Westfalen-Lippe

Was sagt die Kammer zum Islam-Apotheker?

Berlin - 08.08.2019, 07:00 Uhr

Apotheker Bernd Redemann aus Haltern am See will seine Kunden vom Islam überzeugen. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat jetzt angekündigt, sich die Sache genauer anzuschauen. (m / Foto: Redemann)

Apotheker Bernd Redemann aus Haltern am See will seine Kunden vom Islam überzeugen. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat jetzt angekündigt, sich die Sache genauer anzuschauen. (m / Foto: Redemann)


Eine Apotheke im westfälischen Haltern am See sorgt derzeit für Schlagzeilen: Inhaber Bernd Redemann ist zum Islam konvertiert und seine Offizin mit mehreren arabischen Schriftzügen ausgestattet. DAZ.online erzählte er, dass es seine Pflicht sei, Menschen vom Islam zu überzeugen. Wer dem nicht folge, komme in die Hölle. Die für ihn zuständige Apothekerkammer Westfalen-Lippe erhält zu diesem Thema derzeit vermehrt Medienanfragen. Gegenüber DAZ.online erklärte ein Kammersprecher, dass man sich die Situation nun genauer anschauen will.

Darf ein Apotheker seinen Versorgungsauftrag nutzen, um Patienten von einer Religion zu überzeugen? Genau das passiert derzeit in einer Apotheke im westfälischen Haltern am See. Der Apothekeninhaber Bernd Redemann sagte gegenüber DAZ.online zwar, er wolle seine Botschaft niemandem „aufdrängen“. Trotzdem hat er seine gesamte Apotheke mit auffälligen Schriftzügen in arabischer Sprache ausgestattet, trägt T-Shirts mit Sprüchen zum Islam und gibt zu: „Ich habe nach einem Weg gesucht, wie ich meinen Beruf damit verbinden kann, den Menschen auch den Islam nahezulegen.“

Denn als Muslim, so sagt er, habe er nun einmal die Pflicht, den Menschen die „wahre Botschaft Gottes“ ans Herz zu legen. „Ich zwinge da niemanden zu. Ich verkaufe hier ganz normal die Arzneimittel, und es gibt auch die ganz normale und vorgeschriebene Beratung“, sagt er. Er halte sich an die Gesetze und wolle seine Botschaft auch niemandem aufdrängen. „Aber wenn die Kunden nach den Kalligrafien oder dem T-Shirt fragen, dann komme ich mit ihnen über den Islam ins Gespräch“, sagt er. Seine Botschaft ist dann aber klar: Man müsse die Menschen warnen, dass „nur die Rechtgläubigen ins Paradies“ kämen. Jeder Mensch, der den Islam nicht annähme, gehe in die Hölle, meint er.

AKWL: Es gibt keine Beschwerde, aber wir sind aktiv

Die Polizei sei zwar einmal in seiner Apotheke gewesen, habe sich aber nur umgeschaut und sei dann wieder verschwunden, erklärt Redemann. Auch für die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) ist der Halterner Apotheker zum Thema geworden. Nach der Berichterstattung in den Lokalmedien melden sich nun immer größere Medien bei der AKWL, auch der WDR hat bereits berichtet. Und in den sozialen Netzwerken wird die Kammer gefragt, wie sie denn dazu stehe. In einem ersten Statement gegenüber der „Halterner Zeitung“ erklärt sie, dass es bislang keine Beschwerden über den Apotheker gegeben habe. Es sei nicht verboten, religiöse Gespräche zu führen, der Apotheker dürfe aber nicht seine Vertrauensposition ausnutzen, so der Kammersprecher.

Gegenüber DAZ.online kündigte die AKWL in einem ausführlicheren Statement nun an, sich die Situation in Haltern genauer anzuschauen. Das Statement im Wortlaut:

Apotheken sind für die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zuständig und zwar ohne Ansehen von ethnischer Herkunft, Religion oder Geschlecht. Sie sind kein Platz für Missionierungen – ganz gleich für welche Religion oder Weltanschauung. Der Versorgungsauftrag muss grundsätzlich und verantwortungsvoll erfüllt werden. Er ist grundsätzlich höher zu bewerten als die persönliche Weltanschauung des Apothekers. So müssen Apotheker alkoholhaltige Arzneimittel ebenso abgeben wie die Anti-Baby-Pille. Gerade katholisch-konservative Apotheker haben sich in der Vergangenheit beispielsweise geweigert, die Anti-Baby-Pille abzugeben. Solch ein Verhalten ist nicht akzeptabel und wird sanktioniert. Auch die Empfehlung einer bestimmten Religiosität als Mittel der Gesundung ist nicht hinnehmbar. Hier drohen im empfindliche Strafen.

