Konsequenz aus Europawahl

Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) wechselt nach Brüssel

Berlin - 27.05.2019, 17:50 Uhr

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU) hat es ins Europäische Parlament geschafft. Ihren Posten als Drogenbeauftragte wird sie abgeben. Für ihre restriktive Drogenpolitik hatte Mortler massive Kritik geerntet. (r / Foto: imago images / photothek)

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU) hat es ins Europäische Parlament geschafft. Ihren Posten als Drogenbeauftragte wird sie abgeben. Für ihre restriktive Drogenpolitik hatte Mortler massive Kritik geerntet. (r / Foto: imago images / photothek)


Die CSU-Bundestagsabgeordnete und amtierende Drogenbeauftragte Marlene Mortler kann sich freuen: Den Wahlergebnissen der Europawahl zufolge ist Mortler ein Sitz im Europaparlament sicher. Dieser Karrieresprung hat unmittelbare Konsequenzen für die Gesundheitspolitik hierzulande. Denn mit ihrem Wechsel zum 1. Juli wird Mortler nicht nur ihren Sitz im Bundestag, sondern auch ihr Amt als Drogenbeauftragte nach fünf Jahren aufgeben. 

Europa hat gewählt. Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge muss nicht nur die SPD, sondern auch die CDU schwere Verluste hinnehmen. Etwas anders sieht es bei der bayerischen Schwesterpartei CSU aus, die sich um 1 Prozentpunkt auf 6,3 Prozent steigerte. Damit hat es die CSU-Bundestagsabgeordnete und amtierende Drogenbeauftragte Marlene Mortler, Platz 6 der Landesliste, ins Europäische Parlament geschafft. 

Nachfolge noch unbekannt

Ihren Sitz im Bundestag muss die CSU-Politikerin damit aufgeben. So ist die Tätigkeit in einem nationalen Parlament nicht mit der im Europaparlament vereinbar. Auf regionaler Ebene, als im Landtag könnte Mortler theoretisch weiterhin aktiv sein.

Für Deutschlands Gesundheitspolitik ergibt sich noch eine weitere Konsequenz. Und zwar wird die CSU-Politikerin nach fünf Jahren auch von ihrem Amt als Drogenbeauftragte Abschied nehmen. Dazu erklärte ihre Pressesprecherin: „Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Europawahl am 26. Mai 2019 wird die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, zum 2. Juli* Mitglied des Europäischen Parlaments. Ihre Aufgaben als Drogenbeauftragte wird sie bis zu einer geordneten Übergabe weiterführen.“ Wer die Nachfolge des bislang CSU-geführten Amtes antreten wird, ist noch nicht bekannt.

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Anmerkung der Redaktion 28.5.2019 10:00: Am heutigen Dienstag teilte uns die Pressestelle der Drogenbeauftragten mit, dass Frau Mortler ihr Mandat in Brüssel ab dem 2.7. und nicht ab 1.7. 2019 antritt.

Mortler wurde im Youtube-Video von Rezo kritisiert

Mortlers restriktive Drogenpolitik ist hierzulande umstritten. Die CSU-Politikerin hatte sich stets gegen jegliche Lockerung der Cannabis-Prohibition gestellt. Dafür erhielt sie massive Kritik von den Oppositionsfraktionen Grüne, Linke und FDP im Bundestag sowie von großen Teilen der Bevölkerung – insbesondere der jüngeren Generationen.  

Zuletzt wurde sie auch in dem Video („Die Zerstörung der CDU") des Youtubers „Rezo“ erwähnt. Rezo nannte die CSU-Politikerin als Beispiel für die „krasse Inkompetenz“ innerhalb der Unionsparteien. Um diese Aussage zu belegen, zeigt Rezo Ausschnitte aus einem früheren Interview des Journalisten Tilo Jung („Jung und Naiv“) mit Mortler. Auf die Frage, warum Cannabis verboten sei, erwiderte sie statt einer Begründung: „Weil Cannabis eine illegale Droge ist. Punkt.“ Die CSU-Politikerin wird von Jung auch auf die Entkriminalisierung der Drogen in Portugal angesprochen und auf die Erfahrungen, die der Staat damit gesammelt hat. Mortler waren diese Regelungen offenbar nicht bekannt.

„Lobbyisten reden Patienten ein, dass Cannabis die beste Medizin ist“

Auf der anderen Seite hatte Mortler auch die Gesetzesänderung im SGB V begleitet, mit der es seit dem 10. März 2017 möglich geworden ist, Cannabis auf Kosten der Krankenkassen zu verordnen. Dabei betonte Mortler von Anfang an, dass Medizinalhanf kein „Wundermittel“ sei.  

