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Arzneimittel und Therapie
Influenzaviren: Intranasale Grippeimpfung bei Kindern
Influenza-A- und -B-Viren verursachen bei Kindern häufig Atemwegserkrankungen: Während pro Jahr etwa 10 bis 20% der Gesamtbevölkerung an Grippe erkranken, sind es bei Kindern bis zu 40%. Dennoch werden gesunde Kinder kaum gegen Grippe geimpft. Als Grippeimpfstoffe werden bisher Antigene von inaktivierten Influenzaviren injiziert. Die Impfung muß jährlich mit einem aktualisierten Impfstoff wiederholt werden. Kinder unter neun Jahren benötigen jeweils zwei Injektionen. Wesentlich angenehmer ist eine Impfung mit einem Nasenspray. In den USA wurde ein solcher abgeschwächter, kälteadaptierter, trivalenter Lebendimpfstoff für die Grippesaison 1996/97 entwickelt. Er enthielt drei abgeschwächte Influenzavirusstämme, die den Empfehlungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA für den inaktivierten Grippeimpfstoff entsprachen: A(H1N1), A(H3N2) und B.
Studie mit mehr als 1500 Kindern In einer multizentrischen, randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie wurde die Wirksamkeit des Impfstoffs an gesunden Kindern von ein bis fünf Jahren (15 bis 71 Monaten) untersucht. 288 Kinder nahmen an einer Ein-Dosis-Substudie teil, 1314 Kinder bekamen zwei Dosen Impfstoff oder Plazebo im Abstand von etwa 60 Tagen. Traten während der folgenden Grippesaison bei einem Kind Grippesymptome auf (z. B. Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen, Husten, Kopfschmerzen), wurde eine Viruskultur angelegt. Als Grippe galt jede Erkrankung, bei der ein Wildtyp-Influenzavirus aus den Atemwegssekreten isoliert wurde.
Gut verträgliche Anwendung Die Kinder akzeptierten die intranasale Anwendung gut und vertrugen sie auch: In der Zwei-Dosis-Substudie bekamen 97% beide Dosen. In den zehn Tagen nach der ersten Dosis traten bei einigen Kindern vorübergehend leichte Symptome einer Atemwegserkrankung auf; Schnupfen, leichtes Fieber und verringerte Aktivität kamen vor. Nach der zweiten Dosis waren Impfreaktionen nicht häufiger als mit Plazebo. Bei 203 Kindern wurden die Antikörperreaktionen überwacht. Zu Beginn waren 67% für das Influenzavirus A(H1N1), 47% für A(H3N2) und 67% für B seronegativ. Nach zwei Impfstoffdosen hatten von den zuvor Seronegativen 61% Antikörper gegen A(H1N1) und 96% Antikörper gegen die beiden anderen Stämme entwickelt. Insgesamt 115 mit einer Kultur bestätigte Grippefälle traten auf, davon 71 Infektionen mit dem Influenzavirus A(H3N2) und 44 mit dem Influenzavirus B. Es erkrankten 95 von 532 mit Plazebo Geimpften (18%), davon sechs sogar zweimal, aber nur 14 von 1070 mit dem Grippeimpfstoff Geimpften (1%). Sowohl eine als auch zwei Dosen schützten wirksam vor einer Infektion mit den beiden wichtigsten Grippeerregern der Saison, A (H3N2) und B. Der Impfschutz durch eine Dosis betrug 89%, der Schutz durch zwei Dosen 94%.
Grippe verlief leichter Trat bei einem geimpften Kind eine Grippe auf, so verlief sie leichter als in der Kontrollgruppe. Nur acht der 14 Fälle gingen mit Fieber einher, nur eine einzige Mittelohrentzündung trat auf. Damit war die Häufigkeit fiebriger Grippeerkrankungen um 21% verringert, die Rate fiebriger Mittelohrentzündungen im Rahmen einer Grippe um 30% reduziert.
Wirksam und gut verträglich Demnach ist die intranasale Grippeimpfung wirksam und gut verträglich. Sie eignet sich beispielsweise für Kinder mit einem hohen Risiko für Mittelohrentzündungen sowie für Kinder in Tagesstätten mit naturgemäß höherer Ansteckungsgefahr. Die Autoren empfehlen sogar eine Routineimpfung aller Kleinkinder. Ob diese kosteneffektiv wäre, bleibt allerdings unklar. Grippeerkrankungen führen nämlich bei Kindern im allgemeinen nur selten zu Komplikationen. Allerdings können Kinder Influenzaviren auch auf andere übertragen und so zur Ausbreitung beitragen.
Literatur Belshe, R. B., et al.: The efficacy of live attenuated cold-adapted, trivalent, intranasal influenzavirus vaccine in children. N. Engl. J. Med. 338, 1405-1412 (1998). Barnett, E. D.: Influenza immunization for children. N. Engl. J. Med. 338, 1459-1461 (1998). Susanne Wasielewski, Münster
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