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Information und Beratung
Pfefferminzöl
Autoren: Ute Galle-Hoffmann, Bonn Wilfried A. König, Hamburg
Kurzbeschreibung
Stammpflanze
Beschreibung der Pflanze
Das ätherische Öl wird in den typischen Lamiaceen-Drüsenschuppen mit acht sezernierenden Zellen gebildet und gespeichert. Daneben gibt es Drüsenhaare mit einzelligem Köpfchen und einzelligem Stiel. Insbesondere die Laubblattunterseiten und die Kelchblätter tragen die Drüsen.
Verbreitung
Anbaugebiete
In Nordamerika gibt es zwei große Regionen des Pfefferminzanbaus: "Midwest", die die Staaten Wisconsin, Indiana und Michigan umfaßt, und "Farwest" mit den Staaten Oregon, Washington, Idaho und Montana (vgl. Abb. 2).
Gewinnung des ätherischen Öls
Die für den Handel wichtige ISO-Norm 856-1997 definiert als Pfefferminzöl das lediglich aus den oberirdischen Teilen der Pflanze durch Wasserdampfdestillation gewonnene Öl. Die amerikanischen Handelsqualitäten beispielsweise werden in unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Pflanzen gewonnen. Während im Mittelwesten der USA das ätherische Öl vor der Blüte destilliert wird, erntet man in Oregon die Pfefferminze zur Ätherisch-Öl-Gewinnung während der Blüte und in Yakima (Washington) gar danach.
Die Ausbeuten liegen bei 1 bis 6%.
Eigenschaften des ätherischen Öls
Inhaltsstoffe
(-)-Menthol (1) ist mit ca. 45% die Hauptkomponente. Mengenmäßig von Bedeutung sind weiterhin: (-)-Menthon (2, ca. 24%), (+)-Isomenthon (3, ca. 3%), 1,8-Cineol (4, ca. 5%), (+)-Menthofuran (5, 1 bis 10%), (-)-Menthylacetat (6, ca. 4%). Limonen (7, 1,5%), Neomenthol (8, ca. 3%) und Pulegon (9, ca. 1%). Daneben kommen einige Sesquiterpenkohlenwasserstoffe (b-Caryophyllen, Germacren D) und Octan-3-ol vor.
Die Zusammensetzung des Öls kann in gewissen Grenzen in Abhängigkeit von den Kultur- und klimatischen Bedingungen schwanken [3]. Sie ist auch abhängig von dem Entwicklungsstadium der Pflanze [4]. Abbildung 4 zeigt das Gaschromatogramm eines typischen, naturreinen Pfefferminzöls aus dem US-Staat Idaho. Tabelle 2 vergleicht dessen Zusammensetzung mit einem Pfefferminzöl aus Willamette in Oregon.
Sensorik [13-15]
Physikalische Kennzahlen
Verfälschungen
Pulegongehalte > 3,5 bis 4% im Pfefferminzöl können auf das Vorhandensein von Poleiöl aus Mentha pulegium hinweisen. (-)-Carvon findet sich selten und meist nur in Spuren im Pfefferminzöl. Der Grenzwert im Europäischen Arzneibuch von max. 1% will Verschnitte durch Krauseminzöle, z.B. aus Mentha spicata var. crispa, ausschließen.
Weiterhin sind Verfälschungen auch durch racemisches (synthetisches) Menthol und Menthylacetat beobachtet worden [9]. Beide Komponenten liegen in natürlichem Pfefferminzöl als reine (-)-Enantiomere vor. Verfälschungen dieser Art können durch enantioselektive Gaschromatographie (Abb. 5) [10] oder durch massenspektrometrische Messung der 13C-Isotopenverhältnisse (GC/IRMS) nachgewiesen werden [11].
Therapeutische Aspekte
- spasmolytisch an der glatten Muskulatur des Verdauungstraktes, cholagog, karminativ;
- antibakteriell;
- sekretolytisch an den Atemwegen durch direkte Stimulation der Bronchialsekretion;
- an der äußeren Haut kühlend durch Erweiterung der Blutgefäße, dadurch auch juckreizhemmend und schmerzlindernd.
Anwendungsgebiete
- zum Einnehmen bei krampfartigen Beschwerden im oberen Gastrointestinaltrakt und der Gallenwege, bei Colon irritabile (Reizdarm);
- zum Inhalieren bei Katarrhen der oberen Luftwege;
- zum Spülen bei Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum;
- äußerliche Anwendung bei Myalgien und neuralgiformen Beschwerden (Muskel- und Nervenschmerzen), bei Erkältungskrankheiten, bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp.
