Arzneimittel und Therapie

Montelukast oder Salmeterol?

Viele Asthmatiker haben nur Beschwerden, wenn sie sich körperlich anstrengen. In zwei getrennten Studien wurde der Effekt des langwirksamen Beta-Agonisten Salmeterol und des neuen Leukotrien-Rezeptorantagonisten Montelukast auf das Belastungsasthma untersucht. Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Als optimal erwies sich keiner der Prüflinge!


Sport ist, in Maßen betrieben, gesund, macht Spaß und fördert den Gemeinsinn. Dies gilt auch für Asthmatiker. Diese Patienten haben jedoch häufig das Problem, daß körperliche Aktivität ihre Beschwerden erst auslöst. Sie verzichten deshalb nicht selten völlig auf körperliche Aktivitäten; Eltern asthmatischer Kinder verbieten aus (übertriebener) Sorge ihrem Sprössling das Herumtoben. In den letzten Jahren hat hier bei den Pneumologen ein Umdenken stattgefunden. Asthmatiker, vor allem auch Kinder, sollen durchaus Sport treiben. Wichtig ist die richtige medikamentöse Versorgung, die einen Asthmaanfall als Folge der körperlichen Anstrengung verhindert.

Risikofaktor: kalte, trockene Luft


Das Belastungsasthma tritt nicht während der körperlichen Betätigung auf. Ist der Patient aktiv, sind seine Atemwege geöffnet. Bricht er diese Aktivität jedoch ab, kommt es innerhalb der nächsten zehn bis 15 Minuten zu einer Obstruktion der Atemwege. Das forcierte exspiratorische Volumen (FEV), ein aussagefähiger Parameter für die Lungenfunktion, nimmt deutlich ab. Es kann auf Werte zurückgehen, die bis zu 50 Prozent unter dem Ausgangswert vor der Belastung liegen. Eine Normalisierung wird erst nach 20 bis 90 Minuten erreicht. Die klinischen Symptome sind denen bei Asthmaanfällen anderer Genese vergleichbar: Dyspnö, Husten und Brustschmerzen. Getriggert wird das Belastungsasthma durch den beschleunigten Austausch von Wärme und Wasser zwischen der Mukosa, die die Atemwege auskleidet, und der Atemluft. Je kälter und trockener die Luft, desto größer ist das Risiko eines Asthmaanfalls. Wesentliche Mediatoren dieser Bronchokonstriktion sind extrem schnell wirksame Cysteinyl-Leukotriene, die aus dem Arachidonsäure-Stoffwechsel stammen.

Gefragt: Antiasthmatika mit langer Wirkungsdauer


Patienten, die mindestens zweimal pro Woche asthmatische Symptome zeigen, sollten zur Langzeitkontrolle ihrer Beschwerden Glucocorticoide inhalieren. Diese haben zwar keinen direkten Einfluß auf die Symptomatik, reduzieren allerdings bereits nach einer Anwendung von vier Wochen die Beschwerden deutlich.
Treten unter körperlicher Aktivität dennoch Probleme auf, empfehlen sich schnell wirksame bronchodilatierende Substanzen mit längerer Wirkungsdauer. Die Aufmerksamkeit richtet sich hier auf langwirksame Beta-Sympathomimetika und Leukotrienantagonisten. Ob diese den Erwartungen gerecht werden, sollten zwei voneinander unabhängige Studien zeigen, in denen die Wirkung von Salmeterol und Montelukast auf das Belastungsasthma im Vergleich zu Plazebo untersucht wurde.

Die Salmeterol-Studie im Überblick


Studiendesign: randomisierte, plazebokontrollierte, doppelblinde Cross-over-Studie
Teilnehmer: 20 Patienten mit Belastungsasthma
Studiendauer: ein Monat
Medikation: zweimal täglich zwei Hübe (42 mg) Salmeterol oder Plazebo
Wirkungskontrolle: 30 Minuten und neun Stunden nach der morgendlichen Inhalation radfahren in kalter Luft am 1., 14. und 29. Studientag. Gemessen wurde das FEV1 zehn Minuten nach Beendigung der körperlichen Aktivität.
Studienergebnis: Die Lungenfunktion ging bei der ersten Messung weit weniger stark zurück als unter Plazebo (mittlere Reduktion des FEV1 nach 30 Minuten: 1,5% am 1. Tag; 10% am 14. Tag, 9% am 29. Tag; Plazebo: im Mittel 19%). Die Langzeitwirkung von Salmeterol ließ jedoch im Laufe der Therapie deutlich nach (mittlere Reduktion von FEV1: 6% am 1. Tag, 15% am 14. Tag, 14% am 29. Tag; Plazebo im Mittel 18%). Salmeterol bietet damit kurzfristig einen guten Schutz gegen Belastungsasthma, der allerdings nur über einen begrenzten Zeitraum bestehen bleibt.

