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- DAZ 27/1997
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Arzneimittel und Therapie
Depression: Unzureichende Therapie
Etwa 15% aller Männer und 24% aller Frauen in den Industrienationen leiden an Depressionen. Zunehmend sind auch jüngere Menschen betroffen. Ein Drittel dieser Menschen erhielten laut einer Studie aus den 80er Jahren keinerlei Behandlung, und nur jeder zehnte der Behandelten wurde richtig therapiert. In randomisierten, klinischen Studien wurden über 1200 Patienten mit chronischer Depression oder Dysthymie untersucht. Die mittlere Krankheitsdauer betrug zwischen 20 und 30 Jahren. Je nach Studie erhielten 48 bis 67% der untersuchten Patienten keinerlei antidepressive Behandlung. Nur 5 bis 26,8% der Patienten wurden mit angemessenen Therapien behandelt. Als angemessen wurde eine Therapie mit 150 mg Imipramin (oder ähnlichen Substanzen) über eine Dauer von vier Wochen angesehen. Bei der Hälfte der Patienten, die durch überdurchschnittlich häufige Arztbesuche auffielen und in einer Studie von einem Psychiater untersucht wurden, wurde eine Depression diagnostiziert. Aber 55% dieser Patienten hatten im Jahr vor der Untersuchung keinerlei antidepressive Therapie erhalten. Und von denen, die behandelt wurden, wurden nur 10,7% mit einer angemessenen Dosis therapiert. Möglichkeiten und Wirklichkeit Die Ursache für die Kluft zwischen tatsächlicher und möglicher Behandlung liegt zu einem gewissen Teil beim Patienten selbst. Einige erkennen nicht, daß sie an Depressionen leiden. Häufig werden hinter den Symptomen gastrointestinale Beschwerden, Kopfschmerzen oder allgemeine Abgeschlagenheit vermutet. Aber auch auf der Seite der Ärzte gibt es Nachholbedarf. Die Ausbildung in Diagnose und Behandlung von Depressionen ist häufig unzureichend. Psychische Beschwerden werden oft noch nicht als ≥richtige" Krankheiten angesehen, und vielen Ärzten fehlt für eine fundierte Diagnose und anschließende Therapie nicht nur das notwendige Wissen, sondern auch die Zeit. Oft werden die Patienten mit zu niedrigen Dosen an Antidepressiva und über eine zu kurze Zeit behandelt. In den USA ist häufig auch der unzureichende Versicherungsschutz Ursache für eine fehlende Behandlung. Die von den dortigen Gesundheitsorganisationen aufgestellten Therapiepläne und Arzneimittelbeschränkungen machen es den Ärzten oft schwer, neue Substanzen einzusetzen, auch wenn diese bereits als effektiv und sicher gelten. Um die Kluft zwischen tatsächlicher und möglicher Behandlung zu schließen, müssen die Patienten und ihre Familien aufgeklärt werden, das Wissen über Depressionen muß noch weiter verbreitet werden. Auch Ärzte müssen noch vieles über das Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten von Depressionen lernen. Depressionen müssen als chronische Krankheit verstanden werden, dies bedeutet: sofortige Behandlung während der akuten Phase, aber auch fortdauernde Behandlung, um Rückfälle zu vermeid
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