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Laktoseintoleranz: Laktose in Arzneimitteln - kann das zu Beschwerden führen?
In unserer erwachsenen Bevölkerung schätzt man das Vorkommen einer Laktoseintoleranz immerhin auf etwa 15%. Die Betroffenen klagen nach dem Genuß von Milch und Milchprodukten in unterschiedlichem Ausmaß über Übelkeit, Völlegefühl, Bauchkrämpfe, Flatulenz und explosionsartige Durchfälle. Die Ursache ist ein Mangel oder ein völliges Fehlen von Laktase in der Dünndarmschleimhaut. Dieses Enzym ermöglicht die Aufspaltung von Milchzucker in Galaktose und Glukose und damit deren Resorption und Aufnahme in den Körper. Bei einer Laktoseintoleranz verbleibt der Milchzucker im Darmlumen. Aufgrund seiner osmotischen Eigenschaften bindet er hier Wasser (12 g Laktose binden ca. 200 ml Wasser), was einen laxierenden Effekt ausübt (osmotische Diarrhö). Darüber hinaus wird Laktose im Dickdarm bakteriell unter Gas- und Säurebildung abgebaut. Als Folge kann es zu Meteorismus, Flatulenz und Bauchkrämpfen kommen. Alle Wirkungen sind abhängig von der aufgenommenen Zuckermenge sowie von dem Ausmaß des Enzymmangels. Dies erklärt auch, warum es bei einer nachgewiesenen Laktoseintoleranz individuell unterschiedliche Reaktionen gibt.
Laktose als Tablettenfüllstoff Milchzucker wird auch bei einer Vielzahl von Tabletten als Füllstoff verwendet, u. a. bei gastroenterologischen Medikamenten. Die Hersteller geben diese Füllstoffe unter "weitere Bestandteile" an, ohne jedoch Aussagen über Mengen zu machen. Beispielsweise ist Laktose in Durchfallpräparaten, aber auch in Mitteln mit Wirkungen gegen Meteorismus oder Dysbakterie enthalten. Diese gehen teilweise mit ähnlichen Symptomen wie die Laktoseintoleranz einher. Es erhebt sich deshalb die Frage, inwieweit dieser Zusatz von Milchzucker bei Patienten mit Laktoseintoleranz zu ungünstigen Nebenwirkungen führen kann und damit die Effekte der Wirkstoffe verschleiert oder vermindert. Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, haben wir den Milchzuckergehalt in mehreren handelsüblichen Medikamenten gemessen.
Methodik Untersucht wurden drei Chargen von aus dem Handel erworbenen Arzneimitteln, bei denen ausdrücklich vom Hersteller Laktose als Bestandteil angegeben war. Im einzelnen handelte es sich um folgende Arzneimittel: Nr. 1:Saccharomyces boulardii,250 mg, Beutel Nr. 2:Saccharomyces boulardii,250 mg, Kapseln Nr. 3:Dimeticon 80 mg, Kautabletten (Hersteller 1) Nr. 4:Dimeticon 40 mg, Kautabletten (Hersteller 2) Der Laktosegehalt wurde enzymatisch mit der Hilfe eines handelsüblichen Testsatzes (Boehringer Mannheim) bestimmt. Dazu wurde der Inhalt von einer Kapsel bzw. einer Kautablette durch vorsichtige Ultraschallbehandlung in Wasser gelöst und anschließend filtriert.
Ergebnisse Im einzelnen wurden die in der Tabelle dargestellten Laktosegehalte gemessen.
Diskussion Die gefundenen Laktosemengen lagen je Einzeldosis in der Größenordnung von 0,03 g bis 0,19 g. Geht man davon aus, daß mehrere Einzeldosen gleichzeitig oder im Verlauf eines Tages genommen werden, so würde man kaum über Tagesmengen von 1 g oder 2 g kommen. Bei Personen mit Laktoseintoleranz werden Beschwerden in der Regel bei der Ingestion von größeren Mengen ausgelöst. In einer systematischen Untersuchung war die minimale Dosis 5 g [1]. Andererseits gibt es verschiedene Einzelbeobachtungen, daß bereits 20 mg - enthalten z.B. in Intal® Kps. - zu ungünstigen Nebenwirkungen geführt haben [2]. Auch wenn in den Arzneimitteln die Zusätze von Laktose in der Regel zu gering sind um Unverträglichkeitserscheinungen auszulösen, so kann in Einzelfällen ein solcher Effekt durchaus eine Rolle spielen. Aus diesen Überlegungen wäre es wünschenswert, wenn die Hersteller die bei der galenischen Zubereitung ihrer Arzneimittel verwendeten exakten Laktosemengen unter den wissenschaftlichen Informationen verzeichnen würden. Wegen möglicher ungünstiger Nebenwirkungen sollte u.E. bei gastroenterologischen Medikamenten ein Zusatz von Milchzucker nach Möglichkeit ganz unterbleiben.
Literatur [1]Gudmand-Hoyer, E., K. Simony: Individual sensitivity to lactose in lactose malabsorption. Digestive Disease 22, 177-188 (1997). [2]Brandstetter, R. D., R. Conetta, B. Glazer: Lactose intolerance associated with Intal capsules. N.Engl. J. Med. 315, 1613-1614 (1986). [3]van Assendelft, A. H. W.: Bronchospasm induced by vanillin and lactose. Eur. J. Resp. Dis. 65, 468-472 (1984). [4]Lieb, J., D. J. Kazienko: Lactose filler as a cause of "drug-induced" diarrhea. N.Engl. J. Med. 299, 314 (1978). Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Werner E. Hansen, II. Medizinische Klinik rechts der Isar, Technische Universität München, Ismaninger Str. 22, 81675 München
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