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- DAZ 25/1997
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Bericht
Homöopathie für die Apothekenpraxis
Wiesenauer vermied bewußt die altbekannte Grundsatzdiskussion über die mögliche Wirkungsweise der Homöopathie, sondern stützte sich auf den reichen Erfahrungsschatz dieser Therapieform, die hier ungeachtet der bekannten Einwände dargestellt werden soll. Dementsprechend forderte er das Auditorium auf, auch durch eigene Erfahrungen im Familienkreis und in der Beratungspraxis den Zugang zur praktischen Homöopathie zu gewinnen. Die Empfehlung der Homöopathie in der Apotheke setzt voraus, daß die Indikation eine Selbstmedikation erlaubt und daß die Patienten für einen naturheilkundlichen Ansatz motiviert sind. In der Apotheke bietet sich primär eine organotrope Homöopathie an, bei der sich die Präparatewahl an der akuten Symptomatik orientiert und die vorzugsweise mit D-Potenzen arbeitet. Hiervon abzugrenzen ist die personotrope Homöopathie, bei der der erfahrene Homöopath das zu dem individuellen Patienten passende Konstitutionsmittel auswählt, das dann vorzugsweise in einer LM-Potenz eingesetzt wird und nicht zur Behandlung von Akutsituationen dienen soll.
Doch auch die organotrope Homöopathie erfordert, die individuelle Symptomatik herauszuarbeiten und bewußter auf Begleitsymptome zu achten als dies aus der Allopathie vertraut ist. Das richtig ausgewählte Homöopathikum soll in akuten Situationen innerhalb von 12 Stunden zu einer Besserung führen, andernfalls war die Wahl vermutlich falsch. Eine gängige Dosis für die Akuttherapie ist - vorbehaltlich verschiedener erfahrungsbedingter Ausnahmen - 3 bis 4 mal täglich 4 bis 5 Tropfen bzw. Globuli oder 1 Tablette, wobei Globuli als ideale Applikationsform für Kinder bei diesen eine optimale Compliance bieten. Nach deutlicher Besserung soll die Dosis vermindert werden, da andernfalls die Symptomatik erneut ausgelöst werden kann. Denn nach dem Verständnis der Homöopathie soll die Behandlung den Körper durch Reize zu einem Normalzustand führen, ihn aber nicht überreizen. In Einzelfällen haben sich bestimmte Potenzen, die von der Standardempfehlung D 4 bis D 6 abweichen, für die Akuttherapie als geeignet erwiesen. Eine Sonderstellung nahmen toxikologisch relevante Substanzen, z. B. Mercurius, ein, die Wiesenauer nur in Potenzen von D 12 und darüber anwendet.
Orientierung am Symptom statt an der Ursache
Um Erfahrungen mit der Auswahl des richtigen Homöopathikums zu sammeln, empfahl Wiesenauer aus der Vielzahl der angebotenen Alternativen bei jeder Indikationsgruppe zunächst nur wenige Präparate auszuwählen. Für das Beispiel Heuschnupfen stellte er Euphrasia als ein Mittel vor, das sich besonders bei einer starken Reizung der Augen anbietet. Obwohl die Homöopathie primär systemisch orientiert ist, eignet sich Euphrasia ebenso zur lokalen Anwendung als Augentropfen, die symptombezogen auch bei viralen Augenentzündungen eingesetzt werden. Steht bei Heuschnupfen dagegen die Nasensymptomatik im Vordergrund, ist Allium cepa das Homöopathikum der ersten Wahl, das wiederum symptombezogen auch bei Erkältungskrankheiten mit vergleichbaren Symptomen an der Nase einzusetzen ist. Sind die Heuschnupfensymptome an Augen und Nase gleichermaßen ausgeprägt, liegt der Gedanke an eine Wechseltherapie mit abwechselnder Gabe von Euphrasia und Allium nahe. Eine Alternative hierzu stellen Komplexmittel dar, die Wiesenauer für die Empfehlung in der Apotheke als geeignet ansieht, sofern die Bestandteile kompatibel sind und in ihrer Anzahl überschaubar bleiben. Bei der generalisierten Heuschnupfensymptomatik bietet sich jedoch mit Galphimia glauca auch ein spezielles Einzelmittel an, das sich außerdem bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten bewährt hat. Aus Galphimia glauca konnte ein antiallergisch wirksamer Inhaltsstoff isoliert werden, so daß bei niedrigen Potenzen hier möglicherweise eine Phyto- und keine Homöopathie vorliegt. Andererseits wurden auch Wirkungen von Galphimia glauca in Hochpotenzen beschrieben. Für die wachsende Zahl von Patienten, die nach einem Heuschnupfen im folgenden Winter eine chronische Sinusitis entwickeln, empfahl Wiesenauer die dreimal tägliche Gabe von Luffa für etwa drei Wochen. Wenn dies anschlägt, nimmt zunächst die Sekretion zu und der Schleim fließt ab. Luffa wird außerdem zur Sanierung der Nasenschleimhaut nach übermäßigem Gebrauch alpha-mimetischer Nasensprays empfohlen.
Homöopathische Alternativen für die Selbstmedikation
Doch auch für ganz andere Indikationen vermittelte das Seminar praktische Anregungen. So wird als weiteres Homöopathikum gegen Nahrungsmittelunverträglichkeiten Okoubaka D 3 verwendet, das auch bei oder nach Antibiotika-Einnahme zur Sanierung des Darms empfohlen wird. Es bietet sich außerdem zur Prophylaxe von Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf Reisen an, wobei zwei bis drei Tage vor Abreise mit der Einnahme begonnen werden sollte. Eine weitere Symptomatik, die sich für eine Homöopathieempfehlung anbietet, sind Gewebetraumatisierungen bei Zahnarztbehandlungen oder Sportverletzungen durch Schlag, Stoß oder Fall. Hier kommt das "Mittelpaar" Hypericum D 4 und Arnica D 6 am ersten Tag im stündlichen Wechsel und später jeweils dreimal täglich zum Einsatz. Bei Prellungen, Zerrungen, Dehnungen und Muskelbeschwerden durch Überanstrengung oder Durchnässung bietet sich hingegen Rhus toxicodendron in der Potenz D 12 bei dreimal täglicher Gabe über wenige Tage an. Von diesen stumpfen Traumen sind Stichverletzungen, z. B. auch Insektenstiche, zu unterscheiden, bei denen Ledum D 6 empfohlen wird.
Ein weiteres Beispiel für zwei kombinierbare Wechselmittel bilden Aconitum und Belladonna D 6 bei beginnenden Fiebererkrankungen. Genauere Syptombeobachtung erlaubt hier eine Differenzierung. Bei geröteter Haut ist Belladonna vorzuziehen, das Wiesenauer dementsprechend auch bei Sonnenbrand sehr empfiehlt. Bei schnellem Fieberanstieg, blasser Haut und Angstgefühl sollte dagegen Aconitum verwendet werden. Schließlich erhielten die Seminarteilnehmer noch einen praktischen Tip für die eigene Gesundheit. Bei beginnendem Erkältungsgefühl nach dem Kontakt mit zahlreichen Erkältungspatienten empfiehlt Wiesenauer, dreimal 3 Tropfen Camphora D 3 im Abstand von einer Viertelstunde einzunehmen. Im Gegensatz zu den anderen Empfehlungen ist die Anwendung von Camphora allerdings nicht für Kinder geeignet.
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