- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 10/1998
- Alprostadil: Zwei Kammern...
Arzneimittel und Therapie
Alprostadil: Zwei Kammern für eine leichtere Handhabung
Etwa jeder zehnte Mann leidet an einer erektilen Dysfunktion, bei den über 65jährigen sind sogar 15% der Männer betroffen. Als Ursachen für die "Impotenz" kommen sowohl physische als auch psychische Störungen in Frage, wobei der Anteil der psychisch bedingten erektilen Dysfunktionen weitaus geringer ist als lange Zeit angenommen. Nur etwa 30% der Fälle sind rein psychogen bedingt. Bei allen anderen, also etwa 70%, liegt eine organische Ursache vor. Dabei handelt es sich vor allem um arterielle oder kavernöse Insuffizienz sowie neurologische oder endokrine Störungen.
Physiologie und Pathophysiologie der Erektion Die zentrale Rolle beim physiologischen Ablauf einer Erektion spielen die glatten Muskelzellen im Schwellkörpergewebe und in den Arteriolen des Penis. Im erschlafften Zustand ist die glatte Muskulatur der Arteriolen ebenso wie die Muskulatur der Schwellkörper (Corpora cavernosa) kontrahiert. Die Venen sind geöffnet und erlauben eine ungehinderte Blutdrainage der Schwellkörper. Während der Erektion wird die Durchblutung der Penisarterien, gesteuert durch entsprechende Nerven, gesteigert und gleichzeitig die glatte Muskulatur der Schwellkörper relaxiert. Der Querschnitt der Penisarterien nimmt dadurch zu, und es kommt zu einem schnellen Bluteinfluß in die Schwellkörper. Die "Auffüllung" der Schwellkörper führt in der Folge zu einer zunehmenden Abflußblockade der Venen und schließlich, bei vollständigem Venenverschluß, zur Erektion. Dieser physiologische Ablauf der Erektion ist auf allen Ebenen der Reizentstehung, Reizleitung, der Durchblutungssteigerung und der venösen Abflußblockade störanfällig und kann isoliert oder in Kombination in den Symptomen der erektilen Dysfunktion münden. Als Risikofaktoren für die Entstehung der erektilen Dysfunktion gelten Diabetes mellitus (27% der Patienten über 40 Jahre entwickeln eine erektile Dysfunktion), Hyperto-nie (33%), Fettstoffwechselstörungen (83%) und Rauchen (87%).
Auf die Diagnose kommt es an Um die erektile Dysfunktion adäquat therapieren zu können, muß zuvor eine umfassende Diagnostik stattfinden. Psychogen bedingte erektile Dysfunktionen sind von organisch bedingten abzugrenzen, und auch bei Vorliegen einer psychogenen erektilen Dysfunktion müssen zusätzlich organische Schäden ausgeschlossen werden. Zur Diagnose verwendet man heute vor allem den sogenannten Schwellkörpertest, bei dem intrakavernös eine vasoaktive Substanz appliziert wird. Liegt nach diesem Test der Verdacht auf eine arterielle oder kavernöse Dysfunktion vor, wird dann zur weiterführenden Diagnostik die Duplex-Dopplersonographie durchgeführt. Ergibt sich durch die Diagnose, daß eine organisch bedingte erektile Dysfunktion vorliegt, wird in der Regel eine medikamentöse Therapie eingeleitet, d. h. die Erektion wird durch Gabe von vasoaktiven Substanzen "künstlich" erzeugt. Hierbei hat sich vor allem Alprostadil (Prostaglandin E1) bewährt. Weitere Substanzen, die für die Schwellkörperinjektion untersucht wurden, sind Papaverin, eine Mischung aus Papaverin und Phentolamin, sowie Moxisylyt.