Dass seit dem Inkrafttreten die Zahl der Cannabis-Verordnungen trotz des komplexen Genehmigungsprozesses steigt, führt Mortler Medienberichten zufolge nicht etwa auf positive Therapieerfahrungen, sondern vielmehr auf Lobbyeinflüsse zurück: „Uns ist vollkommen klar, dass es Druck von Patienten gibt, denen von Lobbyisten eingeredet wird, dass Cannabis immer die beste Medizin ist“, sagte Marlene Mortler Mitte März am Rande einer UN-Drogenkonferenz in Wien.

Konsequent gegen Tabakwerbung

Mehr Zuspruch erhielt Mortler für ihr Engagement für ein umfassendes Tabakwerbeverbot, für das sie sich ihre Amtsperiode hindurch konsequent eingesetzt hatte. Allerdings scheiterte sie bisher am Widerstand des ehemaligen Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder. Nach dessen Abwahl hat sich die Situation geändert. So hatte Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) vor einem Monat erklärt, dass ein entsprechender Gesetzesantrag voraussichtlich noch in diesem Jahr den Bundestag passieren würde. Möglicherweise könnte das Verbot von Tabakwerbeplakaten eines von Mortlers letzten Projekten werden, an denen sie vor ihrem Wechsel nach Brüssel arbeitet.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Warum kein Rücktritt aus der Politik?

von Fredling am 28.05.2019 um 15:40 Uhr

Die Frau hat fachlich auf kompletter Linie versagt. Natürlich hatte sie nie die berufliche Fachkompetenz um als Drogenbeauftragte zu fungieren. Allerdings hat sie, obwohl sie keine medizinische relevante Ausbildung hat, auch politisch komplett versagt. Ihre einzige Aufgabe war es weltfremd und zum Fremdschämen einfach nur Nein zu sagen. Nach den Lachnummern sollte sie nicht nach Brüssel sondern in die nicht verdiente Rente. Nur weiter so meine liebe CDU. Irgendwann gibt es deren Wähler, die über Haschgiftspritzer schimpfen, nicht mehr. Freue mich schon auf die nächste Lachnummer.

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Die Union lernts einfach nicht

von Gregor Dinakis am 27.05.2019 um 23:41 Uhr

Wenn eine Frau von Anfang an eine absolute Fehlbesetzung war, dann war/ist das definitiv Frau Mortler.

Das einzig positive, was ihre 5 Jahre erbracht haben, die Freigabe vom medizinischen Cannabis war doch auch nur eine reaktionäre Maßnahme, als die ersten Ausnahmepatienten bis vors BGH ziehen mussten, um deren Eigenanbau zu erstreiten.
Und selbst dann konnte man ihr anmerken, wie die Zahnräder im Kopf heftig am knirschen waren, aufgrund solch gehäufter Borniertheit.

Wenn Rezo von "krasser Inkompetenz" spricht, komme ich ebenfalls nicht drumrum, in erster Linie u.a. an Mortler zu denken (weitere Kandidaten: Altmeier, Seehofer, von der Leyen, Karliczek, Klöckner, Scheuer).
Spahn kann man, bei allen Differenzen, zugute halten, dass er verstanden hat, was von ihm erwartet wird: dass endlich mal was getan wird und das Tempo anziehen muss (zugegeben, nach Gröhe erscheint jeder, der sich halbwegs was vorgenommen hat, als wäre ADHS im Spiel).

Dass Mortler als Reaktion auf die Europawahl direkt den nächsten Posten zugewiesen bekommt, zeigt, dass die CDU aus diesem Europa-Wahldebakel null komma nichts verstanden hat.

Viel Spaß als Juniorpartner unter grüner Federführung bei den nächsten Koalitionsverhandlungen. Den Rest wird AKK bis dahin schon (zugrunde) richten.

Das wäre übrigens auch so ein Thema, wo sich die Apotheken-Lobby frühzeitig (!), also jetzt (!!!) drum kümmern könnte:
Wie verändert ein (gar nicht mal unwahrscheinliches) grünes Gesundheitsministerium die AvO-Landschaft ab 2021? Besteht überhaupt die Lust, einen 10 Mrd.-Markt (nur für D) für sich zu beanspruchen, einfach weil wir die nötige Expertise für einen möglichen OTC-Cannabismarkt mit ins Rennen bringen? Am besten natürlich mit einem entsprechenden Versandverbot, da könnt ihr es dann wieder auspacken.

