Arzneimittel und Therapie

Infektionen mit Chlamydien: Rechtzeitig erkennen und behandeln

Was bei Mann und Frau mit leichtem Brennen beim Wasserlassen beginnt, kann sich in vielen Fällen über eine schmerzhafte Entzündung von Harnröhre oder Eileiter bis zur Sterilität auswachsen und so eine Familienplanung endgültig vereiteln. Die Ursache dafür ist eine vorrangig durch Geschlechtsverkehr übertragene, infektiöse Krankheit, die allein in Europa und den USA jährlich 3 bis 4 Millionen Neuerkrankungen zur Folge hat und die durch Chlamydien ausgelöst wird.

Dabei liegt das Problem weniger in der Behandlung, für die wirkungsvolle Antibiotika zur Verfügung stehen, als vielmehr in der rechtzeitigen Entdeckung des Erregers "Chlamydia". Denn bei etwa drei von vier betroffenen Frauen und einem Viertel der Männer verläuft die Infektion zunächst nahezu symptomlos.

Entzündungen der Nebenhoden und der Harnröhre
Durch Chlamydien hervorgerufene Infektionen zählen zu den häufigsten sexuell übertragenen bakteriellen Krankheiten des Menschen. Sie kommen weltweit schätzungsweise 40mal häufiger vor als Syphilis und können unbehandelt Sterilität verursachen. Auch wenn anfangs keine Symptome auftreten, so kann sich doch beispielsweise beim Mann später eine Entzündung der Nebenhoden entwickeln. Auch die Hälfte aller festgestellten Harnröhrenentzündungen gehen auf das Konto von Chlamydien.

Eileiterentzündungen führen zur Unfruchtbarkeit
In Europa werden jährlich etwa 1 Million Fälle von Eileiterentzündungen bei Frauen diagnostiziert, wovon etwa 600000 auf eine Infektion durch Chlamydia trachomatis zurückgehen. Die Erkrankung endet bei etwa jeder fünften Frau mit Unfruchtbarkeit, die im Zusammenhang mit den entstandenen Verklebungen in den Eileitern steht. Von einer Million Frauen in den USA, die eine Beckenentzündung durchmachten, erlitten 40 Prozent eine durch C. trachomatis verursachte Infektion.
Oft treten schleimig-eitrige Gebärmutterhalsentzündungen auf, Entzündungen der Harnröhren oder der am Scheidenrand befindlichen Bartholin-Drüsen.

Risiko für das Kind
Bei schwangeren, infizierten Frauen ist das Risiko einer Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaft sowie Frühgeburt deutlich erhöht. Blutungen und die Notwendigkeit einer Gebärmutterentfernung können als Spätfolgen auftreten.
Selbst die Neugeborenen infizierter Mütter werden nicht verschont. Jährlich sind Chlamydien für etwa 10000 Fälle von Lungen- und Bindehautentzündungen verantwortlich.

Symptome treten nicht immer auf
Zwar können bei der Frau erste Anzeichen wie Brennen und Jucken beim Wasserlassen, Ausfluß, Zwischenblutungen und Unterleibsschmerzen mit Fieber auf eine Chlamydien-Infektion hinweisen, doch bleiben bei vielen der Betroffenen die Symptome zunächst völlig aus. Entsprechend empfindet auch jeder vierte Mann lange Zeit keine Beschwerden.
Einmal entdeckt, ist die Behandlung der Infektion mit Antibiotika relativ unkompliziert und im größten Teil der Fälle erfolgreich. Patienten, die keine Beeinträchtigungen verspüren, suchen in der Regel allerdings keinen Arzt auf.

Moderne Nachweismethoden
Mit einer rechtzeitigen Diagnose lassen sich ernsthafte Folgeerscheinungen verhindern. Als Nachweismethoden für Chlamydien kommen beispielsweise die Kultivierung des Erregers, Enzymimmunoassays, Tests mit fluoreszierenden Antikörpern sowie die Polymerasekettenreaktion (PCR, Polymerase Chain Reaction) in Frage.
Zwar gelten die Kulturmethoden als "Goldstandard", aber ihre Empfindlichkeit erreicht lediglich eine Größenordnung von 80 bis 90%. Sie sind arbeitsaufwendig, haben einen Zeitbedarf von 3 bis 5 Tagen und deshalb relativ teuer.
Da für die PCR-Methode nur ein einziges DNA-Segment aus dem Erbgut des Bakteriums notwendig ist, reicht eine sehr kleine Probenmenge zum Nachweis von Chlamydien aus. Dabei wird das charakteristische DNA-Segment zuerst in seine Einzelstränge aufgetrennt und anschließend mit synthetischen Bausteinen ergänzt. Aus einem DNA-Einzelstrang entsteht auf diese Weise ein Doppelstrang. Dieser Vorgang der Amplifizierung wird so lange wiederholt, bis die Menge an gewünschter DNA für den Nachweis ausreicht.
Ein weiterer Fortschritt besteht darin, daß Chlamydien mit den Reagenzien sogar im Urin infizierter Männer nachgewiesen werden können, was zum Beispiel mit Kultivierungsmethoden nicht möglich ist. Daher entfällt der oft schmerzhafte, unangenehme Abstrich aus der Harnröhre. Bei Frauen wird meist ein Abstrich aus dem Gebärmutterhals genommen oder ebenfalls eine Urinprobe.

Bindehautentzündung als Ursache für Erblindung
Chlamydien sind seit vielen Jahren als Erreger verschiedener Krankheiten des Menschen bekannt. Daß sie zu den Bakterien gehören und nicht, wie früher angenommen, zu den Viren, hat sich an biochemischen Merkmalen feststellen lassen. Wachstum und Vermehrung der Chlamydien hängen vom Stoffwechsel entsprechender Wirtszellen ab. Daher können sie auch als "Zellenergie-Parasiten" beschrieben werden.
Chlamydia trachomatis verursacht nicht nur Geschlechtskrankheiten , sondern auch das Trachom (Körnerkrankheit, ägyptische Augenkrankheit). Diese chronische Bindehautentzündung stellt noch immer eine der häufigsten Ursachen für Erblindungen dar. Weltweit sind davon etwa 20 Millionen Kinder und Erwachsene betroffen. Der Erreger wird dabei durch Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch, über verunreinigte Gegenstände oder verseuchtes Wasser übertragen.


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