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Apotheken bei Google, Jameda und Co.
Wie auf Online-Bewertungen reagieren?
Vor dem Kauf eines Elektrogeräts oder vor der Buchung der nächsten Urlaubsreise informiert man sich meist über die Erfahrungen anderer. Das gilt inzwischen auch für Gesundheitsleistungen. Praxen, Apotheken und Kliniken werden auf Bewertungsplattformen gelistet und bewertet. Sollte man als Inhaberin oder Inhaber auf die Einträge antworten? Und wenn ja, wie?
Manchmal sei es ein hypertrophiertes und nicht ausgelebtes Aggressionspotenzial von Kundinnen und Kunden, die nur darauf warten, den kleinsten Anlass für eine Reklamation zu haben, um dann ihren ganzen Frust namentlich oder anonymisiert abzulassen. Apothekencoach und DAZ-Autor Emanuel Winklhofer kennt viele Einträge bei Google oder Bewertungsplattformen wie Jameda, bei denen sich Apotheken unqualifizierten und sehr frustrationsbeladenen Bewertungen ausgeliefert sehen. Allerdings gibt es, laut Winklhofer, auch mindestens genauso viele berechtigte Beiträge, mit denen die Verfasser einfach nur mitteilen, dass sie nicht hundertprozentig zufrieden sind.
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Online negativ bewertet – und nun?
In allen Fällen sei es wichtig, nicht mit Rechtfertigung und Gegenangriffen zu reagieren, sondern einen sehr positiven, werbenden Text als Antwort zu platzieren, der die meist emotionalen Angriffe in den Bewertungen relativiert und ins Leere laufen lässt. Denn alles andere würde häufig zu einer noch dramatischeren Entwicklung führen: „Greift man den Schreibenden an, sympathisieren sich die Leser mit dem Verfasser der Bewertung“, so Apothekencoach Winklhofer. Schreibe man als Antwort eine gute Replik, würden die negativen Worte abprallen. „Möglichst immer reagieren“, lautet also das Motto, wenn man sich als Apothekeninhaberin oder -inhaber mit Online-Bewertungen in Suchmaschinen, auf Plattformen und in den sozialen Medien beschäftigt.
Ernstgemeinte Kritik sollte man ernst nehmen
Doch damit nicht genug: Ernstgemeinte, konstruktive Kritik sollte man als Unternehmen immer sehr ernst nehmen. Winklhofer sieht das als „kostenlose Unternehmensberatung“ an. Dass Menschen überhaupt etwas reklamieren oder kritisieren, sei ein gutes Zeichen. Denn nichts zu sagen und sich eine andere Apotheke zu suchen, wäre meistens wohl der einfachere Weg. Entscheidend sei es daher, den Unterschied zwischen aggressiv-destruktiven Texten und echt besorgten Äußerungen zu erkennen.
Was sollte eine Antwort auf negative Kritik enthalten?
Für die aktuelle DAZ-Ausgabe hat Winklhofer exemplarisch zusammengestellt, wie eine schriftliche Reaktion auf eine Online-Bewertung am besten aussehen sollte. Bei positiven Kommentaren reiche auch häufig ein „Super, vielen Dank für Ihre Zeilen, das freut uns alle sehr. Herzlich Ihr/e…“ oder einfach nur ein „Danke“. Damit signalisiert man dem Absender sowie der übrigen Leserschaft, dass man sich für alle Bewertungen interessiert und sie regelmäßig liest. Winklhofer merkt an: Rezensionen und die entsprechenden Antworten würden nicht nur Kundinnen und Kunden lesen, sondern auch Wettbewerber sowie Geschäftspartner und Mitarbeiterinnen – und zwar sowohl bestehende, als auch potenziell zukünftige.
Wichtige Elemente für eine ausführlichere Antwort auf eine negative Kritik:
• Zunächst dem Verfasser für die Ehrlichkeit danken.
• Betroffenheit zeigen und die Kundenerfahrungen ernst nehmen.
• Eventuell von einer „unglücklichen“ Situation sprechen („unglücklich“ schuldigt niemanden an).
• Sehr persönlich in der Ich-Form antworten.
• Zu einem persönlichen, klärenden Gespräch einladen, um wieder die Basis für eine positive Geschäftsbeziehung zu finden.
Die rechtliche Seite
Doch muss man sich als Apothekenleitung überhaupt negative Kritik in Form von Online-Einträgen gefallen lassen? Ab wann wird eine Grenze überschritten und man hat es mit unzulässigen Bewertungen zu tun, die unter Umständen sogar einen Straftatbestand erfüllen?
