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Universität Halle: Graduiertenkolleg "Transport von Wirkstoffen in biologischen
Im Graduiertenkolleg arbeiten auch in dieser Phase fächerübergreifend Wissenschaftler aus der Mathematik, Physik, Chemie, Pharmazie, Biochemie und Medizin zusammen, um Doktoranden auf Basis eines attraktiven Lehr- und Forschungsprogrammes auszubilden.
Hydrophile Wirkstoffe In dieser Phase soll aufbauend auf die Resultate der ersten Antragsphase den Mechanismen des Transportes hydrophiler Wirkstoffe verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dabei soll sowohl der Transport dieser Wirkstoffe in Modellsystemen als auch in ausgewählten Organen (Haut, Auge, Gastrointestinaltrakt) untersucht werden. Ein Schwerpunkt soll weiterhin in der Entwicklung effektiver und aussagekräftiger Modellsysteme zur Charakterisierung des Wirkstoffs bilden. Dabei liegt das Hauptinteresse in der Etablierung bzw. Weiterentwicklung der Zellkulturtechnik (Keratinozyten, CaCo2) sowie im Einsatz der Bakterienzelle und des Oozyten als Transportsysteme. Anhand dieser Systeme soll insbesondere bei hydrophilen Wirkstoffen der Frage der relevanten Transportmechanismen nachgegangen werden. Weiterhin sollen die Ergebnisse, die mit den unterschiedlichen Transportsystemen erhalten wurden, verglichen werden und zur Übertragbarkeit der Resultate entsprechende Korrelationen erstellt werden. Schwerpunkt bildet dabei weiterhin die Frage, inwieweit es möglich ist, mit Hilfe der genannten Transportsysteme Voraussagen hinsichtlich der Pharmakokinetik in speziellen Organen (Auge, Haut) bzw. im Gesamtorganismus zu erhalten. Aufgrund der leistungsfähigeren analytischen Methoden, die dem Graduiertenkolleg in der zweiten Antragsphase zur Verfügung stehen, kann dem Wirkstoffmetabolismus verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein weiterer Schwerpunkt soll die Entwicklung neuer Techniken zur Messung des Wirkstofftransportes in komplexen Systemen, wie z.B. der Haut, bestehen. Dazu sollen die FT-R-Photoakustische Spektroskopie und Ultrakurzzeitlasertechnik zum Einsatz kommen. Die Untersuchungen sollen sich nicht auf die Messung der Wirkstoffkinetik in biologischen Systemen beschränken, sondern auch Arbeiten zur Beeinflussung des Wirkstofftransportes durch physikochemische Maßnahmen und durch Einsatz effektiver Vehikelsysteme bzw. die mathematische Modellierung zur rationalen Interpretation von Transportvorgängen beinhalten.
Promotionsprojekte
Unmittelbaren Bezug zur Pharmazie haben in der zweiten Antragsphase die folgenden Promotionsprojekte:
• Anwendung der Ultrakurzzeitspektroskopie in biologisch pharmakokinetischen Transportsystemen;
• Einfluß von Glykolipiden als Penetrationsmodulatoren auf die Fluidität von Stratum-corneum-Modellipidsystemen;
• Fettsäurevermittler-erleichterter Wirkstofftransport durch die Zellmembran;
• Charakterisierung und Beeinflussung des Transportes von Wirkstoffen mit Hilfe der Zellkulturtechnik;
• Aufnahme von Wirkstoffen in die gefäßbildenden Systeme menschlicher Haut;
• Ablauf und Modulation der Penetration von Substanzen in die menschliche Haut;
• Struktur und Funktion der Peptid/Cephalosporin-Transporter PAPAT und PEPT2.
