Schwachstelle E-Rezept-Tokens

Bedrohliche Lücke beim Makel- und Zuweisungsverbot

Stuttgart - 04.09.2020, 11:45 Uhr

Wichtige Grundregeln für das E-Rezept könnten leicht ausgehebelt werden. Es geht um die Trennung zwischen dem E-Rezept und dem Zugriffscode für das Rezept, dem E-Rezept-Token. (Foto: viewfinder / stock.adobe.com)

Wichtige Grundregeln für das E-Rezept könnten leicht ausgehebelt werden. Es geht um die Trennung zwischen dem E-Rezept und dem Zugriffscode für das Rezept, dem E-Rezept-Token. (Foto: viewfinder / stock.adobe.com)


Ursprünglich war das Makel- und Zuweisungsverbot für E-Rezepte im Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz vorgesehen. Doch als dieses ins Stocken geriet, übertrug man die Regelung ins Patientendaten-Schutzgesetz. Nach wie vor setzt sich die ABDA für eine technische Absicherung dieses Verbots ein. Doch zwei Juristen machen nun auf eine bedrohliche Lücke in den gesetzlichen Sicherheitsregeln aufmerksam. Dabei geht es um die sogenannten E-Rezept-Tokens, die in den Diskussionen der vergangenen Monate relativ wenig Beachtung fanden.

Dr. Elmar Mand und Professor Hilko Meyer haben sich intensiv mit dem Entwurf des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) beschäftigt, der Mitte September im Bundestag beraten werden soll. Unter dem Titel „Arzneimittelpreisrecht auf dem Prüfstand“ veröffentlichten sie ihre Analysen in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Arzneimittel&Recht“. Doch neben den Fragen zur Arzneimittelpreisbindung sind die beiden Juristen auch auf weitere Themen eingegangen, die ursprünglich im VOASG geplant waren. 

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Eines davon ist das Makel- und Zuweisungsverbot, das ausdrücklich auch für elektronische Verordnungen gelten soll. Die gesetzlichen Sicherheitsregeln sind mittlerweile im Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) verankert worden, dem am 
18. September seine letzte Runde im Bundesrat bevorsteht. Für die ABDA ist die juristische Verklausulierung jedoch nicht ausreichend. Nach wie vor setzt sie sich für eine technische Absicherung des Makelverbots ein. „Wir fordern unmissverständlich, dass ein Geschäftemachen mit der Weiterleitung von E-Rezepten technisch unmöglich gemacht werden muss“, betonte Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer (BAK) jüngst auch im Gespräch mit der DAZ. Eine entsprechende Nachbesserung und Bestimmung könnte also auch im Rahmen des VOASG-Entwurfes nochmal von Seiten der Standesvertretung ins Spiel gebracht werden.

Das Token-Problem

Mand und Meyer begrüßen zwar, dass das PDSG das Zuweisungs- und Makelverbot auf das E-Rezept und zudem auf ausländische Anbieter erstreckt. Doch gleichzeitig weisen sie auf eine bedrohliche Lücke hin. So könnten diese wichtigen Grundregeln für das E-Rezept leicht ausgehebelt werden. Dabei geht es um die Trennung zwischen E-Rezept und dessen Zugriffscode, dem E-Rezept-Token. Die gesetzlichen Sicherheitsregeln für die Speicherung und den Transport würden sich nur auf das E-Rezept beziehen, das sich innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) befindet. Sie würden aber nicht für den Token gelten, den der Patient außerhalb der TI nach Belieben weiterleiten könne. Die Gematik habe dazu erklärt: „E-Rezept-Token, die außerhalb der TI transportiert werden, können durch die TI nicht geschützt werden.“

Doch der Token sei faktisch das Zugriffsrecht auf das Rezept. Daher fordern Mand und Meyer, diese tatsächliche Funktion des Tokens rechtlich zu berücksichtigen. Insbesondere müsse klargestellt werden, dass die Zuweisungs- und Makelverbote den Token einbeziehen.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der aktuellen Arzneimittel&Recht (4/2020):

Arzneimittelpreisrecht auf dem Prüfstand

Eine kritische Analyse des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes

Dr. Elmar J. Mand, Marburg, und
Professor Dr. Hilko J. Meyer, Frankfurt


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Viele juristische Joker für das Rx-Versandverbot

von Henrike Schuster am 04.09.2020 um 18:41 Uhr

Die juristische Machbarkeit des Rx-Versandverbotes und die leichten Umgehungsmöglichkeiten der Makelverbotes der eRezepte sind Grund genug, seitens der ABDA, Landesverbände und aller Kammern das Rx-Versandverbot kategorisch einzufordern, egal was Spahn dazu meint. Alle Abmachungen in politischen Hinterzimmerchen zwischen ABDA und Spahn, die das Rx-Versandverbot zum Untergang bringen wollen, sind politischer Hochverrat gegen die eigenen Landsleute und gegen die eigenen Apothekerkollegen. Wer kann das nur wollen, dass unsere Sozialversicherungsbeiträge ins Ausland transferiert werden, indem eRezepte zu Docmorris gesendet werden und einheimische Vor-Ort-Apotheken in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden durch unfairen Wettbewerb? Schlechtes Karma für den ABDA Präsidenten FS. Sehr schade und bedauerlich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Viele juristische Joker für das Rx-

von Heiko Barz am 05.09.2020 um 11:42 Uhr

Seitdem der ruinöse Apothekertag 2019 gezeigt hat, welche Wertigkeit die Deutschen Apotheker genießen, war spätestens nach den Hinterzimmerbesprechungen von FS und Spahn klar, dass FS seinen Hut nehmen mußte.
Dass, was Spahn dort „diktiert!“ hatte, konnte FS nun nicht mehr vor der Gemeinschaft Deutscher Apotheker nachhaltig und glaubhaft kommunizieren. Die spätere Ankündigung seines Rücktrittes war dann dabei nur konsequent.
Wer sich die berufspolitischen Fehler der gesamten ABDA-Spitze seit 2016 analogisch vor Augen führt, der erkennt schnell, dass die „Gruppe Friedemann“ die Gefahr für unseren Beruf gar nicht oder aber viel zu spät erkannt hat.
Z.B. Als im April 2016 die Nachricht durch die Medien ging, dass der polnische EU - Generalanwalt das uns alle zumindest wirtschaftlich bedrückende Urteil des nicht EUgerechten RXVV anstrebte, fiel unseren „Fürsten“ nichts anderes ein, als die Äußerung,..... das müssen wir erst einmal analysieren und so wie angekündigt wird dieses Urteil sicherlich nicht kommen. Dann war man hauptsächlich mit der Heidestrasse beschäftigt und erst zum AT 2016 wurden Diskussionen wieder lauter und die Hoffnung auf Herrn Gröhe wurde dann aber von dem NACH dem AT ausgesprochenen EU-Urteil schon fast begraben.
Der anlaufenden Protestwelle entging WM Gabriel schnell indem er das bekannte H2m Gutachten ins Leben rief. Die Folgen sind leider zu bekannt und die ABDA hat durch fehlende Reaktionen hier wiedermal versagt, obwohl Gegengutachten erstellt und bekannt wurden, die aber schnell in den dunkelsten Schubladen der ABDA-Schreibtische verschwanden und nie öffentlich diskutiert wurden.
Warum nun die Deligierten nicht auf die Barrikaden gestiegen sind, um unseren Berufsstand zu retten, wird mir als alten Apothenmenschen unerklärlich bleiben.
Wo bleibt nur die schwärmerische Verklärtheit der „Perspektive 2030“ ??

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