Therapie mit Alprostadil Alprostadil wird bereits seit einigen Jahren aufgrund seiner gefäßerweiternden und durchblutungsfördernden Wirkung bei verschiedenen Indikationen angewendet: Als Minprog® ist Alprostadil seit 1983 in Deutschland zur zeitweiligen Aufrechterhaltung des Ductus arteriosus Botalli bei Neugeborenen mit angeborenen Herzfehlern zugelassen, als Prostavasin® wird es seit 1985 zur Behandlung der chronischen arteriellen Verschlußkrankheit im Stadium III und IV eingesetzt. In der Therapie der erektilen Dysfunktion wurde Alprostadil seit 1986 im Rahmen von Studien angewandt, seit 1995 ist es in den USA in Form eines Fertigarzneimittels (Caverject®) zur intrakavernösen Applikation (Schwellkörper-Autoinjektionstherapie, SKAT) zugelassen. Die Zulassung für Deutschland für diese Indikation erfolgte im letzten Jahr.
Wirksamkeit in verschiedenen Studien Grundlage für die amerikanische Zulassung waren drei Multicenterstudien mit insgesamt 894 Patienten über einen Zeitraum von 24 Monaten, bei denen Alprostadil in 73% der Fälle wirksam war. 93% der Patienten, die nach der Testphase auf Alprostadil eingestellt wurden, erzielten erfolgreich Erektionen. Dieses Ergebnis wurde auch durch eine offene europäische Langzeitstudie (über 4 Jahre) belegt: Bei einer Gesamt-Injektionszahl von 16886 führten 93% zu befriedigenden Erektionen. Als Nebenwirkungen wurden bei 5,7% der Studienteilnehmer verlängerte Erektionen (Priapismus) von mehr als zwei Stunden beobachtet, allerdings nur während der Titrationsphase, in der die optimale Dosierung für den jeweiligen Patienten noch nicht festlag. Injektionsbedingte Schmerzen traten zu Beginn der Studie bei 12% der Patienten auf, nahmen jedoch im Lauf der Studie ab. Insgesamt berichteten mehr als 82% der Patienten im ersten Studienjahr über einen positiven Therapieeffekt, im vierten Jahr lag die Zufriedenheit der Teilnehmer sogar bei 91%.
Zwei Kammern für eine leichtere Handhabung Zusätzlich zu Caverject® ist nun seit 2. März ein weiteres Alprostadilpräparat (Viridal®, Hoyer GmbH & Co.) auf dem Markt, das sich durch seine vereinfachte Handhabung und die Einsatzmöglichkeit von sehr dünnen Nadeln auszeichnet. Alprostadil ist nur in lyophilisierter Form haltbar und wird daher als Pulver angeboten. Bisher war es notwendig, vor der eigentlichen Anwendung die erforderliche Wirkstoffmenge abzumessen, in Flüssigkeit aufzulösen und mit der Spritze aufzuziehen. Diese Mischprozedur entfällt bei Viridal®, da Alprostadil in diesem Fall in einem Zwei-Kammer-System (Doppelkammerkarpule) gespeichert vorliegt. Die Doppelkammerkarpule enthält Alprostadil in der vorderen Kammer, in der hinteren Kammer befindet sich eine sterile Natriumchlorid-Lösung. Bei Gebrauch wird die Karpule in einem Applikator fixiert, wodurch sich die beiden Kammern automatisch zur gebrauchsfertigen Lösung mischen. Die entsprechende Alprostadil-Dosis kann dann mit Hilfe einer auf der vorderen Kammer aufgebrachten Skala abgelesen und direkt mit einer sehr feinen Nadel (29 G) injiziert werden. Die vereinfachte Handhabung erlaubt ein schnelles Erlernen der Selbstinjektion, ein geringes Risiko für eine Keimübertragung und ist für den Patienten durch die Einsatzmöglichkeit der extrem feinen Nadeln angenehm in der Anwendung.
Quelle Prof. Dr. Hermann van Ahlen, Osnabrück, Prof. Dr. Ulrich Wetterauer, Freiburg/Breisgau, Dr. Wilhelm Dierkopf, Starnberg, Einführungspressekonferenz "Viridal - Erektile Dysfunktion? Mit zwei Kammern zum Erfolg", Isle of Man, 6. Februar 1998, veranstaltet von der Firma Hoyer GmbH & Co, Monheim.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.