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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
Da ist er in ein richtiges Fettnäpfchen getreten, unser Herr ABDA-Präsident in spe, hoppala, bitte nicht ausrutschen vor lauter neuer Transparenz und Offenheit! Was er da im Interview mit der Süddeutschen Zeitung von sich gab, ist vielleicht noch gut gemeint gewesen, liebes Tagebuch, aber du weißt, gut gemeint ist nicht gut gemacht. War kein guter Vorlauf für den charmanten Medien-Profi Schmidt. Und dann war da noch die Affäre um den Ex-ABDA-Sprecher Bellartz – sie hat der ABDA und vor allem uns Apothekern geschadet.
10. bis 14. Dezember
Mann-o-mann, wir Apotheker hätten uns – vor allem in der jetzigen Zeit der anstehenden Verhandlungen mit Krankenkassen – wahrlich eine schönere PR gewünscht, als sie uns da mutmaßlich vom ehemaligen ABDA-PR-Profi eingebrockt wurde.
Als am Montag öffentlich wurde, dass ein früherer ABDA-Pressesprecher in Datenklau und Spionage im Bundesgesundheitsministerium verstrickt gewesen sein soll, konnte man nur ahnen, was sich da anbahnen würde. Und es kam schlimmer. Stand zunächst nur ein böser IT-Mitarbeiter des Ministeriums in Verdacht, Daten geklaut zu haben, war schnell klar, dass die Daten auch einen Abnehmer gefunden hatten: die Spur führte ins Apothekerhaus. Bahr war „stinksauer“, die ABDA erschüttert. Mit Recht. Arbeitsentwürfe, Gesetzesvorlagen, vertrauliche Papiere waren mit Hilfe eines IT-Mitarbeiters im BMG in die Hände des „freiberuflichen Apotheker-Lobbyisten“ gelangt, so der Staatsanwalt. Geld soll angeblich dafür geflossen sein, laut Spiegel online 500 bis 600 Euro, pro Datenlieferung. Ob auch die ABDA von den Unterlagen profitierte und nicht nur der mit dem Pressesprecher verbandelte Branchendienst „apotheke adhoc“, wird zu klären sein.
Im Lauf der Woche wurde Tacheles geredet: Der Name Bellartz wurde genannt. Er war von 2007 bis 2011 ABDA-Pressesprecher und durfte – mit Billigung der ABDA! – während dieser Zeit sein eigenes Medienunternehmen El Pato und zwei Branchen-Onlinedienste gründen und betreiben. Wie konnte man dem nur zustimmen? Und die ABDA hat sogar vermutlich keine kleinen Summen an das Bellartzsche Unternehmen gezahlt, um Dienstleistungen wie Faxservices in Anspruch zu nehmen und Bannerwerbung auf den „apotheke-adhoc“-Seiten zu betreiben. Was meinst Du, liebes Tagebuch, eine nette Anschubfinanzierung, bezahlt von den Apothekern? Ob da zu jener Zeit mehr Pressemeldungen der ABDA verschickt wurden als üblich, wird zu prüfen sein.
Da ist noch viel Erklärungsbedarf seitens unserer Berufsvertretung, da müssen schleunigst Zahlen auf den Tisch. Liebes Tagebuch, ist es Dein Einband, der hier so nach Filz riecht? Nee, kann nicht sein, bist ja in Leder.
Und dann gab’ s auch bei diesem Skandal so „nette“ Verlegenheiten. Obwohl es die Medien-Spatzen von den Dächern pfiffen, dass der Ex-ABDA-Sprecher unter Verdacht steht, machte Schmidt noch große (stahl)blaue Augen und stammelte, er wisse nicht, gegen welche Person sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richteten. Immerhin, einen Tag später räumte Schmidt Fehler der ABDA ein: „Wir haben das Thema der journalistischen Nebentätigkeiten unseres Pressesprechers und in Bezug auf apotheke adhoc möglicherweise unterschätzt.“
Da kommt noch was nach. Auf alle Fälle eine Menge an Fragen: Welche Gelder und wofür flossen an El Pato? Welche geschäftlichen Verbindungen bestanden und bestehen zwischen El Pato und Kammern und Verbänden? Und dann vor allem die Frage: Wo ist Wolf – der amtierende ABDA-Präsident? Liebes Tagebuch, wollen wir nicht hoffen, dass er seinen Namen mit einem „u“ statt „o“ und einem weiteren „f“ verunzieren möchte. Warum wirft man den Vize Schmidt den Medien vor?
