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- DAZ 34/1998
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Arzneimittel und Therapie
Hormonersatztherapie: Heben Östrogene die Stimmung?
In der Menopause sinken die Östrogen- und Progesteronspiegel drastisch ab. So liegt die Östrogenkonzentration im Blut prämenopausal zwischen 50 und 250 ng/l, postmenopausal nur noch bei maximal 20 ng/l. Im Gegenzug steigen die LH- und FSH-Spiegel an - eine Feedback-Reaktion. Dieses Östrogendefizit bleibt nicht ohne Folgen: Das Risiko für Osteoporose und kardiovaskuläre Erkrankungen, wie Herzinfarkt und Schlaganfall, steigt an. Außerdem kommt es zu einer Atrophie im Urogenitalbereich. Inwieweit der Östrogenmangel die kognitiven Funktionen verschlechtert oder zu vermehrten Depressionen führt, ist dagegen sehr viel unklarer. Hier spielen neben den hormonellen Veränderungen psychosoziale Faktoren eine bedeutende Rolle. Erst das Zusammenspiel beider Faktoren belastet vermutlich die Psyche übermäßig.
Wirksamkeit bei Depressionen fraglich Die Frage, ob Östrogene antidepressive Eigenschaften besitzen, ist trotz verschiedener Tierversuche und klinischer Studien nicht eindeutig zu beantworten. Der Effekt auf Neurotransmitter im Gehirn macht diese Wirkung zwar wahrscheinlich. So erhöhen Östrogene die serotonerge, die noradrenerge und die gabaerge Aktivität und hemmen Monoaminoxidase und Catechyl-O-Methyltransferase. Doch lediglich in einer klinischen Studie konnte ein positiver Effekt der Hormonersatztherapie (HRT: hormonal replacement therapy) bei depressiven postmenopausalen Frauen belegt werden. Bei Frauen in der Menopause, die nicht unter Depressionen leiden, scheinen Östrogene die Stimmungslage dagegen zusätzlich zu verbessern und das Wohlbefinden zu steigern. Eindeutiger sind die Nachweise für die Verbesserung der kognitiven Funktionen, insbesondere hinsichtlich der Merkfähigkeit.
Prävention der Alzheimer-Demenz Günstig scheint sich die Hormonersatztherapie auf die Entwicklung und den Schweregrad einer Demenz vom Alzheimer-Typ auszuwirken. Vor allem retrospektive epidemiologische Studien weisen darauf hin, daß Frauen, die in der Postmenopause Östrogene erhalten, seltener an einem Morbus Alzheimer erkranken. Tritt er dennoch auf, sind die Symptome weniger gravierend. Der positive Effekt steigt dabei mit der Höhe der Östrogendosis und der Therapiedauer. Offen ist, ob Östrogene nicht nur präventiv, sondern auch bei einer bereits bestehenden Erkrankung wirksam sind.
Kontrazeptiva: Gestagene schlagen auf die Stimmung Während sich natürliche Hormone eher positiv auf die Stimmungslage auswirken, geraten viele Frauen in ein Stimmungstief, wenn sie mit der "Pille" künstliche Hormone einnehmen. In den USA setzen etwa 30 Prozent der Frauen, denen ein Kontrazeptivum verordnet wird, das Medikament wegen dieser Nebenwirkung ab. Verantwortlich für den "Blues" ist der Gestagenanteil. Dabei scheint nicht jedes Gestagen in gleichem Maße auf die Stimmung zu drücken. So erwies sich in einer Studie Levonorgestrel ungünstiger als Desogestrel. Außerdem trüben Drei-Phasen-Präparate eher die gute Laune als monophasische Pillen, obwohl deren Gestagenanteil höher liegt.
Literatur Kouri, E., U. Halbreich: Psychotropic effects of hormonal replacement therapy. Drugs of Today 34 (3), 251-257 (1998). Dr. Beate Fessler, München
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