Die Kölner Rechtsanwältin Dr. Janna Schweim hat für diese Fragen die Gesetzesbücher gewälzt, sowie Gerichtsurteile durchforstet. In ihrem Beitrag für die aktuelle DAZ-Ausgabe macht sie direkt zu Anfang deutlich: „Eine Online-Rezension stellt zunächst immer eine Meinungsäußerung dar, welche an sich noch nicht strafbar ist.“ Sich durch die Äußerung einer anderen Person angegriffen fühlen, sei das eine. Nachfolgend müsse geprüft werden, ob die vermeintlich verletzende Aussage eine bloße Meinungsäußerung oder eine (unwahre) Tatsachenbehauptung darstellt. Bloße Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen seien grundrechtlich über die Meinungsfreiheit geschützt und verletzten nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der von der Aussage betroffenen Person. Dies gelte jedoch nicht für unwahre Tatsachenbehauptungen, zu denen Lügen, unvollständige Darstellungen einer Situation oder bereits bewiesen unwahre Aussagen zählen. Doch, wie so häufig, müsse der Einzelfall betrachtet werden und die Beurteilung werde nicht selten dadurch erschwert, dass in Aussagen Tatsachenbehauptungen und Meinungen miteinander vermischt werden.
EU-Verordnung soll es für Betroffene leichter machen, sich zu wehren
Der deutsche Bundesgerichtshof hatte 2016 im Falle eines Arztbewertungsportals entschieden, dass die Portal-Betreiber bei Beanstandungen von Bewertungen ein ausführliches Prüfverfahren samt Einforderung von Belegen und Nachweisen durchführen müssen (VI ZR 34/15). Obwohl vom Portal-Betreiber keine Prüfung von Nutzerbeiträgen vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen verlangt wurde, bestand ein Anspruch darauf sehr wohl ab Kenntniserlangung, d.h. nach entsprechendem Hinweis des Betroffenen. Auch wenn der Prüfungsaufwand den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren darf, ist nach Einschätzung des BGH zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen gerecht werden muss.
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Auch auf EU-Ebene kommt Bewegung in die Sache. Jüngst, am 22. April 2022, einigten sich Europäischer Rat, EU-Parlament und EU-Kommission über den „Digital Services Act“ – die Verordnung über digitale Dienste (DSA). Neben dem besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher und ihrer Grundrechte im Internet zielt das Gesetz auch auf die Schaffung eines leistungsfähigen bzw. klaren Transparenz- und Rechenschaftsrahmens für Online-Plattformen ab. Insbesondere große Online-Plattformen sollen dabei in die Pflicht genommen werden, denn das EU-Gesetz sieht Melde- und Abhilfeverfahren sowie Schutzmaßnahmen vor, um illegale Waren, Dienstleistungen oder Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Dazu würden u.a. auch unwahre und beleidigende Online-Rezensionen gehören, die von den Plattform-Betreibern überprüft und ggf. gelöscht werden müssten. Dadurch soll es den Betroffenen – Verbrauchern wie Unternehmen – leichter gemacht werden, ihre Ansprüche auf Beseitigung oder Richtigstellung von Inhalten im Internet geltend zu machen. Bislang wären die Betroffenen auf den oft mit Anwalts- und/oder Gerichtskosten verbundenen Rechtsweg angewiesen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Schlechte Bewertungen quer durch die Republik
Über ein kurioses Ereignis im Zusammenhang mit Online-Apothekenbewertungen berichtet Emanuel Winklhofer: Es gibt wohl Menschen, die aus schlechten Bewertungen Profit schlagen wollen. Sie bewerten in kürzester Zeit mehrere Apotheken quer durch die Republik und vergeben schlechte Noten. Ganz zufällig erhält man dann einige Tage darauf eine Mail mit dem Angebot einer Firma, die sich auf das Löschen negativer Bewertungen spezialisiert hat. „Ein Schelm, wer schlechtes denkt.“ So ein Vorgehen könne man schnell erkennen, so Winklhofer, wenn man auf das Profil der bewertenden Person geht und so alle weiteren Rezensionen lesen kann. Kürzlich passierte dies in Köln. Die schlagfertige Reaktion und richtige Antwort eines betroffenen Apothekeninhabers lautete daraufhin: „Innerhalb von 50 Minuten acht Apotheken quer durch die Republik mit einem Stern zu bewerten, Respekt!!“
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