Anwendung in der Aromatherapie: Über die in der Schulmedizin bekannten und belegten Wirkungen hinausgehende Eigenschaften und Anwendungsgebiete:
- allgemein kräftigend und regenerierend, daher Einsatz als Stärkungsmittel bei körperlichen Schwächezuständen und allgemeiner Müdigkeit;
- magenstärkend, daher Einsatz bei Reisekrankheit und generell bei Übelkeit;
- im geistig-seelischen Bereich erfrischend, anregend und klärend, fördert die Konzentration und stärkt das Gedächtnis, daher Einsatz bei geistiger Erschöpfung.
Unerwünschte Wirkungen und Toxizität [20-22]: Bei Säuglingen und Kleinkindern kann eingeatmetes Pfefferminzöl zu einem Laryngospasmus mit asthmaähnlichen Atembeschwerden und Kollaps führen. Bei empfindlichen Personen können Magenbeschwerden auftreten.
Das Sensibilisierungspotential ist schwach. Allergische Reaktionen (Menthol) treten selten auf.
Akute Toxizität: Pfefferminzöl LD50 (Maus, Ratte) etwa 4000 mg/kg KG p.o.; Menthol LD50 (Ratte) 3180 mg/kg KG p.o.; geschätzte, minimale letale Dosis Menthol beim Menschen 2 g; sicher tödlich beim Erwachsenen 6-9 g Menthol.
Chronische Toxizität: Der ADI-Wert (acceptable daily intake) für Menthol wurde im Jahr 1976 auf 0 bis 0,2 mg/kg Körpergewicht festgelegt.
Pfefferminzöl wird als nicht mutagen eingestuft.
Sonstige Verwendung
- in Mund- und Zahnpflegemitteln als Aromastoff und Geschmackskorrigens, auch aufgrund der antibakteriellen Wirkung;
- in Duschgels, Badeprodukten und Rasierwässern wegen der kühlenden und damit erfrischenden Wirkung des enthaltenen Menthols;
- in Bodylotions wegen der juckreizmindernden Wirkung.
Parfümerie [23]: Der Geruch des Pfefferminzöls hängt stark von seiner Herkunft ab. Die Kopfnote variiert von fein-krautig, weich und elegant bis zu mentholig-scharf, roh oder dumpf. Aber selbst der feine, minzig-frische Duft mit balsamisch-herben Untertönen wird selten als Hauptkomponente in Parfüms verwendet. Pfefferminzöl dient in geringen Dosierungen zum Abrunden, indem es eine frisch-kühle, grasartige Kopfnote oder auch eine leicht würzige Herznote in das Parfüm hineinbringt.
Lebensmittelindustrie: zur Aromatisierung von Süßwaren (Bonbons, Lakritzen, Schokoladenerzeugnisse, Eis), Kaugummi, Erfrischungsgetränken und Likören.
Die Aroma-Verordnung des LMBG schreibt eine Höchstgrenze von 250 mg/kg Pulegon bei mit Pfefferminz aromatisierten Getränken vor.
Aufgrund des GRAS-Status ("Generally recognized as safe") in den USA als Zusatzstoff für Lebensmittel freigegeben.
Sonstiges: Zur Aromatisierung von Zigaretten. Nur noch geringe Bedeutung als Rohstofflieferant für Menthol.
Handelssorten
Auch die in Nordamerika gezüchteten Sorten gehen ursprünglich auf die englische Mitcham-Pflanze zurück. Die amerikanischen Öle bezeichnen in ihrem Namen ihre Herkunft. Besonders berühmt sind die Handelssorten aus den Anbaugebieten Madras Valley und Willamette Valley in Oregon sowie Yakima Kennewick Valley im Staat Washington (Tab. 5).
Über das durch GC festgestellte Verhältnis der einzelnen Inhaltstoffe zueinander ist der Rückschluß auf die Herkunft eines Pfefferminzöls möglich [2].
Marktbedeutung
Die durchschnittlichen Marktpreise in Deutschland liegen für ein nordamerikanisches Öl bei etwa 60 DM/kg, ein indisches Pfefferminzöl kostet 45 bis 50 DM/kg und ein Italo-Mitcham ca. 120 DM/kg bei Großabnahmen über 1000 kg.
Rezepturen
aus Arzneibüchern
Pfefferminzpastillen (Ergänzungsbuch zum DAB 6): 5 g Pfefferminzöl mit 1000 g mittelfein gepulvertem Zucker und Traganthschleim zu einer Teigmasse anstoßen und 1000 Pastillen ausformen.