Bisherige Projekte Das Graduiertenkolleg kann auf eine außerordentlich erfolgreiche erste Antragsphase zurückblicken. Es wurden in dieser Phase die Pharmazie betreffend folgende Schwerpunkte bearbeitet:
1.Spezielle Modelle für den (trans-)dermalen Stofftransport und ihre numerische Behandlung Die Modellierung des (trans-)dermalen Stofftransports erfolgte in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Neubert (FB Pharmazie) und Wohlrab (Hautklinik) zunächst als Diffusionsprozeß sowohl in einer als auch in zwei räumlichen Dimensionen für einen sowie mehrere Stoffe. Der Schichtenaufbau der Haut wurde dabei berücksichtigt, indem ein Gebiet zugrundegelegt wurde, das ebenfalls aus mehreren Teilgebieten mit jeweils unterschiedlichen physikochemischen Parametern (z.B. Diffussionskoeffizienten) besteht. Zwischen diesen Gebieten wird die Massenbilanzierung durch Verteilungskoeffizienten charakterisiert, die zur Beschreibung der Bedingungen an diesen Übergängen benutzt werden. Es ergibt sich damit ein System parabolischer Differentialgleichungen, welches unter geeigneten Anfangs- und Randbedingungen auf diesem Gebiet zu lösen ist [1].
2.Beeinflussung der Fluidität von ausgewählten Stratum-corneum- Lipiden und deren Auswirkungen auf die Wirkstoffpenetration Die extrazellulären Membranstrukturen des Stratum corneum sind auch bei Abwesenheit von Phospholipiden multilamellar aufgebaut. Daher wurde versucht, ähnlich wie im biophysikalischen Vorgehen bei der Untersuchung von Zellmembranen zwei künstliche Lipidsysteme zu entwickeln: das multilamellare Volumensystem und die Monoschicht als kleinste lamellare Einheit. Innerhalb des Projektes wurde zunächst das Monofilmverhalten der Hauptlipide des Stratum corneum, nämlich Ceramide, Cholesterol, Fettsäuren (gesättigte, ungesättigte sowie verzweigtkettige) und Cholesterylester, geprüft. Die Monofilme wurden mittels der F/A-Isothermen, der Fluoreszenz- und der Brewster-Winkelmikroskopie untersucht.
3.Untersuchung zum Einbau freier Fettsäuren in Modellmembranen: Einfluß auf Struktur, Stabilität und Transportparameter von Modellmembranen Augenlinsen werden durch freie Fettsäuren geschädigt. Wir haben eine Hypothese aufgestellt, wonach die Schädigung der Zellmembran, die als erster Zellbestandteil mit dem schädigenden Agens in Kontakt kommt, ursächlich für den Zelltod ist. Diesen Schädigungsmechanismus wollen wir mit Hilfe von Modellmembransystemen simulieren und mechanistisch erklären. Diese Problematik ist eng verknüpft mit dem Transport von Fettsäuren durch Membranen, welcher bisher kontrovers diskutiert wird [2].
4.In-vitro-Systeme zur Modellierung des Wirkstofftransportes in biologischen Systemen An menschlicher Haut wurde ex vivo der Einfluß von Modulatoren auf die Penetration von Modellwirkstoffen untersucht. Die Modulatoren wurden in geeignete Vehikelsysteme (Propylenglykolzubereitungen, Mikroemulsionen und Nanoparts) inkorporiert. Es konnte am Beispiel mittelkettig verzweigter Fettsäuren gezeigt werden, daß der Einfluß von Penetrationsmodulatoren entscheidend vom Cosolvens bzw. vom eingesetzten Vehikelsystem abhängt. Weiterhin wurde gefunden, daß bei Anwendung in einer Mikroemulsion die Penetration von hydrophilen Wirkstoffen (z.B. Diphenhydramin) durch Cholesterol entscheidend erhöht werden kann. Dagegen bewirkten die eingesetzten Fettsäuren eine starke Penetrationsverringerung. Es konnte weiterhin gezeigt werden, in welchem Ausmaß Vehikelbestandteile (z.B. Isopropylmyristat) aus der Mikroemulsion in die Haut penetrieren [3-7].
5.Charakterisierung und Quantifizierung von Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen und Gallensalz/Phospholipid/Fettsäure-Mischmizellen mittels elektrophoretischer Affinitätschromatographie Ziel des Projektes war es, Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen und Gallensalzmischmizellen zu charakterisieren, die in der Lage sind, die Bioverfügbarkeit der Wirkstoffe zu verbessern, indem dadurch die Arzneistoffe im Gastrointestinaltrakt besser gelöst werden und somit der Transport zur Darmwand erleichtert wird. Aufgrund der zur Zeit noch sehr lückenhaft vorliegenden Kenntnisse über chemische Wechselwirkungen zwischen verschiedensten Wirkstoffen (Salut) und reinen sowie mit Phospholipiden und Fettsäuren gemischten Gallensalzmizellen wurde mittels Mizellarer Elektrokinetischer Chromatographie und Elektrophoretischer Affinitätschromatographie die Beeinflußbarkeit der Wirkstoffe charakterisiert [8-11].
