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Feuilleton
Theodor Fontane - sein Jahrhundert im Bild
Fontanes Welt
Mit knapp 15 Jahren ging Fontane zur Ausbildung - erst Besuch einer Gewerbeschule, dann Apothekerlehre - nach Berlin und verbrachte dort, abgesehen von einigen berufsbedingten Ortswechseln, sein weiteres Leben. Er erlebte die rasante Entwicklung der preußischen und seit 1871 auch deutschen Hauptstadt und wurde einer der wichtigsten literarischen Zeugen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens jener Zeit.
Vom Apotheker zum Schriftsteller
Da der Vater Fontane beim Whistspiel sein Vermögen verloren hatte und seinem Sohn keine Apotheke vererben konnte, hatte dieser die wenig erfreuliche Aussicht, als Pharmazeut sein Leben lang ein Giftmischer" zu bleiben - so nannte er spöttisch den angestellten Apotheker im Gegensatz zum Prinzipal, dem Apothekenbesitzer. Also gab Fontane 1849 seinen Beruf auf und besann sich auf sein Talent des Schreibens. Er wurde Journalist, zunächst im preußischen Staatsdienst, dann als Zeitungsredakteur, zuletzt als Theaterkritiker. Ab 1861 erschienen seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Richtig berühmt und anerkannt wurde er erst mit seinen späten Romanen, insbesondere mit Effi Briest" (1892).
Effi Briest und ihr Vertrauter
Effi Briest" ist übrigens der einzige von Fontanes Romanen, in dem ein Apotheker vorkommt: Dr. Alonzo Gieshübler. Er verbindet in seiner Person berufliche Gewissenhaftigkeit mit menschlicher Wärme und ist der Vertraute von Effi Briest inmitten einer verständnislosen Umwelt. Damit setzte Fontane nach Jahrzehnten pharmazeutischer Abstinenz und Distanz dem Beruf ein sympathisches Denkmal, den er selbst gern ausgeübt hätte, wenn es ihm in finanzieller Hinsicht möglich gewesen wäre.
Fontane und die bildende Kunst
Fontane war voller Bewunderung für die Werke moderner Klassiker wie Thomas Gainsborough oder William Turner, aber er ließ sich durchaus auch von der Avantgarde beeindrucken - das waren damals vor allem die Präraffaeliten; zu ihnen zählten John E. Millais, dessen Mariana" von 1850 / 51 den Katalog-Umschlag ziert, Ford Madox Brown und Dante Gabriel Rossetti. In der Ausstellung der Nationalgalerie "Fontane und die bildende Kunst" sind nun viele Spitzenwerke englischer Malerei erstmals in Berlin zu besichtigen.
Das Schlüsselerlebnis englischer Kunst ließ Fontane sein Leben lang nicht los. Er schätzte die realistische Darstellung über alles, für leeren Formalismus und süßlichen Kitsch hatte er nichts übrig. Selten verkannte er ein Talent - so z. B. Arnold Böcklin; bei Franz von Stuck spöttelte er zwar über die halbfingerhoch" aufgetragenen Farbkleckse, aber den künstlerischen Wert zog er nicht in Zweifel. Bewunderung empfand er für die impressionistisch beeinflußten Bilder Adolph von Menzels und Franz Skarbinas.
Übrigens war Fontane u. a. mit Menzel und Max Liebermann persönlich befreundet. Dem letzteren verdanken wir einige Porträtzeichnungen des alten Fontane.
W. Caesar
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