Phagro zum Rx-Versandverbot

Großhändler schießen gegen den Versandhandel

Berlin - 06.03.2017, 12:00 Uhr

Gut gekühlt: Der Großhandels-Verband Phagro behauptet in einer Pressemitteilung, dass beim Versand über Versandapotheken vorgegebene Temperatur-Regeln nicht immer eingehalten werden können. Der Vertriebsweg Großhandel-Apotheke sei sicherer. Die Großhändler unterstützen daher das Rx-Versandverbot. (Foto: Phagro)

Gut gekühlt: Der Großhandels-Verband Phagro behauptet in einer Pressemitteilung, dass beim Versand über Versandapotheken vorgegebene Temperatur-Regeln nicht immer eingehalten werden können. Der Vertriebsweg Großhandel-Apotheke sei sicherer. Die Großhändler unterstützen daher das Rx-Versandverbot. (Foto: Phagro)


Es hat lange gedauert – doch nun hat sich der Großhandels-Verband Phagro durchgerungen, die Apotheker bei ihrer Forderung nach einem Rx-Versandverbot zu unterstützen. In einer Pressemitteilung erklärte der Verband am heutigen Montag, dass der Vertriebskanal Versandhandel aus seiner Sicht schlicht zu unsicher sei.

Seit fast fünf Monaten wird in der Apothekenbranche über die Auswirkungen des EuGH-Urteils zur Rx-Preisbindung diskutiert. Mittlerweile haben sich fast alle Marktbeteiligten dazu geäußert, ob sie den Rx-Versand behalten möchten oder das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante Versandverbot von Rx-Arzneimitteln favorisieren. Der Verband der mit den Apothekern unmittelbar verknüpften Großhändler hat zu diesem Thema bislang allerdings wenig gesagt: Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper hatte Ende des vergangenen Jahres in einem Ausblick auf 2017 zwar kurz erklärt, dass er die Debatte um den Versandhandel „interessiert“ verfolge und die Initiative des BMG unterstütze. Ein (öffentliches) Engagement in jedwede Richtung des Phagro war bislang jedoch ausgeblieben. Anders hatten sich zuletzt die Apotheker-Genossenschaften Sanacorp und Noweda verhalten: Beide Unternehmen sprachen sich für das Verbot des Rx-Versandes aus.

Dafür reagiert der Großhandels-Verband nun aber umso deutlicher: In einer Pressemitteilung sagt der Phagro den Apothekern seine Unterstützung zu. Das vom BMG geplante Verbot stelle „klar den Patientenschutz in den Vordergrund“ und stärke „die Qualität und Zuverlässigkeit der etablierten Lieferkette für sichere Arzneimittel“. Die Grossisten weisen darauf hin, dass das Ziel des BMG-Entwurfes sei, die Arzneimittelversorgung flächendeckend zu gewährleisten. Und aus Sicht des Phagro gehören dazu auch „höchste Standards“ beim Transport der Medikamente.

Phagro: Vertriebskanal Apotheke ist der sicherste Weg

Der Verband stellt in seiner Mitteilung den Vertriebsweg über die Apotheke vor Ort als sicherste Variante dar. „Wer heute ein verschreibungspflichtiges Medikament in einer öffentlichen Apotheke kauft, kann sicher sein: In der gesamten Transportkette vom Hersteller bis zur Abgabe in der Apotheke werden geltende Vorschriften strengstens eingehalten und überwacht.“ Beispiele dafür seien der Transport und die Lagerung bei bestimmten Temperaturen. „Die pharmazeutischen Großhändler in Deutschland garantieren, dass die von ihnen transportierten Arzneimittel in der Regel nicht länger als zwei Stunden und temperiert in einem Lieferfahrzeug verbleiben. Zudem bestätigen die Hersteller, dass kurzzeitige Über- oder Unterschreitungen der Temperatur die Qualität der Arzneimittel nicht beeinträchtigen“, erklärt der Phagro.

Vom Vertriebskanal Versandhandel sind die Großhändler hingegen nicht überzeugt. Der Phagro meint, dass die Versender nicht die gleichen Sicherheitsvorkehrungen beim Transport beachten. So schreibt der Verband: „Völlig anders ist die Situation im Versandhandel: Die Ware wird zum Transport an einen Kurierdienst übergeben und zunächst in ein Verteilzentrum transportiert, das in der Regel nicht temperiert ist. Von dort wird die Sendung in Auslieferfahrzeuge verladen, die ebenfalls meist nicht klimatisiert, oft aber über viele Stunden unterwegs sind.“

Halten Versandhändler die Temperatur-Vorgaben ein?

Der Großhandels-Verband malt ein düsteres Bild: „An einem heißen Hochsommertag erreichen die Temperaturen im Laderaum eines solchen Fahrzeugs leicht weit mehr als 40 Grad Celsius. Im ungünstigsten Fall kann die Sendung nicht zugestellt werden und das Arzneimittel kehrt nach acht bis zehn Stunden Hitzefahrt in ein Verteilzentrum zurück. Am folgenden Tag beginnt die Prozedur erneut – oder der Empfänger kann sich die Sendung in einem Shop abholen. Auch diese sind in der Regel nicht klimatisiert.“ Zu „keinem Zeitpunkt“ findet laut Phagro bei Versandhändlern eine Kontrolle der Liefertemperaturen statt. Für den Patienten bringe das „unüberschaubare Risiken“ mit sich.

