Bericht

Wachstumshormone: Auch als Pharmakotherapie?

Derzeit wird neben der reinen Substitutionstherapie auch eine mögliche Pharmakotherapie mit Wachstumshormon bei verschiedenen Indikationen diskutiert.

Das humane Wachstumshormon (GH, Somatotropin) ist ein einkettiges Proteohormon, das im Hypophysenvorderlappen produziert und gespeichert wird. Die Bildung und Sekretion von Wachstumshormon aus der Hypophyse erfolgt nach verschiedenen physiologischen Reizen, wie z.B. Hypoglykämie, Streß und starker körperlicher Aktivität. Ferner wird GH während der Tiefschlafphase verstärkt ausgeschüttet. Kontrolliert wird die GH-Sekretion durch das stimulierende Growth Hormone Releasing Hormone (GHRH) und das inhibierende Somatostatin, die beide vom Hypothalamus über das Portalblut an die Hypophyse abgegeben werden. Die physiologischen Wirkungen des humanen Wachstumshormons werden teilweise indirekt über den Insulin-like-growth-factor-1 (IGF-1) vermittelt, teilweise sind die Wirkungen auch direkt, bzw. IGF-1 unabhängig.

Essentiell für Kinder und Erwachsene

Die wichtigste biologischen Wirkung ist die Wachstumsförderung beim Kind. Fehlt diese, z.B. bei einem endogenen Mangel, kommt es zum hypophysären Kleinwuchs. Neben dem endogenen GH-Mangel, der sich bereits im frühen Kindheitsalter bemerkbar macht, existiert auch ein erworbener GH-Mangel beim Erwachsenen. Ein solcher erworbener Mangel entsteht durch hypophysäre Erkrankungen, wobei als häufigste Ursache Hypophysen-Adenome gelten. Da im Gegensatz zum endogenen GH-Mangel beim Kind bei Erwachsenen die körperliche Entwicklung bereits abgeschlossen ist, äußert sich ein erworbener GH-Mangel natürlich auch nicht in einer Kleinwüchsigkeit. Symptome des erworbenen GH-Mangels betreffen vielmehr das allgemeine Wohlbefinden und die körperliche Leistungsfähigkeit. Erwachsene Patienten mit GHD leiden unter depressiven Verstimmungen, die körperliche Belastbarkeit ist eingeschränkt und die Vitalität und Energie sind reduziert. Klinische Merkmale sind eine gesteigerte Körperfettmasse, eine reduzierte Knochendichte, ein vermindertes Extrazellulärvolumen sowie ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel bei gleichzeitig erniedrigtem HDL-Cholesterin. Wahrscheinlich bedingt durch die erhöhte LDL-Cholesterinfraktion ist das Risiko für kardiovaskulären Erkrankungen bei Erwachsenen mit endogenem GH-Mangel erhöht.

Die Substitution mit GH zeigt gute Erfolge

Das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, das mit der konventionellen Therapie nicht reduziert werden konnte, war auch einer der Hauptgründe für die erweiterte Zulassung von Wachstumshormonen als Substitutionstherapie des Wachstumshormonmangels beim Erwachsenen. Zahlreiche Studien, die Anfang der 90er Jahre durchgeführt wurden, konnten zeigen, daß Erwachsene mit Wachstumshormonmangel von einer Substitutionstherapie mit humanem Wachstumshormon profitieren konnten und sich auch das kardiovaskuläre Risiko verminderte.

Substitution oder Pharmakotherapie?

Zu betonen ist, daß es sich bei um eine Substitutionstherapie bei einem nachgewiesenen Wachstumshormonmangel handelt. Eine Pharmakotherapie mit Wachstumshormonen wird derzeit noch diskutiert. Mögliche Indikationen für eine solche Pharmakotherapie sind die verminderte GH-Sekretion sowie die physiologische Somatopause im Alter, die dilatative Kardiomyopathie, die Aufhebung des Katabolismus in der Intensivmedizin, die Vermeidung des posttraumatischen (postoperativen) Muskelverlustes, die Osteoporose, Wund- und Frakturheilungen, aplastische Anämien, eine adjuvante Therapie der weiblichen Infertilität sowie die Behandlung von generellen anabolischen Wirkungen. In Therapiestudien an alten Patienten mit erniedrigten GH-Spiegeln konnte bereits gezeigt werden, daß sich eine Pharmakotherapie mit Wachstumshormon positiv auswirkte. Ebenfalls konnte GH bei der dilatatorischen Kardiomypathie mit Erfolg therapeutisch eingesetzt werden. Dennoch wird die Pharmakotherapie mit Wachstumshormonen bisher kontrovers diskutiert. In vielen Fällen ist noch völlig unklar, ob der Erfolg einer Therapie den Einsatz der hohen Hormondosen tatsächlich rechtfertigen kann. Auch ist die Sicherheit einer solchen hochdosierten Therapie noch nicht nachgewiesen. Bisher kann nur die positive Wirkung der Substitutionstherapie bei Erwachsenen mit Wachstumshormonmangel als gesichert gelten. Für diese Indikation ist humanes Wachstumshormon inzwischen europaweit zugelassen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.