Europäische Kommission

Wirksamkeitsstudien auch nach der Zulassung

Remagen - 18.04.2014, 16:52 Uhr


Wirksamkeitsstudien noch nach Erteilung der Zulassung? Bislang konnten die Zulassungsbehörden dies nach der geltenden Rechtslage nur in sehr eingeschränkten Konstellationen fordern. Ist die Wirksamkeit einmal nachgewiesen, sollte sie nachher nicht mehr zur Disposition stehen. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern, denn die Europäische Kommission hat eine neue Vorschrift erlassen, nach der sogenannte „Post authorisation efficacy studies, PAES“ eventuell vermehrt anfallen könnten.

Dies kommt aber nur unter folgenden Voraussetzungen infrage:

-          Es bestehen Bedenken in Bezug auf einige Aspekte der Wirksamkeit des Arzneimittels, die erst nach Inverkehrbringen des Arzneimittels beseitigt werden können.

-          Das Verständnis der Krankheit, die klinische Methodik oder die Verwendung des Arzneimittels unter tatsächlichen Bedingungen legen nahe, dass frühere Wirksamkeitsbewertungen eventuell erheblich überarbeitet werden müssen.

Die Anwendung dieser allgemeinen Kriterien würde den Behörden einigen Spielraum lassen, die Pharmaunternehmen in Sachen Wirksamkeitsbeleg noch einmal in die Pflicht zu nehmen. Die Kommission hat die Option allerdings an weitere Bedingungen geknüpft. Unter anderem sollen ergänzende Studien zur Wirksamkeit nach der Zulassung nur dann gefordert werden können,

-          wenn etwa die erste Wirksamkeitsbewertung auf Surrogat-Endpunkten beruht hat und die Wirkung des Arzneimittels auf das klinische Ergebnis oder Fortschreiten der Krankheit noch einmal überprüft werden muss,

-          um bislang ungeklärte Unsicherheiten bei Arzneimitteln zu beseitigen, die in Kombination mit anderen Arzneimitteln eingesetzt wurden,

-          bei Unsicherheiten in Bezug auf die Wirksamkeit eines Arzneimittels in bestimmten Patientengruppen,

-          wenn Zweifel an der Wirksamkeit bestehen und diese das positive Nutzen-Risiko-Gleichgewicht ins Wanken bringen könnten, oder auch

-          wenn sich das Verständnis der Standardtherapie für eine Krankheit oder der Pharmakologie eines Arzneimittels so weit geändert hat, dass zusätzliche Beweise für seine Wirksamkeit notwendig sind.

Die neue Verordnung tritt am 30. April 2014 in Kraft. Ihre Inhalte wurden im Vorfeld heftig diskutiert, denn für die pharmazeutische Industrie könnte sie langfristig eine nicht unerhebliche Bedeutung bekommen, je nachdem, wie eng oder breit die Zulassungsbehörden von dem Instrument Gebrauch machen. Es gilt, hier die richtige Balance zwischen der Arzneimittelsicherheit und der finanziellen und technischen  Machbarkeit und Angemessenheit klinischer Studien zu bewahren. Schließlich sind die Arzneimittel auf dem Markt meistens bereits recht gut untersucht. Offene Wünsche und Fragen mögen hier freilich trotzdem immer bleiben.


Delegierte Verordnung (EU) Nr. 357/2014 der Kommission  vom 3. Februar 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Situationen, in denen Wirksamkeitsstudien nach der Zulassung verlangt werden können. Amtsblatt der Europäischen Union L 107/1 vom 10.4.2014.                             


Dr. Helga Blasius