- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 40/1997
- Seehofer: ...
DAZ aktuell
Seehofer: Transfusionsgesetz kommt
Damit sowie durch weitere Reaktionen auf den 1993 bekanntgewordenen HIV-Blutskandal habe sich die Sicherheit der Blutprodukte in Deutschland deutlich verbessert, erklärte Horst Seehofer am 23. Juli in Bonn. Die Opposition warf ihm dagegen vor, nur unzureichend Konsequenzen aus der Affäre gezogen zu haben. Ende Oktober 1993 hatte der Bundestag einen Untersuchungsausschuß "HIV-Infektionen Blut und Blutprodukte" eingesetzt, um die Verantwortlichkeiten in dieser Affäre, die bis Mitte der 80er Jahre zurückreichte, zu untersuchen. Im Januar 1994 hatte der Untersuchungsausschuß in seinem ersten Zwischenbericht weitreichende Veränderungen unter anderem im Arzneimittelgesetz (AMG) gefordert. Eine Konsequenz war die Auflösung des damaligen Bundesgesundheitsamtes in Berlin. Die Zuständigkeit für Blutprodukte ging auf das Paul-Ehrlich-Institut über. Die wichtige Forderung des Untersuchungsausschusses zur Änderung des Produkthaftungsrechts im AMG ist demnach noch nicht erfüllt worden. Hierzu gibt es laut Seehofer bisher Empfehlungen einer interministeriellen Arbeitsgruppe. Das federführende Bundesjustizministerium prüfe derzeit Regelungen zum Schmerzensgeld im Rahmen der Gefährdungshaftung, Beweiserleichterungen sowie die Umkehr der Beweislast zugunsten der Opfer. Der Minister erinnerte an andere Maßnahmen wie die staatliche Chargenprüfung bei Plasmaprodukten, die bereits umgesetzt wurden. Darüber hinaus sei in der fünften AMG-Novelle beispielsweise höhere Strafen bei schwerwiegenden Verstößen gegen das AMG, erweiterte Befugnisse der Zulassungsbehörden, verschärfte Einfuhrbestimmungen bei Importen aus Drittländern oder verschärfte Meldepflichten der pharmazeutischen Unternehmer eingeführt worden. Nach wie vor müsse die Selbstversorgung mit Blutbestandteilen in Deutschland noch verstärkt werden. Vertreter von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen warfen Seehofer vor, nicht genügend Konsequenzen aus dem AIDS-Skandal gezogen zu haben. Horst Schmidbauer, SPD, bemängelte das Fehlen der nationalen Eigenversorgung von Blut und Plasma im Entwurf des Transfusionsgesetzes. Er warf dem Minister vor, an einer Sicherheitsstufe gegen Hepatitis C-Viren (HCV) zu sparen. Der Test auf HCV sei in Deutschland aus Kostengründen nicht vorgeschrieben. Die fehlende Beweislastumkehr bedeute für die Opfer, das sie zusätzlich zu ihrem Schaden weiterhin die Beweislast mit allen finanziellen und gerichtlichen Risiken tragen müßten. Monika Knoche von Bündnis 90 / Die Grünen warf dem Minister in der Entschädigungsfrage einen "Kniefall" vor der Industrie vor. Statt die Unternehmen wie in Japan zur Verantwortung zu ziehen, wo 630.000 Mark pro Betroffenem gezahlt würden, bliebe es hier bei Almosen aus Stiftungsgeldern. Auch bei der Bundesärztekammer (BÄK) in Köln ist der Entwurf des Transfusionsgesetzes auf Kritik gestoßen. Damit werde ärztliches Handeln überreglementiert. Darüber hinaus werde die Transfusionsmedizin auf dem heutigen Wissenstand eingefroren, was abzulehnen sei, so BÄK-Präsident Dr. Karsten Vilmar in einem Brief an den Minister. Das Ministerium verkenne, daß ein hohes Maß an krimineller Energie damals Ursache für die HIV-infizierten Blutprodukte waren und nicht die Wirkungslosigkeit ärztlicher Richtlinien. Vilmar plädiert daher für die Ermächtigung der BÄK, Vorgaben für die Ärzte zu formulieren und die Qualitätssicherung in diesem Bereich zu rege
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.