Es gilt außerdem, dass der Vertrauensvorschuss, den Apothekerinnen und Apotheker aufgrund ihrer hervorgehobenen Stellung genießen, nicht missbraucht werden darf. Kranke Patienten sind oft geschwächt und eventuell leicht beeinflussbar. Das darf auf keinen Fall ausgenutzt werden – egal ob für religiöse oder politische Zwecke. Klar ist aber auch, dass Patienten von sich aus einen Apotheker nach seiner Weltanschauung fragen dürfen und dann ein Gespräch stattfinden darf. Das garantiert die Religionsfreiheit. Trotz intensiver Diskussionen zum Thema gibt es – Stand heute – keine konkrete Patientenbeschwerde, die auf ein unfreiwilliges Gespräch hinweist oder auf eine anderweitige Pflichtverletzung.

Die AKWL befindet sich im Austausch mit der Aufsichtsbehörde, dem Kreis Recklinghausen, und wird die aktuelle Entwicklung genau beobachten. Wir werden den Apotheker zu einer Stellungnahme auffordern und präventiv auf seine Pflichten hinweisen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Apotheke

von Y.S. am 09.08.2019 um 15:30 Uhr

Super idee! Mit Sanft und Liebe geht Er an die Sache ran! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei! Und alle die dagegen sind gehen halt in eine andere Apotheke, es gibt genug Apotheken in Deutschland :) Also nicht rumheulen :)

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Oberwienig

von Dr Schweikert-Wehner am 08.08.2019 um 18:28 Uhr

Da ist mal eine Erklärung der Kammerpräsidentin angesagt. Bitte auch in den öffentlichen Medien.

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Islam Apotheker

von Hartmut Bartelt am 08.08.2019 um 11:55 Uhr

Ich finde einen "Laden", in dem man mir irgendeine politische oder religiöse Weltanschauung aufs Auge drücken will, absolut indiskutabel. Dort kaufe ich dann nichts mehr ein!
Typisch für unseren Stand ist dann aber die Selbstkasteiung. Egal, ob zehn Treppenstufen vor der Apotheke, fehlende Fortbildung, schlechte Beratung oder untragbare persönliche Einstellungen, der Kunde und Patient hat (noch) die Wahl. Wozu also immer gleich nach der Kammer rufen, Gesetze oder Verordnungen erlassen?

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Sommerloch

von Gabi Umminger am 08.08.2019 um 11:00 Uhr

... erinnert mich an einen Cartoon, bei dem die Islamisten ein Schild aufstellen "Sommerpause" - fragt der eine den anderen: Aber wer wird nun den Ungläubigen Angst und Schrecken einjagen, wenn wir Pause machen? Antwort des anderen: TRUMP :)

mal im Ernst: wer seine religiöse Überzeugung anderen gerne überstülpen möchte, kann dies gern außerhalb seiner beruflichen Aktivitäten versuchen, aber im Job hat das NIX verloren meiner Ansicht nach!

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Islam-Apotheke

von Martin Heineke am 08.08.2019 um 8:55 Uhr

Die DAZ sollte nicht auf den Zug der AfD aufspringen und von Islam-Apotheke reden. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen hier in Berlin mit arabisch-muslimischen Hintergrund, die eine ganz normale Apotheke führen.
Man muss da ja nicht einkaufen.
Es herrscht grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit.
Auch Nicht-Katholiken komme in die Hölle.
Punkt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Islam-Apotheke

von Karl Friedrich Müller am 08.08.2019 um 11:25 Uhr

Das hat mit Religionsfreiheit nichts zu tun.
Eine Apotheke ist eine Apotheke und keine Kirche. Ich möchte beim Einkaufen nicht missioniert werden. Mir ist es völlig gleichgültig, welcher Religion jemand anhängt.
Und die Hölle gibt es nicht. ( Allenfalls in der Apotheke zu Lebzeiten) Genauso wenig wie die Jungfrauen. Um auch mal missionarisch unterwegs zu sein

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