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- DAZ 29/1997
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Arzneimittel und Therapie
Tumor: Gatekeeper und Caretaker
Die Identifikation von krebsempfindlichen Genen hat das Verständnis der Krebsentstehung grundlegend revolutioniert. Anfangs vermutete man, daß die meisten dieser Gene die zelluläre Proliferation kontrollieren, indem sie als Gatekeeper agieren. Aber in den letzten Jahren ist immer deutlicher geworden, daß besonders solche Gene, die die Unversehrtheit und Integrität des Genoms regulieren, in einem viel stärkeren Ausmaß an der vererbbaren Krebsprädisposition beteiligt sind, sogenannte Caretaker-Gene. Krebsgene sind im normalen Genom einer jeden Zelle vorhanden. Verwandte der menschlichen Krebsgene finden sich auch in der DNA verschiedener anderer Säuger, und selbst in der Taufliege Drosophila sind sie vorhanden. Die Vorfahren der menschlichen Krebsgene müssen sich daher bereits vor mehr als 600 Millionen Jahren entwickelt haben, als erst ein gemeinsamer Vorfahre von Menschen und Fliege existierte. Diese Krebsgene hätten diese lange Zeit bis heute nicht so unverändert überstanden, wenn sie für den normalen Stoffwechsel nicht unentbehrlich wären. Krebsgene sind somit keine fremden, unerwünschten Eindringlinge, sondern normale Zellgene, die bei Krebserkrankungen außer Kontrolle geraten und von Freund zu Feind werden.
Frauen mit Mutationen im BRCA-1- oder BRCA-2-Gen haben ein sehr viel höheres Krebsrisiko als die normale Bevölkerung. Vererbte Mutationen des BRCA-1-Gens verursachen Brust- und Ovarialkrebs, BRCA-2-Mutationen führen hauptsächlich zu Brustkrebs. 80% der Frauen, die eine mutierte Form auch nur eines der beiden Gene besitzen, entwickeln meist schon in einem sehr frühen Alter einen Brustkrebs. Obwohl BRCA 1 und BRCA 2 auf sequenzieller Ebene nur wenige Gemeinsamkeiten haben, so scheinen sie bei der Krebsentstehung nach einem ähnlichen Mechanismus zu agieren. Beide binden an RAD 51, ein Protein, welches bei der DNA-Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen eine essentielle Rolle spielt und ein wichtiger Faktor für die meiotische und mitotische Rekombination ist. Nach Mutationen der BRCA-Gene wird die DNA-Reparatur außer Kraft gesetzt, so daß es zu einer Vielzahl an weiteren Mutationen kommen kann, einschließlich solcher Mutationen, die zur Krebsentstehung führen können. Sowohl BRCA 2 als auch RAD 51 werden zur gleichen Zeit in den Zellen gebildet, dies geschieht vor allem in sich schnell teilenden Zellen. Vererbte Mutationen im BRCA-2-Gen können zur Krebsentstehung führen, aber es müssen noch zusätzliche genetische Veränderungen bis zu Konvertierung einer prädisponierten Zelle zu einer neoplastischen Zelle entstehen. Beim Caretaker-Weg sind normalerweise noch drei weitere Mutationen notwendig, während beim Gatekeeper-Weg nur noch eine weitere Mutation, die zur Inaktivierung des zweiten Gatekeeper-Allels führt, zur Krebsentstehung ausreicht. BRCA-2-Gene scheinen eher auf dem Caretaker-Weg zu agieren als auf dem Gatekeeper-Weg.
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