6.Charakterisierung und Beeinflussung des Cephalosporintransportes In die Arzneimitteltherapie sind eine Reihe von Wirkstoffen eingegangen, die aus dem Gastrointestinaltrakt nicht oder nur in geringem Umfang resorbiert werden und parenteral appliziert werden müssen. Es wurde deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die Resorption solcher Substanzen günstig zu beeinflussen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die hydrophilen Cephalosporine, die im physiologischen pH-Bereich ionisiert vorliegen. Für oral anwendbare Cephalosporine ist bekannt, daß sie durch den tertiär-aktiven H+/Peptid-Symporter PEPT1 in die Epithelzellen des Darmes aufgrund ihrer tripeptidähnlichen Struktur transportiert werden. Zur systematischen Untersuchung der strukturellen Erfordernisse, die hinsichtlich des aktiven Transportes an b-Lactam-Antibiotika zu stellen sind, wurden die Affinitätskonstanten von 23 Cephalosporinen und Penicillinen an PEPT1 bestimmt.
7.Untersuchungen zur Penetration und Permeation von Wirkstoffen, Vehikelbestandteilen und Modulatoren in biologischen Systemen mittels Kopplung von chromatographischen mit massenspektrometrischen Analysenmethoden Zur Beeinflussung der Wirkstoffpenetration in und durch die menschliche Haut sind eine Vielzahl von Substanzen untersucht worden, hauptsächlich mit dem Ziel, die Penetration zu erhöhen (Enhancer) bzw. bei lipophilen Arzneistoffen zu verringern (Reducer). Um Aussagen über den Mechanismus der Penetrationsmodulation treffen zu können, ist es notwendig, Konzentrationsprofile von Wirkstoffen, Vehikelbestandteilen und Penetrationsmodulatoren in den einzelnen Hautschichten zu bestimmen. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung von Analysenmethoden, welche eine schnelle und hochempfindliche Dejektion der zu untersuchenden Substanzen ermöglicht [12-15].
8.Reaktion von Keratinozyten nach Exposition mit Radikalfängern und die Entwicklung deren galenischer Einsatzbedingungen Das Organ Haut ist empfindlich gegenüber Reizen verschiedenster Herkunft. Einen dieser Reize stellt die tägliche Einwirkung von Sonnenlicht in Form von UV-Strahlung dar. Bekannterweise induziert UV-Strahlung reaktive Sauerstoffspezies, welche die Peroxidation der Membranlipide des Keratinozyten, das Cross-linking der Proteine (Collagen, Elastin), die Inaktivierung von Enzymen, die funktionelle Abschwächung der Zellen (Langerhans-Zellen, Fibroblasten, Melanozyten) und deren Organellen, also allgemein eine Schädigung der Haut verursachen. Die durchgeführten Untersuchungen dienten der Aufklärung der protektiven Effekte einer Reihe von antioxidativ wirksamen und als Radikalfänger bekannten Substanzen [16].
9.Untersuchungen zum Einfluß ausgewählter Fettsäuren und Glykolipide auf den Wirkstofftransport in humane Haut ex vivo und auf die Proliferation der Keratinozytenkultur HaCaT Gegenstand der Arbeit waren Untersuchungen einerseits zur Modulation des Wirkstofftransportes in humane Haut durch ausgewählter Fettsäuren (Ölsäure, 10-Methylpalmitinsäure, 10-Methylhexadec-9-ensäure) und Glykolipide (Octyl-glucosid, Hexadecylglucosid, Hexadecylglucosid mit 3 Ethoxyspacer-Einheiten) und andererseits zum Einfluß dieser potentiellen Modulatorsubstanzen auf das Proliferationsverhalten der in vitro kultivierten Keratinozyten-Linie HaCaT [3, 17, 18].