Ohnehin bringt der Phagro nicht viel Verständnis dafür auf, warum Patienten ihre Rezepte beim Versandhandel einlösen wollen. Der Rx-Versand biete auch keinen zeitlichen Vorteil gegenüber der Apotheke vor Ort. „Einsendung des Rezepts, Bearbeitung und Versandweg des Medikaments erfordern durchschnittlich ein bis zwei Tage. In einer öffentlichen Apotheke, die aus dem Großhandel täglich mehrfach unverzüglich und bedarfsgerecht beliefert wird, erhält der Patient sein Medikament in aller Regel innerhalb weniger Stunden“, heißt es in der Mitteilung. Phagro-Chef Trümper kommt daher zu dem folgenden Fazit: „Auch vor dem Hintergrund der schnellen und vor allem sicheren Versorgung der Patienten mit qualitativ hochwertigen und einwandfreien Medikamenten ist das generelle Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln der richtige Weg.“

Ihre Position können die Großhändler in den kommenden Tagen auch dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vortragen. Denn bis zum 15. März haben die Fachverbände im Gesundheitswesen noch die Möglichkeit, den vom BMG vorgelegten Gesetzentwurf zum Rx-Versandhandelsverbot zu kommentieren.

Links-Fraktion fragte bereits nach Temperaturführung

Das Thema „Temperaturführung im Versandhandel“ war vor etwa anderthalb Jahren bereits in der Politik diskutiert worden. Zuvor hatte die Apothekerkammer Nordrhein bei einer Stichprobe festgestellt, dass die Temperatur in Päckchen während des Arzneimittelversands an sehr heißen Tagen während der Hälfte der Transportzeit über den für die Lagerung von Arzneimitteln maximal zulässigen 25 Grad Celsius lag. Daraufhin hatte Kathrin Vogler, Arzneimittelexpertin in der Linksfraktion des Bundestages, die Bundesregierung gefragt, ob und wie sie solche Temperaturüberschreitungen verhindern wolle.

Darauf hatte das Bundesgesundheitsministerium geantwortet, dass der Bundesregierung über Verstöße von Versandapotheken gegen vorgegebene Lagertemperaturen keine „näheren Erkenntnisse“ vorlägen. Für Apotheken, die Arzneimittel an Endverbraucher lieferten, gelten die „Good Distribution Practices“ (GDP) „insoweit nicht“, hieß es in der Antwort. Dafür müssen sich aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums Versandapotheken an das Apothekengesetz und an die Apothekenbetriebsordnung halten und mit „einem Qualitätssicherungssystem sicherstellen“, dass ein Arzneimittel so „verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt.“ Für die Kontrolle seien die Landesbehörden zuständig. Vogler erklärte daraufhin, dass sie eine „Benachteiligung des Versandhandels“ sehe. Sie könne nicht verstehen, warum die Versender sich nicht an die Vorgaben halten müssten. Vielmehr sparten die Versandapotheken Geld – zulasten der Patientensicherheit.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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Ei, ei, ei, ein Transportproblem

3 Kommentare

Angst der Apotheker sich nicht mehr 3 Porsche leisten zu können

von Wolfgang Träger am 07.03.2017 um 16:01 Uhr

Für chronisch Kranke ist der Versandhandel die beste Möglichkeit viele Euros zu sparen. Unsere Apotheken kämpfen doch schon lange, dass sie wieder alleine ihre 5 Euro Rezeptgebühr verlangen können. Sonnst sterben die ach so vielen Apotheken evtl. Aus.
Zur Lieferkette eine Anmerkung. Die Apotheken auf dem Land werden von Privatleuten mit ihren eigenen PKW beliefert. Die Arbeiten auf 450 Euro Basis. DA IST KEIN FAHRZEUG KLIMATISIERT.
Dieses Gesetz soll wieder einmal nur die großen schützen, damit den ach so armen Apothekern kein Cent verlieren. Hoch leben sollen sie, die Lobbyisten. Die kleinen Leute die das Geld nötig haben und sich durch den Versand einige Euro sparen könnten sind wieder die Dummen.
Arme Politik!!!!!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Angst der Apotheker sich nicht mehr 3

von tumtrah am 24.03.2017 um 11:04 Uhr

1. Die Apotheker kassieren die 5€ sehr ungern für die Kassen und geben diese zu 100% an die Versicherungen weiter.
2. Die Kühlung ist Dank Spezialverpackung auch in umklimatisierten Fahrzeugen für mehrere Stunden gewährleistet.
3. Irgendwann sind in strukturschwachen und dünn besiedelten Regionen die letzten Einzelhandelsgeschäfte (und auch Apotheken) Dank Schnäppchenjagd und Versand verschwunden. Tschüss Versorgung und Lebensqualität. Der letzte macht das Licht aus! Hauptsache vorher noch mal zwei Euro gespart.

Manchmal dauert es eben etwas länger ...

von Christian Timme am 07.03.2017 um 4:03 Uhr

Fliegt ein abstürzender Apotheker am zweiten Stockwerk vorbei und denkt, bis jetzt ist alles in Ordnung ... eine Sekunde später liegt er neben dem Amazon-Geschenk ...

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