Schweiz

Yasmin-Beipackzettel unter Beschuss

Luzern - 01.09.2015, 14:10 Uhr

Bayer muss sich erneut rechtfertigen. (Foto: rainbow33/Fotolia)

Bayer muss sich erneut rechtfertigen. (Foto: rainbow33/Fotolia)


Im Zusammenhang mit den Beipackzetteln zur Anti-Baby-Pille Yasmin® beschuldigt die Schweizer CSS Versicherung den Hersteller Bayer und die Schweizer Aufsichtsbehörde Swissmedic der unsauberen Arbeit. Die Risiken bei Einnahme der Pille seien unvollständig oder falsch dargestellt. Auslöser des Streits ist ein Fall von 2008, als eine damals 16-jährige Frau nach zweimonatiger Einnahme der Verhütungspille Yasmin® eine Lungenembolie erlitt. Seitdem ist die CSS-Versicherte schwerbehindert.

Bayer ist für die schwere Behinderung der Frau nicht haftbar. Das Bundesgericht wies im Januar 2015 Schadenersatzforderungen der Familie der Betroffenen in der Höhe von 5,7 Millionen Franken ab. Die Angaben auf der Pillen-Verpackung zum Risiko einer Thrombose waren laut höchstem Schweizer Gericht ausreichend.

Nun kritisiert die CSS die Produkteinformationen über Yasmin® in der jüngsten Ausgabe ihres Kundenmagazins erneut. Unter anderem setze Bayer das natürliche Risiko einer Thrombose viel höher an, als von Fachpersonen anerkannt, heißt es im Text. Bayer könne so das Thrombose-Risiko durch die Einnahme von Yasmin® herunterspielen, schreibt die CSS.

Weiter bemängelt der Versicherer, dass Bayer das Risiko für Thrombosen bei Schwangerschaften höher angibt als bei Yasmin®, obschon Zahlen der Schweizer Gynäkologen das Gegenteil belegen würden. Die CSS kritisiert, dass die Jahreskosten für die Nebenwirkungen der Pille zulasten der Versicherung mehr als doppelt so hoch seien wie die Einnahmen der Pharmafirma.

Bayer: Unhaltbare und unwissenschaftliche Vorwürfe

Bayer Schweiz weist die Vorwürfe und Berechnungen in einer Stellungnahme als unhaltbar und unwissenschaftlich zurück. Ausdrücklich bedauert das Unternehmen das Schicksal der nun behinderten jungen Schweizerin. Doch Bayer sieht sich im Recht: Informationen zu Medikamenten seien gesetzlich geregelt und könnten von einzelnen Unternehmen nicht nach Gutdünken verfasst werden, schreibt das Unternehmen. Jede Information müsse mit wissenschaftlichen Daten belegt werden. Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic genehmige die Informationen nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung. Bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen würden die Arzneimittelinformationen aktualisiert.

Auch Swissmedic selbst weist den Vorwurf zurück, die Informationen für die Patientinnen und Ärzte bei der Anti-Baby-Pille Yasmin® ungenügend überprüft zu haben. Die CSS habe Angaben in der Fachinformation falsch verstanden oder falsch interpretiert, teilte Swissmedic-Sprecher Peter Balzli mit.

Zum Zeitpunkt, als die Pille an die später behinderte Frau verschrieben wurde, sei es nach dem damaligen Stand der wissenschaftlichen Forschung noch nicht möglich gewesen, das erhöhte Embolie-Risiko der Pille zu kennen, heißt es in der Stellungnahme.


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