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„Blueprint“-Preis für offengelegte Abrechnungen
Whistleblower-Preis für sächsischen Apotheker
Im Juli 2023 machten Medienberichte über das sogenannte „Krebskartell“ die Runde. Dabei ging es um überteuerte Abrechnungen von Krebsarzneimittel. Grundlage dafür war das Engagement eines sächsischen Apothekers. Dieser wurde nun dafür ausgezeichnet.
Dem Apotheker Robert Herold wurde der „Blueprint for Free Speech“-Preis für sein Engagement gegen Abrechnungspraktiken bei der Zytostatika-Herstellung verliehen. Nachdem Herold nach eigener Aussage versucht hatte, die empfundenen Missstände gegenüber Krankenkassen, dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und den Apothekerverbänden zu kommunizierten, aber nicht die gewünschten Reaktionen erfolgten, hatte er sich entschlossen, die Medien einzuschalten. Er wendete sich an die Süddeutsche Zeitung (SZ), WDR und NDR. Im Juli 2023 folgten Berichte zum sogenannten „Krebskartell“. Demnach gingen den Kassen durch überteuerte Zytostatika-Abrechnungen jährlich 500 Millionen Euro verloren.
Aus Sorge um den Zusammenbruch des Versichertensystems in Deutschland habe sich der Apotheker aus dem sächsischen Falkenstein dazu entschieden, an die Öffentlichkeit zu treten und die Abrechnungspraktiken offenzulegen, berichtete die Süddeutsche Zeitung.
Gegenwind aus den eigenen Reihen
Apotheker Herold musste auch den Gegenwind aus der eigenen Branche spüren. So wurde er aus dem Apothekenverbund „Auriga“ im September 2023 einstimmig ausgeschlossen. Sein ehemaliger Mitgesellschafter Klaus Peterseim, war zu diesem Zeitpunkt auch der Präsident des Verbands der Zytostatika herstellenden Apotheken (VZA). Dieser hatte laut Herold schwere Vorwürfe gegen ihn auf einer Gesellschafterversammlung erhoben. Demnach wurde ihm angelastet, der Apothekerschaft insgesamt geschadet zu haben.
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Auch seine Tätigkeit als Fachreferent für die Sächsische Apothekerkammer wurde infolge der Berichterstattung beendet. Gegenüber der SZ hatte die Kammer im Oktober 2023 mitgeteilt, man wolle so vermeiden, dass es auf Fortbildungen zu „unnötigen Diskussionen“ kommt. Kammerpräsident Göran Donner hatte damals angegeben, der Ausschluss sei zu Herolds eigenem Schutz erfolgt.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta war dem Apotheker zur Seite gesprungen. Er sei ein „grundsolider Apotheker mit einem großen Gerechtigkeitsempfinden, der nicht möchte, dass den Patienten Geld aus der Tasche gezogen wird“, sagte sie der SZ. Trotz des Widerstands aus den eigenen Reihen musste Herolds Central-Apotheke nach eigener Aussage nach dem öffentlichen Wirbel keine Umsatzeinbußen hinnehmen. Eine Kundin in Herolds Apotheke in Falkenstein wurde von der Sächsischen Zeitung zu der Preisverleihung befragt: „Ich finde es prima, dass Herr Herold sich so für uns Beitragszahler einsetzt.“
Herold zeigte sich erfreut darüber, dass nach den Medienberichten auch das Bundesgesundheitsministerium sein Anliegen aufgegriffen hatte. Im Entwurf für das gescheiterte Apothekenreformgesetz sollte auch die Abrechnung von Zytostatika-Infusionen neu geregelt werden.
Erster deutscher Preisträger
Der Blueprint-Preis wird seit 2016 an Whistleblower vergeben, die durch das Offenlegen von Informationen aus Sicht der Jury dem öffentlichen Wohl dienen. Herold ist der erste Deutsche, dem der Preis verliehen wurde. Sogar im britischen Fernsehen wurde nun über ihn berichtet.
Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass deutsche Whistleblower aus der Apothekenbranche ausgezeichnet wurden. Bereits im Jahr 2017 wurden eine PTA sowie der kaufmännische Leiter einer Zyto-Apotheke in Bottrop für die Aufdeckung eines Skandals um gepanschte Krebsarzneimittel ausgezeichnet – damals mit dem Whistleblower-Preis der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und des Anti-Atomwaffenvereins IALANA Deutschland.
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Die Geschäftsführerin von Blueprint Suelette Dreyfus begründete die Entscheidung der Preis-Jury: „Unsere Jury war besonders beeindruckt von der Integrität anhand des erheblichen finanziellen und bürokratischen Drucks zu schweigen.“
Neben Herold wurde der Preis in diesem Jahr an acht weitere Preisträger verliehen. Darunter sind beispielsweise mehrere Mitarbeiter des Flugzeug-Bauers Boeing. Diese hatten Mängel in der Qualitätskontrolle des Konzerns offengelegt, die zu lebensgefährlichen Zwischenfällen in der Luft geführt hatten. Auch die nigerianischen Ärzte Vivian Muoneke and Egbuna Olakunle Obidike wurden ausgezeichnet. Sie hatten aufgedeckt, dass durch vergifteten Hustensaft mehr als 300 Kinder gestorben waren.
Herold zeigte sich erfreut über die Preisverleihung, sieht die Missstände bei der Zytostatika-Abrechnung jedoch noch nicht behoben. Er will weiter aktiv bleiben und seinem Anliegen auch gegenüber der neu zu besetzenden Bundesregierung Nachdruck verleihen.
1 Kommentar
So witzig ...
von Eimer Langsdorf am 09.12.2024 um 11:47 Uhr
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