Arzneimittel und Therapie

Chlamydieninfektionen: Zunehmende Gefahr

Bakterien der Gattung Chlamydia sind in den letzten Monaten verstärkt in den Blickpunkt geraten: C. trachomatis ist ein wichtiger Verursacher der Sterilität bei der Frau, C. pneumoniae verursacht Pneumonien und soll nach neuesten Erkenntnissen an der Entstehung der Atherosklerose beteiligt sein.

Chlamydien sind sehr kleine, obligat intrazelluläre gramnegative Bakterien, deren Zellwand charakteristischerweise keine Peptidoglykanschicht enthält. Ihre obligat intrazelluläre Vermehrung ist durch die fehlende Eigensynthese von Adenosintriphosphat (ATP) bedingt, so daß sie auf Eukaryonten als ATP-Quelle angwiesen sind. Nach der intrazellulären Vermehrung wird eine extrazelluläre infektiöse Form, das sog. Elementarkörperchen, freigesetzt. Die Gattung Chlamydia umfaßt vier Spezies, von denen C. trachomatis, C. pneumoniae und C. psittaci humanpathogen sind. C. trachomatis wird zusätzlich in unterschiedliche Serotypen unterteilt, die verschiedene Krankheitsbilder verursachen.

Epidemiologie

C. trachomatis und C. pneumoniae werden ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Tierreservoire sind nicht bekannt. C. trachomatis (Serotypen D – K) gehört weltweit zu den häufigsten Erregern von sexuell übertragbaren Erkrankungen und ist ein wichtiger Verursacher der sekundären Sterilität der Frau. Das durch engen und wiederholten Kontakt mit Infizierten übertragene Trachom und das sexuell übertragbare Lymphogranuloma venereum treten nahezu ausschließlich in den Tropen auf. Das Trachom ist weltweit die häufigste Ursache von Blindheit. Beide Erkrankungen sind in Deutschland nach dem Bundes-Seuchengesetz meldepflichtig. Über die Verbreitung der aerogen übertragenen C.-pneumoniae-Infektionen in Deutschland ist wenig bekannt. Gestützt auf serologische Untersuchungen ist davon auszugehen, daß ca. 10 bis 15% der ambulant behandelten Pneumonien durch C. pneumoniae verursacht werden. Reservoir von C. psittaci sind vor allem Vögel, aber auch Katzen, Hunde und andere Säugetierarten. Die Übertragung der mit respiratorischen Sekreten und Kot infizierter Tiere ausgeschiedenen Elementarkörperchen, die im Gegensatz zu C. trachomatis und C. pneumoniae über mehrere Wochen infektiös bleiben, erfolgt aerogen. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind Raritäten. Die meldepflichtige Zoonose Ornithose (Psittakose) wird in Deutschland heute relativ selten diagnostiziert (1996: 136 gemeldete Fälle). Aufgrund mangelnder Spezifität der eingesetzten labordiagnostischen Verfahren besteht die Gefahr von Fehldiagnosen.

Pathogenese

Die intrazelluläre Vermehrung der Chlamydien führt zum Absterben der jeweiligen Zielzelle. C. trachomatis (Serotypen A – C) befällt das Konjunktivalepithel. Zielgewebe von C. trachomatis D – K ist das Epithel der Urethra, des Rektums, der Konjuktiva, der Endozervix und der Adnexe von Mann und Frau. Beim Neugeborenen kann neben der Konjunktiva auch das respiratorische Epithel befallen werden. Unabhängig vom Infektionsort wandern zunächst Granulozyten ein. Bei der Infektion von Auge und Genitalien akkumulieren anschließend Plasmazellen, Lymphozyten und Makrophagen in Form von Follikeln, die im weiteren Verlauf nekrotisch werden und schließlich vernarben. Durch die Narbenbildung kommt es letztlich zu Erblindung bzw. sekundärer Sterilität. Bei der Atemwegsinfektion der Neugeborenen wandern vorwiegend neutrophile und eosinophile Granulozyten in das Interstitium der Lunge ein und verursachen eine interstitielle Pneumonie. Bei der Chlamydia-trachomatis-Arthritis handelt es sich um eine reaktive Arthritis. Zur Pathogenese des Lymphogranuloma venereum und der durch C. pneumoniae und C. psittaci verursachten Erkrankungen ist bislang sehr wenig bekannt. Die Ornithose wird in 5 bis 15% der Fälle durch eine subklinisch oder milde verlaufende Myokarditis kompliziert. C. pneumoniae wurde in mehreren Fallbeschreibungen mit Myokarditis, Endo- und Perikarditis in Zusammenhang gebracht. Aufgrund des Nachweises von C. pneumoniae in atheromatosen Gefäßläsionen wird zur Zeit auch eine mögliche Beteiligung dieses Erregers bei der Pathogenese der Arteriosklerose diskutiert. Eine mögliche Assoziation von Atemwegsinfektionen durch C. pneumoniae und allergischem Asthma ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.

Therapie

Alle Chlamydieninfektionen können mit Doxycyclin wirksam behandelt werden. Alternativ sind, außer beider Ornithose, Makrolide geeignet(s. Tab.). Eine einmalige Dosis Azithromycin, das sich durch seine lange Halbwertszeit auszeichnet, ist ausreichend zur Behandlung der Chlamydienurethritis und -zervizitis.

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