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Arzneimittel und Therapie
Malaria: Wie die Resistenz gegen Chloroquin entsteht
1959 traten Resistenzen im Amazonastiefland auf, 10 Jahre später auf dem indischen Subkontinent, und mit dem Beginn der 80er Jahre breiteten sich resistente Parasiten im gesamten tropischen Afrika aus. Heute ist Chloroquin überall dort, wo Plasmodium falciparum, der Verursacher der lebensgefährlichen Malaria tropica die zahlenmäßig größte Bedrohung darstellt, weitgehend wirkungslos.
Welche Gene sind für die Resistenz verantwortlich?
Da sich die Resistenz gegenüber Chloroquin entsprechend der Mendelschen Gesetze an die nachfolgenden Parasitengeneration vererbt, könnte ein einziges Gen (oder mehrere, jedoch miteinander verknüpfte Gene) für die Resistenz verantwortlich sein. Eine amerikanischen Forschungsgruppe identifizierte kürzlich durch Kreuzungsversuche mit chloroquinresistenten und chloroquinsensiblen Stämmen von Plasmodium falciparum eine 36 Kilobasen lange Region auf Chromosom 7, in dem die genetische Information für die Resistenz vermutet wird.
Dabei wurden zwei Gene, cg1 und cg2, identifiziert, die wahrscheinlich für die Resistenz entscheidend sind. Alle in Afrika und Asien von Malariapatienten isolierten chloroquinresistenten Parasitenstämme wiesen eine Mutation in genau diesen beiden Genen auf. Dagegen hatten chloroquinempfindliche Parasiten diese Erbänderung nicht.
Chloroquin erstickt Plasmodien im eigenen Müll
Die Plasmodien ernähren sich im wesentlichen vom Blutfarbstoff Hämoglobin, der aus einem Eiweißanteil (Globin) und vier Porphyrinringen (Häm) besteht. Während die Parasiten Globin durch eigene Enzyme verdauen und die dabei freiwerdenden Aminosäuren für den Aufbau ihrer eigenen Zellstrukturen verwenden, können sie mit den eisenhaltigen Porphyrinringen nichts anfangen. Wenn aber massenhaft Hämoglobin abgebaut wird, was sich beim Malariakranken in einer zunehmenden Blutarmut (Anämie) bemerkbar macht, fallen auch entsprechend viele Porphyrinteile an.
Da dieser eisenhaltige "Abfall" für die Parasiten schädlich ist, "entsorgt" er ihn durch Polymerisierung. Das eisenhaltige "Altmetall" wird quasi verschmolzen und abgelagert. Und genau hier greift das Chloroquin an: es verhindert, daß die Hämteile polymerisieren und damit unschädlich werden. Der Parasit "erstickt" letzten Endes an seinem eigenen "Müll". Um das zu vermeiden muß der Malariaerreger das Chloroquin aus seiner Nahrungsvakuole, in der das Hämoglobin abgebaut wird, wieder wirkungsvoll herausschaffen.
Mechanismus der Chloroquinresistenz
Das scheint die Aufgabe des Eiweißes zu sein, das von dem Resistenzgen cg2 kodiert wird. Dieses Protein kommt nämlich hochkonzentriert in der Nahrungsvakuole des Parasiten vor. Überdies ist die Konzentration dann besonders hoch, wenn sich die Parasiten teilen, ihr Stoffwechsel also besonders aktiv ist, entsprechend viel Häm anfällt und durch die hemmende Wirkung des Chloroquins auf die Deponierung der Erstickungstod droht.
Durch die genetischen Untersuchungen wurde auch nachgewiesen, daß chloroquinresistente Parasitenstämme sich von Asien aus - vermutlich durch Reisende - nach Afrika ausgebreitet haben, die nahezu zeitgleich Resistenzentwicklung in Südamerika jedoch davon unabhängig erfolgte. Wenn aber in Südamerika die Resistenz der Malariaerreger nicht mit einer Änderung im Transporteiweiß für Chloroquin zusammenhängt, dann muß der Parasit noch andere genetische Kniffe in petto haben, um sich aus einer molekularen Zwickmühle zu befreien.
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