Oder drängte er sich vor? Und klopfte sich auf seine Brust: Hallo, ich neu, ich medienstark, ich Tarzan, du meine ABDA-Jane? Wollen wir uns von einer Offenheits-Liane zur Transparenz-Schlingpflanze schwingen? Ups, wenn die mal nicht reißt. Da sollte er noch kräftig üben. Zum Beispiel: Wie bleibe ich offen und ehrlich, ohne meine Mitglieder vor den Kopf zu stoßen – wie es im Interview mit der Süddeutschen Zeitung passierte. Wir notieren und fassen Schmidts Aussagen zusammen, liebes Tagebuch:
- Apotheker sind reicher als Ärzte,
- Apotheker verkaufen mit Nahrungsergänzungsmitteln Dinge, die kein Mensch braucht, und
- unser weißer Kittel ist überflüssig.
Na, denn, das war’s dann wohl: Oh Du fröhliche und Hallelujah.
Ich bin mir da – sagen wir es mal so – eigentlich irgendwie möglicherweise und nicht nur vielleicht ziemlich sicher, liebes Tagebuch, dass er das nicht so gemeint hat, sondern nur mit den Unehrlichkeiten bei der ABDA aufräumen wollte und es so verstanden wissen will: wir müssen ehrlicher und offener sein. Ja, ja, ja, aber dann muss er aber auch lernen,
- dass die „reichen“ Apotheker nicht die Mehrheit ausmachen,
- dass er auch der Präsident der angestellten und ein kärgliches Gehalt verdienenden Apotheker sein wird,
- dass es auch sinnvolle Nahrungsergänzungsmittel gibt, die zum Glück noch über die Apotheke verkauft werden und nicht im Supermarkt und
- dass der weiße Kittel sehr wohl ein nützliches Symbol sein kann, das auf emotionaler Ebene Kompetenz und Vertrauen ausstrahlt.
Was sonst noch geschah:
10. Dezember 2012
Die ABDA-Öffentlichkeitskampagne „Ausgenommen von den Kassen“ für 500 Millionen Euro soll laut ABDA innerhalb von zwei Wochen eine Reichweite von rund 40 Millionen Kontakten gehabt haben. Und ich meine, liebes Tagebuch, sie wurde innerhalb eines Tages durch die Kampagne „Ausgenommen von einem Pressesprecher?“ zunichte gemacht.
Und was sind schon Kontakte? Haben die „Kontakte“ das Anliegen der Apotheker mit dieser Kampagne kapiert? Da habe ich massive Zweifel.
11. Dezember 2012
Johann Magnus Stackelberg, der Große, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, will partout die von den Apothekern favorisierten 1,75 Euro als Kassenabschlag nicht akzeptieren. Er will die Apotheker mit 1,90 über seinen Kassentisch ziehen – oder den Abschlag auslosen lassen. Um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Doch da hat er sich geschnitten. Fritz Becker bleibt hart: „Wir wichteln uns einen Abschlag, kommt für uns nicht infrage.“ 1,90 als Wert anzusetzen, sei genauso wenig eine Lösung für die Apotheken wie ein Losverfahren. Gut so.
12. Dezember 2012
Ein Gerücht sei es gewesen, das in der letzten Woche die Runde gemacht habe, so Dr. Rainer Hess, ehemaliger unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. Er habe keine Anfrage erhalten, ob er den Vorsitz der Schiedsstelle zum Kassenabschlag übernehmen solle. Nun, liebes Tagebuch, die Sache mit der Schiedsstellenbesetzung wird noch „lustig“ werden.
13. Dezember 2012
Dürfen Apothekerinnen oder Apotheker auf selbstständiger Basis in Apotheken Vertretungen übernehmen? Die Bayerische Apothekerkammer sagt „Nein“ und wollte dies gerichtlich geklärt wissen. Nach Ansicht der Kammer verstößt ein solches selbstständiges Leistungsangebot einer Apothekerin/eines Apothekers gegen die Bestimmungen des Apothekengesetzes in Verbindung mit der Apothekenbetriebsordnung: Eine persönliche Leitung einer Apotheke könne nicht ohne Weiteres auf einen Vertreter übertragen werden. Das Landgericht München gab der Kammer Recht. Aber jetzt hat das Berufsgericht für die Heilberufe am Oberlandesgericht München dieses Urteil aus formalen Gründen aufgehoben. Alle warten nun auf die Begründung. Eine Entscheidung in der Sache selbst steht noch aus.
16.12.2012, 08:00 Uhr