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Arzneimittel und Therapie
Beta1-selektive Betablocker: Therapie der Hypertonie im Alter
Nach der Definition der World Health Organization (WHO) spricht man ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren von einem alternden Menschen, bei einem Alter von 61 bis 75 von einem älteren und bei einem Alter von 76 bis 90 Jahren von einem alten Menschen. Die Tatsache, daß immer mehr Menschen den Status eines ≥alten" Mensch erreichen, ist heute für den größten Teil der medikamentösen Verschreibungen verantwortlich. So zeigen verschiedene Krankheitsbilder wie Hypertonie, Koronare Herzkrankheit, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen eine direkte Korrelation zum Alter.
Hypertonie im Alter Die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Ausbildung einer Hypertonie im Alter führen, basieren häufig auf einer Zunahme des peripheren Gefäßwiderstandes. Die Elastizität der Blutgefäße nimmt ab, und verbunden mit einer zunehmenden Arteriosklerose kann sich eine endotheliale Dysfunktion ausbilden, die zur weiteren Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes beiträgt. Die Gefahr, daß sich ausgehend von diesen pathophysiologischen Mechanismen und der daraus resultierenden systolischen Hypertonie Koronarstenosen, koronare Mikrozirkulationsstörungen oder eine linksventrikuläre Hypertrophie bildet, ist sehr groß, insbesondere wenn die Hypertonie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Eine Herzinsuffizienz als Folge der koronaren Herzkrankheit oder der Hypertonie ist bei alten Patienten häufig anzutreffen.
Therapie der Hypertonie Jede chronische arterielle Hypertonie macht eine individuelle Therapiestrategie notwendig. Im Alter soll die blutdrucksenkende Therapie vor allem den beschriebenen pathophysiologischen Mechanismen entgegenwirken, also den peripheren Gefäßwiderstand senken und die dadurch eingeschränkte Herzfunktion regulieren. Anzustreben ist eine Normalisierung des Blutdrucks, d. h. eine Senkung des diastolischen Blutdrucks auf unter 90 mmHg sowie des systolischen Drucks auf 145 mm Hg oder darunter (bei über 65jährigen Patienten unter 160 mmHg). Da eine rasche Blutdruckabnahme subjektiv oft schlecht vertragen wird und insbesondere bei älteren Patienten gefährliche Komplikationen wie z.B. zerebrale Ischämien hervorrufen kann, muß der Blutdruck langsam gesenkt werden. In der Regel versucht man zunächst, mit einer Monotherapie die Hypertonie in den Griff zu bekommen. Die Auswahl des Antihypertonikums sollte dabei der Gesamtsituation des Patienten (u.a. dem Lebensalter und eventuellen Begleiterkrankungen) angepaßt und die Dosis zur Vermeidung von Nebenwirkungen möglichst niedrig gehalten werden. Mittel der ersten Wahl sind Alpha1- und Beta-Rezeptorenblocker, Diuretika, Calciumantagonisten sowie ACE-Hemmer.
Beta-Rezeptorenblocker Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten hemmen kompetitiv Beta-Adrenorezeptoren. Durch Blockade von Beta1--Rezeptoren wird die positiv inotrope und chronotrope Wirkung der Catecholamine am Herzen und durch Blockade der Beta2-Rezeptoren deren erschlaffende Wirkung an der glatten Muskulatur aufgehoben. Außerdem hemmen Beta-Rezeptorenblocker Stoffwechseleffekte der Catecholamine. Therapeutisch erwünscht ist vor allem die Beta1--Blockade, die auch bei der Therapie der Hypertonie beim alten Patienten im Vordergrund steht. So eignen sich von der umfangreichen Palette der heute zur Verfügung stehenden Betarezeptorenblocker vor allem diejenigen, die eine möglichst hohe Selektivität für Beta1-Rezeptoren besitzen. Zu den beta1-selektiven Betablockern zählen Atenolol, Acebutolol, Celiprolol, Betaxolol, Metoprolol und Bisoprolol. Allerdings ist ihre Selektivität nur relativ und nicht absolut und geht bei höherer Dosierung meist verloren.
Nebivolol mit relativ hoher Selektivität Eine neuere Substanz mit relativ hoher Selektivität zu Beta1-Rezeptoren ist Nebivolol. Für Nebivolol wurde neben der Beta1-Rezeptorblockade und der damit verbundenen Abnahme des Herzzeitvolumens und der Senkung des erhöhten systolischen Blutdrucks in verschiedenen Studien über die Steigerung der NO-Synthese auch eine Vasodilatation an den Gefäßen und dadurch eine Senkung des diastolischen Blutdrucks nachgewiesen. Vor allem bei begleitender koronarer Herzkrankheit ist diese Hemmung der Beta1-Rezeptoren bei gleichzeitiger NO-abhängiger Gefäßerweiterung ein wichtiges antianginöses Wirkprinzip. Vorteil der selektiven Beta1-Rezeptorblocker ist neben dem guten Wirkungsprofil die Tatsache, daß Nebenwirkungen wie Atemwegskonstriktionen seltener auftreten. Dennoch sind auch diese Substanzen bei Asthmapatienten kontraindiziert. Weitere Nebenwirkungen, die häufiger auftreten, sind Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit und Parästhesien. Seltener werden Diarrhö, Obstipation, Übelkeit, Dyspnö und Ödeme beobachtet. Um diese Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, gilt auch für die Therapie mit beta1--selektiven Rezeptorblockern, insbesondere auch bei älteren oder alten Patienten, daß sie unter ärztlicher Überwachung und einschleichend durchgeführt werden muß. Wird dies beachtet, liegt mit den beta1-selektiven Rezeptorblockern eine gute Therapiestrategie zur Behandlung der Hypertonie und den damit verbundenen Risiken beim alten Menschen vor.
Quelle Prof. Dr. Dr. U. Borchard, Düsseldorf, Chefarzt Priv. Doz. Dr. R. K. Klocke, Vechta, Chefarzt Prof. Dr. G. Linß, Hennigsdorf, Pressekonferenz ≥Rezeptorenregulation und Endothelfunktion", Berlin, 28. November 1997, veranstaltet von Berlin-Chemie
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