Salmeterol wirkt - aber wie lange?


Sowohl Salmeterol als auch Montelukast zeigten bei Patienten mit leichtem, stabilen Asthma, das vor allem unter körperlicher Anstrengung auftrat, eine im Vergleich zu Plazebo protektive Wirkung. Beide Therapieregimes waren allerdings nicht völlig überzeugend. Salmeterol bot zwar kurzfristig einen guten Schutz. Bei längerdauernder Anwendung ging aber vor allem die Langzeitwirkung deutlich zurück. Dieses Ergebnis widerspricht der häufig gemachten Aussage, daß Salmeterol auch bei kontinuierlicher Anwendung über zwölf Stunden vor Belastungsasthma schützen kann. Die Studie läßt allerdings die Frage offen, wie lange auf Salmeterol tatsächlich Verlaß ist. Derzeit wird empfohlen, Salmeterol frühestens 30 Minuten vor Beginn der sportlichen Aktivität zu inhalieren und falls notwendig einige Stunden später eine zweite Dosis zu applizieren. Bieten zwei Tagesdosen keinen adäquaten Schutz während eines körperlich anstrengenden Tages, sollte die antiinflammatorische Therapie intensiviert werden.

Die Montelukast-Studie im Überblick


Studiendesign: randomisierte, plazebokontrollierteDoppelblindstudie
Teilnehmer: 110 Patienten zwischen 15 und 45 Jahren mit leichtem, überwiegend unter Belastung auftretendem Asthma
Studiendauer: 14 Wochen
Medikation: entweder einmal täglich 10 mg Montelukast oder Plazebo abends über zwölf Wochen; anschließend Plazebo für alle Patienten über zwei Wochen (Wash-out-Phase)
Wirkungskontrolle: 20 bis 24 Stunden nach der Einnahme sechsminütiges Laufen auf dem Laufband nach vier, acht und zwölf Wochen sowie am Ende der Wash-out-Phase. Gemessen wurde das maximale FEV1 sowie der FEV1-Verlauf (AUC) innerhalb der ersten 60 Minuten nach der sportlichen Betätigung.
Studienergebnis: Die Lungenfunktion nach sportlicher Belastung besserte sich deutlich (Reduktion von FEV1max im Vergleich zum Basiswert: 32,4% unter Plazebo versus 22,2% unter Montelukast). Der Verlauf des FEV1 innerhalb der 60 Minuten zeigte einen Vorteil im Vergleich zu Plazebo von durchschnittlich 47%. Die Ergebnisse nach vier, acht und zwölf Wochen waren vergleichbar. 23% der Probanden profitierten von einem kompletten Schutz, 25% sprachen nicht auf die Therapie an. Montelukast zeigt damit im Vergleich zu Plazebo über einen Zeitraum von zwölf Wochen einen deutlichen Schutz vor Belastungsasthma, der über 20 bis 24 Stunden anhält. Es entwickelte sich keine Toleranz. Die Non-Responderrate liegt bei 25%.

Montelukast: hohe Non-Responderrate


Der Haken bei Montelukast ist vor allem die hohe Non-Responderrate. Immerhin ein Viertel der Patienten spricht auf die Behandlung nicht an - ein Punkt, über den die Patienten vor Therapiebeginn informiert sein müssen. Responder profitieren allerdings nach der einmal täglichen oralen Einnahme von einem Schutz, der über 20 bis 24 Stunden anhält. Der Leukotrienantagonist darf nach einer Entscheidung der FDA (Food and Drug Administration) als derzeit einziger Wirkstoff dieser Substanzklasse auch bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr eingesetzt werden. Auch Leistungssportlern, die unter Asthma leiden, kann damit geholfen werden: Das Olympische Komitee erlaubt Sportlern die Verwendung von Leukotrienantagonisten.
Ob Montelukast anderen Leukotrienantagonisten vorzuziehen ist, bleibt offen - ebenso offen wie die Frage, welche Wirkstoffklasse tatsächlich die bessere ist und ob nicht eine optimale Therapie mit inhalativen Glucocorticoiden beiden den Rang abläuft. Beide Studien waren eben doch nur plazebokontrolliert. Was fehlt, ist der direkte Vergleich. Literatur
Hansen-Flaschen, J., H. Schotland: New treatments for exercise-induced asthma. N. Engl. J. Med. 339, 192-193 (1998).
Leff, J. A., et al.: Montelukast, a leukotriene-receptor antagonist, for the treatment of mild asthma and exercise-induced bronchoconstriction. N. Engl. J. Med. 339, 147-152 (1998).
Nelson, J. A., et al.: Effect of long-term salmeterol treatment on exercise-induced asthma. N. Engl. J. Med. 339, 141-146 (1998).
Dr. Beate Fessler, München

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