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Kommentar

Zukunft im Netz?

Das Managed-Care-Gespenst schlich noch vor wenigen Jahren durch Deutschland. Es brachte neudeutsche Begriffe mit wie Health Maintenance Organizations, Pharmaceutical Benefit Manager und Desease Management, mit denen sich vermeintliche Vordenker in Krankenkassen und Ministerin schmückten und versuchten, das amerikanische Gesundheitssystem bei uns zu etablieren. Zum Glück durften einige Politiker mal eine Reise in die USA machen, um sich dieses System genauer anzusehen. Und sie waren gar nicht mehr so überzeugt. Fazit: Unser Gesundheitssystem in Deutschland ist - trotz Mängel - das beste.

Dennoch, so ein bißchen was vom System der neuen Welt sollte doch in Deutschland hängen bleiben. Das Ministerium erlaubte den Krankenkassen, Modellversuche mit den Leistungsanbietern abzuschließen, um neue Versorgungsstrukturen mit Managed-Care-Ansätzen auszuprobieren. Herausgekommen ist bisher nicht allzuviel, neben den dubiosen Bonusverträgen laufen, beispielsweise in Berlin, die Praxisnetze. Einfach ausgedrückt ist dies ein Verbund von Ärzten, der sich per Vertrag mit der Kasse verpflichtet hat, Leistungen sinnvoll und sparsam zu erbringen und den Patienten kostensparend durchs System zu steuern.

Der Apotheker ist in das Netz allerdings bisher nicht eingebunden. Die Krankenkassen sehen noch nicht so recht, wie sich die Apotheken hier sinnvoll und darauf ausgerichtet, Kosten zu sparen, einbringen können. Nach Meinung von Gerhard Schulte, dem Vorsitzenden des Landesverbands der Betriebskrankenkassen in Bayern und ehemaligem Mitarbeiter im Seehofer-Ministerium, steht in erster Linie die Arzneimittelpreisverordnung im Weg. Sie honoriert die Tätigkeit des Apothekers bekanntlich über den Verkauf des Arzneimittels und nicht die Beratungsleistung des Apothekers selbst - das paßt nicht zum Netz und nicht zu Managed Care. Ähnlich wie sich bereits Krankenkassen angestellte Beratungsapotheker leisteten, so könne es sogar sinnvoll sein, daß sich ein Netz einen eigenen Beratungsapotheker einstelle, der kompetent und mit dem Ziel, Einsparungen zu realisieren, arbeite, meint Schulte.

Falsch. Selbst der Apotheker mit seiner Apotheke könnte bereits heute wertvolle Informationen zum Arzneimittel und zur wirtschaftlichen Verordnung in ein Praxisnetz einschleusen, so man ihn denn ließe. Er könnte die rationale Arzneimittelauswahl in die Hand nehmen und Compliance und Wirksamkeit überwachen. Und in nicht allzu ferner Zukunft wird der Apotheker nicht mehr am Arzneimittel verdienen, sondern seine Beratungstätigkeit honoriert - oder?
Peter Ditzel

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