- DAZ.online
- News
- Ende des Retaxationswahns...
Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung
Ende des Retaxationswahns in Sicht?
Von Apothekern als willkürlich empfundene Retaxationen von Krankenkassen könnten bald der Vergangenheit angehören: Nach fast zweijähriger Verhandlungszeit haben sich Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband im Vertragsausschuss auf Änderungen im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung geeinigt. Danach können unter anderem geringfügige Formfehler auf dem Verordnungsblatt geheilt werden.
Apothekerinnen und Apotheker können ein Lied von nicht nachvollziehbaren Retaxationen singen. In jüngerer Vergangenheit waren es etwa geringfügige Formfehler bei teuren Betäubungsmittelverordnungen, die Krankenkassen nutzten, um den Zahlungsanspruch der Apotheker komplett zu retaxieren.
Der Vertragsausschuss von DAV und GKV-Spitzenverband hat sich dem Problem angenommen. Nun liegen Änderungen an den einschlägigen Regelungen des Rahmenvertrages vor, die zwar schon vom geschäftsführenden DAV-Vorstand gebilligt wurden, aber noch nicht sämtliche Gremien der Vertragspartner durchlaufen haben. Ende April wird die Mitgliederversammlung des DAV über die Änderungen abzustimmen haben.
Nach der DAZ.online vorliegenden Fassung (Stand: 27. März 2013) wird es für die Kassen künftig schwerer Apotheken komplett zu retaxieren. Der zuvor recht knapp gefasste § 3, der den Zahlungs- und Lieferanspruch regelt, ist grundlegend neu gefasst und zieht sich nun über dreieinhalb Druckseiten. Der Grundsatz ist: „Gibt eine Apotheke ein Produkt, das von der Leistungspflicht umfasst ist, ordnungsgemäß ab, erwirbt sie einen Zahlungsanspruch gegenüber der angegebenen Krankenkasse.“ Im Anschluss wird detailliert aufgeführt, wann eine Apotheke keinen Zahlungsanspruch erwirbt. In einem neuen Absatz 3 werden die Produktgruppen genannt, die vom GKV-Leisungskatalog ausgeschlossen sind (z.B. OTC, soweit kein Ausnahmereglung besteht oder Life-Style-Arzneimittel, unwirtschaftliche Arzneimittel, Arzneimittel mit einer Packungsgröße, die die größte Messzahl nach der PackungsV überschreiten etc.).
Im folgenden Absatz sind Gründe genannt, warum ein Zahlungsanspruch entfallen kann. Beispielsweise, weil der Verordnung Angaben nach § 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung fehlen – also die grundsätzlichen Rezeptformalia – oder aber die nach § 9 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. In beiden Fällen soll die Apotheke diese formalen Fehler künftig im Rahmen der geltenden Vorschriften beheben können. Andere in diesem Absatz aufgeführte Fehler können dagegen nicht geheilt werden. Etwa, wenn verschieden Fristen für die Abgabe überschritten wurden.
In Absatz 5 wird bestimmt, dass die Krankenkasse bei Verstößen gegen gesetzliche Abgabebestimmungen oder gegen Bestimmungen des Rahmenvertrages einen „Ausgleich des ihr entstandenen Schadens verlangen [kann], der bei vorschriftsgemäßer Abgabe und Abrechnung nicht eingetreten wäre“. Sodann werden Verstöße aufgezählt: Etwa die Nichtbeachtung der vorrangigen Aut-idem-Abgabe, der ärztlich verordneten Packungsgröße oder vertraglicher Abrechnungsfristen. Sofern hier ein Schaden entstanden ist, muss die Kasse diesen unter Angabe der Belegnummer nach Art und Höhe konkret belegen. Der Schaden umfasst dabei entstandene Preisdifferenzen und/oder nachweislich entgangene Rabatteinnahmen – der Null-Retaxation wäre damit ein Ende gesetzt.
Berlin - 12.04.2013, 17:27 Uhr