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Bericht
Schilddrüsenerkrankungen: Therapie
Hypothyreose
Man unterscheidet heute drei Formen von Schilddrüsenstörungen: Die euthyreote Struma, die Hypothyreose und die Hyperthyreose. Unter einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) versteht man ein ungenügendes Angebot bzw. eine ungenügende Bildung oder - seltener - eine ungenügende Wirkung von Schilddrüsenhormonen. Liegt die Ursache der unzureichenden Hormonbildung in der Schilddrüse selbst, spricht man von einer primären Hypothyreose. Eine Einschränkung der Hormonsynthese durch ungenügende hypophysäre oder hypothalamische Stimulation bezeichnet man als sekundäre oder erworbene Hypothyreose. Die Therapie der Hypothyreose besteht unabhängig von der Ursache immer in der Substitution der fehlenden Hormone. Verwendet wird in der Regel Levothyroxin (Tetraiodthyronin, Thyroxin, T4), in seltenen Fällen, bei einer Störung der Konversion bzw. der T4-Resorption, wird die Therapie mit Liothyronin (Triiodthyronin, T3) durchgeführt.
Hyperthyreose
Unter einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) versteht man die verstärkte Ausschüttung von Thyroxin bzw. Triiodthyronin. Trotz gemeinsamer Symptomatik unterscheidet man zwischen der nicht-immunogenen und der immunogenen Hyperthyreose. Bei den nicht-immunogenen Formen liegt eine unifokale oder multifokale funktionelle Autonomie der Schilddrüse vor (autonome Adenome, ≥heiße" Knoten). Es handelt sich hierbei um ein lokalisiertes tumorartiges Wachstum von Teilen der Schilddrüse, die nicht mehr der hypothalamisch, hypophysären Regelung unterliegen, sondern autonom vermehrt Schilddrüsenhormone produzieren und in die Blutbahn abgeben. Die immunogenen Hyperthyreosen sind durch eine diffuse Vergrößerung der Schilddrüse charakterisiert. Ihnen gehört die Hyperthyreose vom Typ des Morbus Basedow an. Auslösende Stoffe des Morbus Basedow sind von B-Lymphozyten gebildete thyreoideastimulierende Immunglobuline (TSI). Diese agonistisch wirkenden Antikörper rufen eine lang anhaltende, nicht zu regelnde, Schilddrüsenstimulation hervor.
Thyreostatika, Radioiod und Strumaresektion
Zur Behandlung der Hyperthyreose werden drei Verfahren eingesetzt: Die thyreostatische Therapie, die Radioiodbehandlung und die Strumaresektion. Liegen keine akuten Gründe für eine Strumaresektion vor, wird in Deutschland bei einem Morbus Basedow die Therapie mit Thyreostatika bevorzugt. Thyreostatika unterdrücken die Hormonbildung bzw. die Hormonfreisetzung in der Schilddrüse und könne daher zur Therapie einer Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt werden. Nach Art ihres Wirkungsmechanismus unterscheidet man folgende Gruppen von Thyreostatika:
• Perchlorationen, die die Aufnahme von Iodid in die Schilddrüse verhindern,
• Thiouracile und Mercaptoimidazolderivate, die die Umwandlung von Iodid in Iod verhindern,
• Iodidionen und Iodkaliumiodid, die kurzfristig die Freisetzung von Schilddrüsenhormonen hemmen, sowie
• Radioiod, das Schilddrüsengewebe direkt durch seine Beta-Strahlung zerstört.
Während mit den drei ersten Maßnahmen lediglich während der Behandlungsdauer bzw. nur wenig darüber hinaus die Schilddrüsenfunktion gehemmt wird, sind die Effekte von Radioiod irreversibel.
Iodmangelstruma
Die euthyreote Struma (Iodmangelstruma) ist nach wie vor die häufigste Schilddrüsenerkrankung in Deutschland. Sie ist vorwiegend durch die verbreitete Unterversorgung mit Iod bedingt. Solange durch vermehrte Bildung von Schilddrüsengewebe und optimale Nutzung des zugeführten Iods die zu niedrige Iodversorgung kompensiert werden kann, kommt es nicht zu den Symptomen einer Hypothyreose, sondern nur zur euthyreoten Kropf- oder Strumabildung. Kann die Schilddrüse den Iodmangel jedoch auf diese Weise nicht mehr ausgleichen, entwickelt sich eine manifeste Hypothyreose.
Generelle Iodsubstitution?
Die heute etablierten Therapieformen zur Behandlung der euthyreoten Struma sind Levothyroxin-Behandlung, Iodtherapie und die Behandlung mit einer Kombination aus Levothyroxin und Iod. Obwohl sich die Iodversorgung in Deutschland seit 1994 deutlich verbessert hat, müssen die Maßnahmen zur Iodversorgung weiter intensiv gefördert werden. Das bedeutet, wenn Salz angewendet wird, dann Iodsalz. Ein Problem in der ≥Iodsubstitutionspolitik" stellen Personen dar, bei denen sich aufgrund lange bestehender euthyreoter Struma wegen des ständig erhöhten TSH-Spiegels autonome Adenome entwickelt haben. Diese autonomen Adenome sind bei gleichbleibend niedriger Iodzufuhr ≥stumm". Wird aber ausreichend Iod konsumiert, sei es durch eine absichtliche Substitution mit Iodsalz oder durch eine Iodbelastung im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung (iodhaltige Diagnostikmethoden), führen diese autonomen Adenome zur Ausbildung einer Hyperthyreose. Die betroffenen Personen reagieren quasi ≥allergisch" auf Iod. Die Tatsache, daß es in Deutschland einige Fälle einer solchen ≥Iodallergie" gibt, führten immer wieder zu kontroversen Diskussionen über den Sinn oder Schaden einer allgemeinen Iodsubstitution. Bedenkt man jedoch, daß bei den ≥Iodallergikern" durch die Vermeidung von Iod die autonomen Adenome nicht verschwinden, sondern lediglich maskiert bleiben, erscheint eine solche Diskussion unsinnig. Nur die rechtzeitige Entdeckung der autonomen Adenome durch ein generelle ausreichende Iodzufuhr kann auch zum rechtzeitigen Beginn einer Therapie führen.
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