Barrierefreiheit

Drei Stufen zu viel: Apotheke darf nicht wiedereröffnet werden

Berlin - 20.09.2018, 12:45 Uhr

Die traditionsreiche Pelikan-Apotheke in Düsseldorf steht vor dem Aus, weil drei Stufen am Eingang eine Wiedereröffnung verhindern. (r / Foto: Knell)

Die traditionsreiche Pelikan-Apotheke in Düsseldorf steht vor dem Aus, weil drei Stufen am Eingang eine Wiedereröffnung verhindern. (r / Foto: Knell)


Fehlende Barrierefreiheit verhindert Wiederöffnung der Apotheke

Apothekerin Knell würde die Apothekentradition der Pelikan Apotheke gerne weitergeführt sehen. Dementsprechend wünscht sie sich, die Räume wieder an eine Apothekerin oder einen Apotheker vermieten zu können. Allerdings sei das zurzeit nicht möglich, da laut einem Bescheid des Gesundheitsamtes Düsseldorf aufgrund eines fehlendem barrierefreien Zugangs zur Offizin erst wieder eine Betriebserlaubnis erteilt werden könne, wenn die Räume über die seit 2012 von der Apothekenbetriebsordnung (§ 4 Absatz 2a ApBetrO) geforderte Eignung verfügen. 

Drei Stufen vor der Apotheke stellten von nun an ein großes Hindernis dar – zumindest aus Sicht der Behörden. Ein Hindernis, das aus baulichen und baurechtlichen Gründen aber nicht ohne weiteres behoben werden könne, so Knell. „Bisher konnten wir die Situation durch eine Klingel und die Hilfe des Apothekenpersonals immer zufriedenstellend lösen“, ergänzt sie. Zudem sei die Apotheke bei den Kunden immer sehr beliebt gewesen. Viele sprächen sie auch jetzt noch auf den Leerstand an und äußerten ihr Bedauern. In Aushängen in den Schaufenstern der Apotheke vertröst Knell seither die bisherige Kundschaft. Sie könne jedoch auch nicht absehen, ob und wann eine Wiedereröffnung möglich sei. 

Verzicht auf Betriebserlaubnis: Wiederöffnung wäre Neueröffnung

Die Krux bei der Geschichte sei, dass der vorherige Besitzer die Betriebserlaubnis nicht nahtlos an einen Nachfolger weitergegeben habe, sondern stattdessen darauf verzichtet habe, erläutert Knell. Die Entscheidung des Gesundheitsamtes, die Erteilung einer erneuten Betriebserlaubnis unter den gegebenen Umständen zu verweigern, würde dementsprechend auch mit der Tatsache begründet, dass es sich dann um eine Neueröffnung handeln würde. Ein neuer Inhaber wisse zudem um die Problematik und könne sich im Vorfeld darauf einstellen. Es handele sich also um keine unbillige Härte, berichtet die Apothekerin über die Begründung des Gesundheitsamtes.

Dr. Dorothee Knell leitete bis 2015 die Pelikan Apotheke. (Foto: Knell)

Ausnahmetatbestand des Bestandsschutzes greift nicht 

Dorothee Knell berichtet DAZ.online von ihren Bemühungen, die Apotheke als Apotheke zu erhalten. So habe sie, obwohl seit 2015 in München lebend und als Künstlerin erfolgreich, in Erwägung gezogen, die Apotheke wieder selbst zu leiten. Allerdings sei ihr die Betriebserlaubnis wegen ihrer längeren beruflichen Pause nicht erteilt worden. Begründet habe das Gesundheitsamt die Ablehnung mit dem Verweis auf das Apothekengesetz (§ 2 Abs. 3 ApoG), wonach einem Approbierten keine Erlaubnis erteilt werden kann, wenn er mehr als zwei Jahre lang ununterbrochen keine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt hat. Knell könnte diese dementsprechend erst wieder erhalten, wenn sie mindestens sechs Monate ununterbrochen pharmazeutisch tätig gewesen ist. Auch ihre zeitweisen Vertretungstätigkeiten haben nicht ausgereicht, so Knell.

Allerdings bestünde in jedem Fall noch die Problematik der nicht vorhandenen Barrierefreiheit. Hier hofft Knell auf einen Bestandsschutz für bereits existierende Apotheken und eine Härtefallregelung, da der Umbau so gut wie unmöglich sei. Von der Apothekerkammer Nordrhein, bei der sie sich Beratung für ihren Fall eingeholt hatte, hätte sie unter anderem als Antwort bekommen, dass der Kammer keine Fälle bekannt seien, in denen Bestandsapotheken aus beschriebenen Gründen geschlossen worden seien. Ferner solle sie auf die Wichtigkeit einer wohnortnahen Versorgung hinweisen, die besonders auch für gehbehinderte Kunden bedeutsam sei. Die Untersuchung, ob eventuell ein Ausnahmetatbestand vorliegen könne, sei von Gesundheitsamt ans Rechtsamt der Stadt weitergeleitet worden, und schließlich negativ beschieden worden, erläutert Knell enttäuscht.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Jo mei

von Peter Lahr am 21.09.2018 um 12:28 Uhr

Auf DAZ Zitat:

"Nach § 4 Abs. 2a Satz 1 ApBetrO n. F. "soll" die Offizin barrierefrei erreichbar sein. Eine Soll-Vorschrift ist für den Juristen eine Bestimmung, die ein Tun oder Unterlassen für den Regelfall vorschreibt, Abweichungen aber bei Vorliegen besonderer Umstände gestattet.

Lässt sich die Barrierefreiheit nur mit einem solchen Aufwand erreichen, der außer Verhältnis steht zu dem mit ihm verfolgten Zweck oder rechtlich gesehen schon gar nicht zulässig ist (mangels öffentlich-rechtlicher Genehmigungsfähigkeit) und andere Maßnahmen zur Herbeiführung von Barrierefreiheit ausscheiden, kann daher davon abgesehen werden, den Zugang zur Offizin barrierefrei zu gestalten. Ein weiterer Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang kann auch sein, ob sich eine (bereits jetzt schon) barrierefrei zugängliche Apotheke im näheren Umkreis befindet."

Ergo überinterpretiert die Behörde wohl durch die Auslegung von SOLL zu MUSS. Ob man in diesem Zusammenhang schon von Willkür sprechen kann sei dahingestellt.

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