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Bottroper Zyto-Prozess
BGH lehnt Revisionen von zahlreichen Patientinnen von Peter S. ab
Im Strafprozess gegen den Bottroper Apotheker Peter S. hat der Bundesgerichtshof erste Entscheidungen getroffen: Er verwarf die Revisionsanträge von mehreren Nebenklägerinnen als unzulässig. Andere Revisionsanträge sind noch offen – so auch der des angeklagten Apothekers.
Bald zwei Jahre nachdem der Bottroper Apotheker Peter S. zu zwölf Jahren Haft, lebenslangem Berufsverbot und Einziehung von 17 Millionen Euro verurteilt worden ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) erste Beschlüsse im Revisionsverfahren gefällt. Nach Informationen von DAZ.online hat er mehrere Revisionsanträge von Patientinnen verworfen, die sich als Nebenklägerinnen dem Prozess angeschlossen hatten: Sie können sich nicht sicher sein, ob für sie hergestellte Zytostatika in ausreichender Menge Wirkstoff enthielten – oder nur Kochsalz oder einen anderen Wirkstoff, wie es laut der Beweiserhebung des Landgerichts Essen teils der Fall war.
Bislang hat der BGH Beschlüsse verschickt, bei denen er entsprechend der Anträge des Generalbundesanwalts die Revisionen aus Rechtsgründen als unzulässig angesehen hat: Etwa da nicht ausreichend konkret benannt wurde, wie die jeweilige Geschädigte betroffen war. Während die Staatsanwaltschaft jegliche strafbare Handlung verfolgen kann, können Nebenkläger nur Revision in Bezug auf Gesetzesverletzungen beantragen, die sie selbst betreffen. „Ich habe das erwartet“, sagt Peter Strüwe, Strafverteidiger von Peter S., angesichts der abgewiesenen Revisionsanträge. „Ich bin ein bisschen erstaunt gewesen, als ich das damals gelesen habe.“
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Aus Rechtsgründen als unzulässig verworfen hat der BGH auch einen Antrag des Rechtsanwalts Khubaib Ali Mohammed: Dieser hatte auf eine spätere Verurteilung wegen Mordes abgezielt. Hierzu hatte Mohammed ein Gutachten der Juristin Frauke Rostalski von der Uni Köln erstellen lassen, die seit kurzem auch Mitglied des Deutschen Ethikrats ist. Für mehrere andere der von ihm vertretenen Nebenkläger stehen Entscheidungen zu den Revisionsanträgen jedoch noch aus, sagt Mohammed – er rechne in den nächsten Wochen hiermit.
„Sowohl unsere Argumente als auch die Gegenargumente des Generalbundesanwalts sind gewichtig“, sagt Mohammed. Falls auch die anderen Anträge abgelehnt werden, sieht er den Gang zum Bundesverfassungsgericht als nicht zielführend an, da dieses keine „Superrevisionsinstanz“ ist. „Dort werden nur einzelne Verfassungsverstöße geprüft und nicht jedes Urteil, bei dem man juristisch die Sache anders bewertet als der BGH.“ Von einem „juristischen Sieg“ von S. könne angesichts der langjährigen Haftstrafe, die das Landgericht Essen ausgestellt hat, keine Rede sein. Aber keine Strafe der Welt könne das Leid und den menschlichen Schaden, den der Apotheker angerichtet habe, jemals wieder gut machen.
Was passiert, wenn der BGH den Anträgen folgt?
Bei anderen Revisionsanträgen von Nebenklägern hatten diese nicht nur Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz und Betrug als gegeben gesehen, sondern auch argumentiert, S. habe sich wegen Tötungsdelikten schuldig gemacht. Die Generalbundesanwaltschaft zeigte hier Zweifel, dass der Apotheker bei der Herstellung von Infusionsbeuteln subjektiv die notwendige Schwelle zum „Jetzt geht es Ios“ überschritten und objektiv zur „tatbestandsmäßigen Angriffshandlung“ angesetzt hat: Beim über mehrere Handlungsschritte gestreckten Herstellen der Infusionsbeutel könne es an einem unmittelbaren Ansetzen fehlen, argumentierte die Generalbundesanwaltschaft – teils wurden Zwischenschritte auch von Mitarbeitern übernommen.
Selbst wenn S. unterdosierte Zytostatika zur Auslieferung an Arztpraxen selbst freigegeben hat, hätte es den weiteren Schritt der Anwendung durch medizinisches Personal gegeben. Insgesamt hatte die Generalbundesanwaltschaft beantragt, derartige Revisionsanträge als unbegründet zu verwerfen.
Sollte der BGH den Anträgen folgen und alle Revisionen von Nebenklägern ablehnen, jene der Verteidigung jedoch weiter verfolgen, könnte für S. zumindest kein ungünstigeres Urteil als jenes des Landgerichts Essen folgen. Doch auch der Revisionsantrag des Apothekers ist laut Generalbundesanwalt unbegründet.
Die Staatsanwaltschaft Essen hatte ihren zunächst eingereichten Revisionsantrag nach einer Intervention durch die Generalstaatsanwaltschaft mangels Aussicht auf Erfolg zurückgezogen. Er hatte sich insbesondere auf die Höhe des Schadens bezogen, den die Staatsanwaltschaft auf 56 Millionen Euro beziffert hatte – das Landgericht jedoch auf nur 17 Millionen Euro. Angesichts der von der Staatsanwaltschaft gesicherten Vermögenswerte von S., gegen den ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde, sei eine höhere Abschöpfung von Vermögen nicht zu erwarten, hatte ein Sprecher gegenüber DAZ.online erklärt.
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