Pfefferminzspiritus (ÖAB 90): 10 Teile Pfefferminzöl mit 90 Teilen Ethanol 90% mischen.
Pfefferminzwasser (ÖAB 90): 1,5 Teile Pfefferminzöl mit 15 Teilen Talkum fein verreiben und mit 1000 Teilen Wasser mehrere Tage stehen lassen, wiederholt schütteln, dann filtrieren.
Historisches
Pfefferminzöl
Arzneibuchmonographien: Ph. Eur. 1997, ÖAB 90, PhHelv VII, USP XXII und 23/NF 18 BP 93 Addendum 1997, Ned Ph 7, PhF X
ISO-Norm 856-1997 "Oil Of Peppermint"
CAS-Nummer: 8006-90-4.
EINECS: 84082-70-2 (peppermint ext.); 282-015-4 (Mentha piperita, Labiatae).
Anschrift: Dr. Ute Galle-Hoffmann, Heisterbacher Straße 162, 53332 Bornheim
Arbeitsgebiete: Naturstoffchemie, Analytik und Synthese von Pflanzeninhaltsstoffen, Chemie der Cyclodextrine, Chromatographische Trennmethoden, Stereochemische Analytik.
Literatur [1] Franz, C.: Probleme bei der Beschaffung pflanzlicher Ausgangsmaterialien. In: R. Carle (Hrsg.): Ätherische Öle - Anspruch und Wirklichkeit, S. 46. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1993. [2] Lawrence, B. M.: Vortrag bei IFEAT (International Federation of Essential Oils and Aroma Trades), Sevilla 1997. [3] Hefendehl, F. W., E. Ziegler: Dtsch. Lebensm.-Rundsch. 71, 287 (1975). [4] Kokkino, S.: Chemical races within the genus Mentha L. In: H. F. Linskens, J. F. Jackson (Hrsg.): Modern Methods of Plant Analysis, Bd. 12, S. 63. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1991. [5] Lawrence, B. M., J. W. Hogg, S. J. Terhune: Flavour Ind. 3, 467 (1972). [6] Spencer, J. S.: Proceed. 12. Intern. Congress of Flavours, Fragr. Ess. Oils, Wien 1992. [7] Stahl-Biskup, E., E. Wilhelm: Dtsch. Apoth. Ztg. 136, 3019 (1996). [8] Spencer, J. S., E. Dowd, W. Faas: Vortrag beim 13. Intern. Congress of Flavours, Fragr. Ess. Oils, Istanbul 1995. [9] Kreis, P., A. Mosandl, H.-G. Schmarr: Dtsch. Apoth. Ztg. 130, 2579 (1990). [10] König, W. A., et al.: J. High Res. Chromatogr. 20, 55 (1997). [11] Faber, B., et al: J. Ess. Oil Res. 7, 123 (1995). [12] Maffei, M., T. Sacco: Planta Med. 53, 214 (1987). [13] Hartke, K., et al. (Hrsg.): Kommentar zum Deutschen Arzneibuch, 10. Ausgabe, Monographien zu Pfefferminzöl und Menthol. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1997. [14] Ohloff, G.: Riechstoffe und Geruchssinn. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1990. [15] Hänsel, R., J. Hölzl (Hrsg.): Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, S. 128. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1996. [16] Aufbereitungsmonographie Menthae piperitae aetheroleum. BAnz. Nr. 50 v. 13. 3. 1986, i. d. Fassung v. BAnz. Nr. 50 v. 13. 3. 1990 und BAnz. Nr. 164 v. 1. 9. 1990. [17] Standardardzulasung Nr. 7099.99.99 Pfefferminzöl zur Anwendung am Menschen. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1989. [18] Göbel, H., G. Schmidt: Z. Phytother. 16, 23 (1995). [19] Hänsel, R., et al. (Hrsg.): Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Aufl., Bd. 5, S. 821. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1993. [20] Hausen, B. M.: Allergiepflanzen, Pflanzenallergene. Ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg/München 1988. [21] Roth, L., M. Daunderer, K. Kormann: Giftpflanzen, Pflanzengifte, 4. Auflage. Ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg 1994. [22] Forth, W. (Hrsg.): Pharmakologie und Toxikologie, 7. Aufl., S. 903. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin/Oxford 1996. [23] Schmidt, E.: Forum (Mitteilungsorgan des Vereins Forum Essenzia) 11/1997, 20. [24]Marktbericht über ätherische Öle. Parfümerie und Kosmetik 79 (5), 46 (1998).
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