen direkt einzulösenden Bonus handelt oder ob zunächst Punkte (im Wert von jeweils einem Euro) gesammelt werden müssen und diese erst eingelöst werden können, wenn eine bestimmte Anzahl erreicht ist. Nur mit letzterer Variante hatte sich der BGH schon 2010 zu befassen. Ebenfalls ungeklärt blieb: Ist bei der Bewertung der Zulässigkeit des Bonus auf jedes Rezept oder jede Einzelverordnung auf dem Rezept abzustellen?
Die Versandapotheke mycare hatte einen Kundenbonus in Höhe von 1,50 Euro für jedes verschreibungspflichtige Medikament auf dem Rezept versprochen. Die Wettbewerbszentrale war hiergegen vorgegangen – das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt folgte ihrer Argumentation und entschied, dass dieses Modell wettbewerbsrechtlich nicht mehr zulässig ist. Apothekenleiter Christian Buse zog daraufhin vor den BGH – doch dieser wies seine Revision zurück. Ein indirekter Preisnachlass in Höhe von 1,50 Euro beeinflusst also auch nach Auffassung der Karlsruher Richter den Wettbewerb spürbar. Die Entscheidungsgründe sind allerdings noch abzuwarten.
Das gleiche gilt für das zweite Verfahren, über das der 1. Zivilsenat des BGH zu entscheiden hatte. Hier ging es um ein Bonus-Modell, bei dem eine Apotheke pro Rezeptposition einen sofort einlösbaren Einkaufsgutschein in Höhe von einem Euro gewährt hatte – damit konnte der Bonus also bei bis zu drei Euro pro Rezept liegen. Hier hatte das Oberlandesgericht Thüringen entschieden, dies bewege sich im Bereich des Zulässigen. Die hier ebenfalls aktive Wettbewerbszentrale ging gegen dieses Urteil in Revision – doch auch diese wies der BGH zurück. Ein Euro pro Rezept ist offenbar auch dann kein Problem für die Richter, wenn er als Sofortbonus gewährt wird. Und: Sie bestätigen die Einschätzung der Thüringer Kollegen, dass die Spürbarkeitsgrenze so zu verstehen ist, dass sich die Bonusgewährung auf das jeweils verschriebene Medikament bezieht – unabhängig davon, ob auf dem Rezept ein, zwei oder drei Medikamente verordnet wurden.
Als Freibrief für Ein-Euro-Gutscheine sind die neuen Urteile des BGH allerdings nicht zu verstehen. Denn in der mündlichen Verhandlung stellte der Vorsitzende Richter klar, dass die Spürbarkeitsschwelle allein eine Sache des Wettbewerbsrechts ist. Was Berufs- und Verwaltungsgerichte in ihrer eigenen Zuständigkeit entscheiden, ist eine andere Sache. Bekanntlich entscheidet derzeit ein Berufsgericht nach dem anderen über ähnlich gelagerte Fälle. Der Trend geht klar dahin, dass diese auch bei einem Ein-Euro-Gutschein einen Verstoß gegen das Berufsrecht annehmen. Zuletzt gab es hierzu auch die erste rechtskräftige Entscheidung des Berufsgerichts am Landgericht Dresden. Und in der kommenden Woche stehen bereits die nächsten berufsgerichtlichen Urteile an.
Urteile des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2013, Az.: I ZR 90/12 und I ZR 98/12
Karlsruhe - 10.05.2013, 12:08 Uhr