10.Modellierung der Pharmakokinetik in isolierten Organen Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines Organmodells für Organe wie z.B. die Leber, bei denen neben den Verteilungs- und Bindungsprozessen insbesondere die Modellierung der Elimination und der Metabolitkinetik im Vordergrund steht. Dabei sollten Verteilungsprozesse wie der konvektive Transport im Netzwerk der Mikrozirkulation, der transkapilläre Transport und die Diffusion in die Gewebephase mit Hilfe der Theorie stochastischer Prozesse modelliert werden.
Literatur (Pharmazie betreffend) [1]Manitz, R., W. Lucht, R. Neubert, K. Strehmel, R. Weiner: On mathematical modelling of dermal and transdermal drug delivery. J. Pharm. Sci. 97, 329-338 (1998). [2]Oberle, V., U. Rothe: Eye Lens Epithelium: Damaging Mechanisms and lens Transparancy. Nova Acta Leopoldina NF 75 (1996). [3]Kalbitz, J., R. Neubert, W. Wohlrab: Modulation der Wirkstoffpenetration in die Haut. Pharmazie 51, 619-637 (1996). [4]Wegener, M., R. Neubert, W. Rettig, S. Wartewig: Structure of stratum corneum lipids characterized by FT-Raman spectroscopy and DSC. I. Ceramides. Int. J. Pharm. 128, 203-213 (1996). [5]Huth, S., R. Neubert, L. Boltze, A. Büge: Experimental Determination and Mathematical Modelling of Propylene Glycol Transport from Semisolid Vehicles. Chem. Pharm. Bull 44, 1263-1266 (1996). [6]Schmalfuß, U., R. Neubert, W. Wohlrab: Modification of drug penetration into human skin using microemulsions. J. Control. Rel. 46, 79-285 (1997). [7]Schneider, I.-M., W. Wohlrab, R. Neubert: Int. J. Pharm. 145, 187-196 (1996). [8]Schwarz, M., R. Neubert, G. Dongowski: Characterization of interactions between bile salts and drugs by micellar electrokinetic capillary chromatography. Part I. Pharm. Res. 13, 1171-1180 (1996). [9]Schwarz, M., R. Neubert, H. Rüttinger: Application of capillary electrophoresis for characterizing interactions between drugs and bile salts. Part II. J. Chromatogr. A 745, 135-143 (1996). [10]Schwarz, M., K. Raith, H. Rüttinger, G. Dongowski, R. Neubert: The dependence of the partition equilibrium of various drugs on the formation of mixed bile salt/lecithin micelles - a characterization by micellar electrokinetic chromatography (MECC). Part III. J. Chromatogr. A 781, 377-389 (1997). [11]Dongowski, G., R. Neubert, M. Schwarz, B. Schorrenberger, H. Anger: Interaction between Food Components and Drug. Part 5: Influence of Starch Degradation Products on Propranolol Absorption. Int. J. Pharm. 158, 99-107 (1997). [12]Wolf, R., K. Raith, K. Neubert: Separation and quantitation of glycolipids as penetration modifiers in human skin using HPLC-MS with electrospray ionization. J. Chromatogr. A 766, 71-76 (1997). [13]Raith, K., R. Wolf, J. Wagner, R. Neubert, H.: Separation of phospholipids by nonaqueous CE with ESI-MS. J. Chromatogr. A 802, 185-188 (1998). [14]Wolf, R., C. Huschka, K. Raith, W. Wohlrab, R. Neubert: Rapid quantification of biotin in human skin extracts after dermal application using HPLC-ESI-MS. Anal. Comm. 34, 335-337 (1997). [15]Wolf, R., C. Huschka, K. Raith, W. Wohlrab, R. Neubert: Rapid quantification of capsaicin and dihydrocapsaicin in human skin extracts after dermal administration using HPLC-ESO-MS. J.Liq. Chromatogr., im Druck. [16]Huschka, C., U. Schmalfuß, W. Wohlrab, R. Neubert: Kolloidale Trägersysteme für die dermale Applikation. Kosm. Med. (1), 34-41 (1996). [17]Schneider, I.-M., W. Wohlrab, R. Neubert: Fatty acids and the epidermis. Hautarzt 48, 303-310 (1997). [18]Schneider, I.-M., W. Wohlrab, R. Neubert: Zum Einfluß nichtionogener Tenside auf der Haut. Kosm. Med. (18), 28-32 (1997).
Prof. Dr. Reinhard Neubert, Sprecher des Graduiertenkollegs, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 06099 Halle (Saale)
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