Bundesweit macht sich jetzt wohl die Schnappatmung breit, dass die Apotheken dann zu Dealern verkommen würden.

Nein, werden wir nicht. Wir versteuern unsere Gewinne.
Arbeitet mal an eurem Selbstbild.

Vor der ganzen "War on Drugs"-Propaganda waren das auch apothekenübliche /-exklusive Waren (an dieser Stelle zu empfehlen ist die Quarks-Folge vom 14.05.2019).

Hier tut sich gerade eine einmalige Chance, rechtzeitig die Weichen zu stellen.

Aber wem mache ich hier was vor? Wir reden hier immerhin über die ABDA. Sie wird genauso untätig und reaktionär verbleiben, wie die große Koalition es ebenfalls macht.


Bis dann irgendwann in 20 Jahren, wenn quasi der Rest der Welt schon soweit ist, Deutschland endlich nachziehen wird. Nur wird dann der Zeitpunkt längst vorbei sein, vom gesellschaftlichen (unaufhaltbaren) Wandel maßgeblich zu profitieren bzw. die entsprechende Industrie hierzulande anzusiedeln.

Zurück zu Mortler und wer ihr/e NachfolgerIn wird:

Es ist völlig egal, JEDE/R ist besser für den Posten geeignet.

Es kann definitiv nicht schlimmer kommen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Gegen die Dröhnung

von Stefan Haydn am 28.05.2019 um 14:51 Uhr

Ich finde man kann dann schon auch von Apotheken als Dealer sprechen.
Nur weil es etwas früher schon gab, bedeutet dies noch lange nicht, dass es deswegen besser war. Man hat auch mal ohne Probleme Opiate und Kokain in Apotheken kaufen können.
Zählt eigentlich immer nur die Meinung der Schönredner der Freigabe und der Genussjünger?
Was ist mit den Leuten die einen Konsum bewußtseinsverändender Substanzen zum Spaß eher kritisch sehen?
Da hilft dann eine Volksbefragung vielleicht, ich fürchte nur, falls die nicht das gewünschte Ergebnis der Freigabe bringt, wird dies nicht akzeptiert werden.

AW: Die Union lernts einfach nicht

von Gregor Dinakis am 28.05.2019 um 15:13 Uhr

Wenn Sie dann von Dealern sprechen wollen, dann fangen Sie doch ein bisschen vorher an: bei den knapp 2 Mio. Medikamenten-Abhängigen, die ihre Benzos und Schlafmittel teilweise jahrelang auf Privatrezept erhalten, ohne dass die Apotheke diese Missstände anspricht. Würde ja gerade in unseren Zeiten zu noch mehr Umsatzeinbußen führen...


Darüber hinaus ist es wissenschaftlicher Konsens, dass die Prohibition bei weitem mehr Probleme verursacht, als die Substanzen an sich.

Um die 2 Suchtmediziner aus der Quarks-Folge zu zitieren: "Ein Heroinabhängiger kann heute 100 Jahre alt werden."

Also entweder wird konsequent die Prohibion verschärft und Tabak & Alkohol (als die bei weitem schädlicheren Substanzen) werden ebenfalls verboten oder man lässt rationale Vernunft walten und hört mit dieser ursprünglich rassistisch motivierten Dämonisierung auf, die von den USA weltweit durch die UN-Konventionen diktiert wurde, um ihrerseits Kriege zu exportieren und mit den eigenen Minderheiten die Gefängnis-Industrie zu beliefern.

Der inkonsequente Status quo ist hingegen nur schizophren & scheinheilig.

Ebenso ist die Kriminalisierung schlicht verfassungswidrig, weil unverhältnismäßig.

Kleiner Ausblick: die Welt wird sich nach einer Liberalisierung noch weiter drehen.

AW: Die Union lernts einfach nicht

von Dr. Ralf Schabik am 31.05.2019 um 23:23 Uhr

Haben Sie mal mit Frau Mortler persönlich gesprochen, oder beziehen Sie Ihre Informationen aus Sekundär- oder gar Tertiärquellen ?
In Ihren Zeilen stecken jedenfalls etliche gravierende inhaltliche Fehler.
Wenn Sie den politischen Werdegang von Frau Mortler falsch skizzieren, kann mir das noch egal sein - aber wenn Sie die "Freigabe von medizinischem Cannabis" in einen Satz mit dem Eigenanbau werfen, dann kann ich da als Kämpfer für einen rationalen Einsatz von Cannabis für Patienten nur den Kopf schütteln.

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